CO2-Preis und Verbrenner-Aus: Die Klima-Positionen der Parteien zur Wahl
Offiziell bestreitet außer der AfD keine Partei im Bundestag die Klimakrise. Nur der Umgang damit unterscheidet sich stark. Zumindest in der Theorie.
Vor wenigen Tagen ist der Gründer des Vereins KlimaUnion e. V., Heinrich Strößenreuther, aus der CDU ausgetreten und hat damit das Ziel aufgegeben, die Unionsparteien von innen heraus zu mehr Klimaschutz zu bewegen.
Strößenreuther erklärte zugleich, er werde nun Mitglied der Grünen und deren Spitzenkandidaten Robert Habeck unterstützen. Habeck, der bei Union, FDP und AfD sowie bei den "Freien Wählern" im Ruf des Klima-Radikalen steht, musste sich allerdings vom Expertenrat für Klimafragen selbst Kritik gefallen lassen.
Auch Grüne in der Praxis unzureichend
Nachdem Habeck im März dieses Jahres sicher war, dass die deutschen Klimaziele für den Zeitraum von 2021 bis 2030 erreicht werden könnten, kam das Gremium im Sommer zu einem anderen Schluss: Deutschland werde die gesetzlich erlaubten Treibhausgas-Emissionen bis 2030 voraussichtlich überschreiten.
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Der Expertenrat, den die Bundesregierung unter der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2020 eingesetzt hatte, empfahl in diesem Jahr der Ampel-Regierung vor allem im Verkehrs- und im Gebäudesektor wirksamere Instrumente zum Klimaschutz.
Im Verkehrssektor hatten die Grünen bereits in den Koalitionsverhandlungen mit der FDP die Forderung nach einem allgemeinen Tempolimit aufgegeben. Später stimmten sie im Koalitionsausschuss der Streichung der Sektorziele in Sachen Klimaschutz zu, wovon Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) besonders profitierte, da sein Ressort besonders weit von den Zielvorgaben entfernt war.
Dass in der Praxis selbst die Grünen in Regierungsverantwortung bisher nicht das nach Einschätzung wissenschaftlicher Gremien nötige Minimum in Klimaschutz lieferten, konnten sie bis zum Koalitionsbruch größtenteils dem Druck der FDP zuschreiben. Hier lohnt ein Blick auf die offiziellen Positionen der Parteien zum Klimaschutz mit Blick auf die Bundestagswahl 2025.
Klimaschutz: Nur eine Partei findet ihn offiziell überflüssig
Mit Ausnahme der AfD leugnet keine der bisher im Bundestag vertretenen Parteien grundsätzlich, dass CO2- und Methanemissionen für die Klimaerwärmung verantwortlich sind, dass diese zu ernsten Problemen führt und begrenzt werden muss. Jedenfalls irgendwann in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten.
Wenn es darum geht, wie eng das Zeitfenster nach Zahlen und Daten des Weltklimarats ist und wie ernst das Bemühen um einen fairen deutschen Anteil an den Reduktionszielen genommen werden muss, gehen allerdings auch die Meinungen der Parteien, die das Problem grundsätzlich anerkennen, weit auseinander.
Union und FDP brechen Lanze für Diesel und Benziner
Die FDP setzt auf "Technologieoffenheit beim Klimaschutz", was faktisch bedeutet, dass sie keinen festen Zeitrahmen für die Reduktion der Treibhausgase anerkennt und auf Erfindungen setzt, die das Problem später beheben können. Auch nach 2035 sollen laut FDP-Wahlprogramm Neuwagen mit klassischem Verbrennungsmotor zugelassen werden können.
CO2-Bepreisung: unterschiedliche Konzepte
Zur CO2-Bepreisung schreibt die FDP: "Die EU-Mindestsätze für die Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe wollen wir angesichts des tendenziell steigenden CO2-Preises sukzessive bis auf null abschmelzen. Damit soll der CO2-Preis die Strom- und Energiesteuer perspektivisch vollständig ersetzen."
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CDU und CDU wollen im Gebäudebereich laut Wahlprogramm auf "CO2-Bepreisung mit sozialem Ausgleich" setzen und im Transportgewerbe "die übermäßige Belastung durch CO2-Preis und CO2-Zuschlag" reduzieren.
BSW will CO2-Preis abschaffen und Verbrenner-Aus kippen
Gegen das "Verbrenner-Aus" ab 2035 für Benziner und Diesel-Pkw positionieren sich auch die Unionsparteien, ebenso wie das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Ein Wahlprogramm hat das Bündnis zwar noch nicht vorgelegt, seine Bundestagsgruppe brachte aber im Herbst einen entsprechenden Antrag ins Parlament ein. Die CO2-Bepreisung will das BSW ganz abschaffen.
Autoland, aber elektrisch: Bekenntnis und Spagat der SPD
Die SPD versucht in ihrem Wahlprogramm einen Spagat, indem sie sich grundsätzlich zum E-Auto als Zukunftsmodell bekennt und auch Verbrenner auf Basis von E-Fuels ablehnt, da sich so etwas nur Spitzenverdiener leisten könnten, zugleich aber Verständnis für die Autoindustrie und ihre stockende Transformation ausdrückt:
"Deutschland ist ein Autoland. Die Zukunft der Autos liegt in der Elektromobilität." Zugleich stünden die Automobilwirtschaft und ihre Zulieferer "vor erheblichen Umwälzungen, machen sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr konkrete Sorgen um ihren Arbeitsplatz und ihre Zukunft".
Die SPD beteuert, diese Sorgen ernst zunehmen und schreibt weiter: "Deutschland soll ein führendes Land für die Herstellung von Fahrzeugen bleiben". So setze sie sich dafür ein, "dass die deutschen Automobilhersteller aktuell keine Strafzahlungen im Zusammenhang mit den CO2-Flottengrenzwerten an Brüssel leisten müssen".
Diese Mittel würden jetzt "für Investitionen in klimafreundliche Fahrzeuge und die Sicherung von Arbeitsplätzen gebraucht". Zudem will die SPD den Kauf in Deutschland produzierter E-Autos steuerlich begünstigen.
Gegen CO2-Preis, für Verbrenner-Aus: Die Linke
Die Linke lehnt den "unsozialen CO2 -Preis fürs Tanken und Heizen" grundsätzlich ab und betont im Entwurf ihres Wahlprogramms: "Sanierungen und Heizungstausch müssen warmmietenneutral sein".
Rückwirkend zum 1. Januar 2025 soll nach der Wahl im Februar ein soziales Klimageld von 320 Euro jährlich pro Person als Direktzahlung eingeführt werden, das an die Entwicklung der CO2-Preise angepasst wird.
Für die klimafreundliche Transformation verfolgt Die Linke einen eigenen Ansatz. Mit einem Investitionsfonds für die Industrie sollen auch Beschäftigte unterstützt werden, "die einen Betrieb selbst übernehmen und genossenschaftlich weiterführen wollen".
Statt einem "Aus für das Verbrenner-Aus" fordert Die Linke "eine konsequente Mobilitätswende, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Schienennetzes sowie günstige Ticketpreise".
Klimaziele von 2015: Selbst zwei Grad schwer erreichbar
Den vollständigen Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen von 2015 und sämtlichen Klima-Vereinbarungen fordert bisher im Bundestag nur die AfD.
Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, gilt als kaum noch erreichbar, obwohl diese Schwelle nun erstmals für ein Kalenderjahr überschritten wird und das mehrjährige Mittel zählt. Da eine schnelle und drastische Senkung der Emissionen weltweit nicht in Sicht ist und die angesammelten Emissionen viele Jahre in der Atmosphäre bleiben, dürfte selbst eine Begrenzung auf knapp unter zwei Grad schwierig werden.