Castor: Aus den Augen aus dem Sinn?

Castor-Behälter im Bahnhof Seelze (Region Hannover). Bild: KaiMartin / CC-BY-SA-3.0

Seit die Castor-Transporte aus Frankreich oder dem Vereinigten Königreich in Deutschland keine Aufmerksamkeit mehr erregen und umfangreiche Polizeikräfte entlang der Route binden, wird das Thema ausgeblendet.

Castor ist das Akronym für "cask for storage and transport of radioactive material". Sie stehen heute in Deutschland zumeist in den zentralen Zwischenlagern im westfälischen Ahaus, dem niedersächsischen Gorleben und Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. Dazu kommen noch die dezentralen Zwischenlager in der Nachbarschaft von Kernkraftwerken im Betrieb oder solchen, die schon stillgelegt wurden. Die Zwischenlagerung in der Nähe der Kraftwerke hat den signifikanten Vorteil, dass man für den Transport keine öffentlichen Verkehrswege benötigt und damit weniger Aufsehen erregt.

Und kaum ketten sich keine Demonstranten mehr an Bahngeleise, wird das ganze Umfeld der Castoren nicht mehr wahrgenommen und niemand bemerkt wieder einmal, dass die Castoren immer noch in den Zwischenlagern altern und noch keiner den Weg ins Endlager geschafft hat, weil es solch ein Endlager noch immer nicht gibt.

Dass die Castoren nur für eine vergleichsweise kurze Nutzung von 40 Jahren ausgelegt waren, gerät da schnell aus dem Blick. Als die Castoren entwickelt wurden, hatte man noch die Hoffnung, dass dieser Zeitraum für die Zwischenlagerung ausreicht und man in der Zwischenzeit einen Standort für ein Endlager gefunden und entsprechend eingerichtet hat.

Wer hat die Castoren produziert

Der eingetragene Markenname Castor gehört der GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH als Zulassungs- und Markeninhaberin. Sie ist ein Unternehmen der in Deutschland Kernkraftwerke betreibenden Unternehmen PreussenElektra GmbH, Hannover (48 Prozent), RWE Nuclear GmbH, Essen (28 Prozent), EnBW, über die SNE Südwestdeutsche Nuklear-Entsorgungs-Gesellschaft mbH, Stuttgart (18,5 Prozent) und Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH, Hamburg (5,5 Prozent).

Unter diesem Namen werden unterschiedliche Transport- und Zwischenlagerbehälter für Brennelemente und hochaktive Abfälle produziert. Zu den bekanntesten Herstellern, welche Castoren im Auftrag der GNS produzieren, zählt die Firma Siempelkamp, die die dickwandigen Sphäroguss-Behälterkörper mit Stückgewichten von 30 bis 160 Tonnen inklusive der erforderlichen mechanischen Bearbeitung fertigt.

Nach Aussage von Siempelkamp wurden in ihren Fertigungsstätten über 400 Castor-Behälterkörper produziert. Inzwischen wächst jedoch die Konkurrenz und das Krefelder Unternehmen hat 2016 begonnen, in Deutschland Arbeitsplätze abzubauen und Werke in Tschechien und China auszubauen und Produktion zu verlagern. Die Betriebsgeheimnisse sollen jedoch in Deutschland bleiben.

Mit der abnehmenden Bedeutung der Kernkraft in Deutschland wurden inzwischen zahlreiche Aktivitäten in diesem Bereich ins Ausland verkauft. So ist der Münchener Siemens Energy-Konzern aus dieser Technik ausgestiegen, die ehemalige RWE-Tochter Nukem hat den Technologiebereich an einen US-Inverstor abgegeben, der ihn danach an die russische Rosatom weiterverkauft hat.

Und auch die Nuclear Cargo & Service GmbH (NCS), die nach dem Ausstieg von DB Schenker aus den Nukleartransporten und dem 2007 erfolgten Verkauf an die französische Firma Daher, heute unter dem Namen Orano NCS Teil der staatlichen Orano Group ist.

Nach Aussagen der GNS wurden in der Vergangenheit etwa 40 bis 50 Castoren pro Jahr, ausgelegt auf den Betrieb von 17 Reaktorblöcken gefertigt. Seit Deutschland den Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen hat, sind es 80 pro Jahr.

Als Zwischenlagerbehälter müssen die Castoren, die pro Einheit mehr als zwei Millionen Euro kosten und in einer Manufaktur in Mülheim an der Ruhr endmontiert werden, wenigstens 40 Jahre dichthalten. Aufgrund der noch immer nicht gelösten Frage nach einem Endlager denkt man bei der Auslegung dieser Castoren inzwischen auch über diese bislang magische Grenze von 40 Jahren hinaus. Wie man eine Verlängerung der Nutzungszeit technisch begründen will, ist derzeit noch nicht entschieden.

Welche Sicherheitstests wurden für die aktuell verwendeten Castoren durchgeführt?

In alten Imagefilmen wurde gezeigt, wie sicher die Castoren sind. In welchem Umfang die heute eingesetzten Castor-Behälter in realen Tests auf ihre Sicherheit überprüft wurden oder ob diese Tests lediglich am Rechner auf der Basis früherer Behälter simuliert wurden, ist seit geraumer Zeit ein Streitfall zwischen Kernkraft-Befürwortern und -Kritikern.

Während die Kraftwerksbetreiber und ihre nachgelagerten Dienstleister darauf bestehen, dass die Castoren alle ihre Sicherheitsvorschriften erfüllen, argumentiert Greenpeace damit, dass mit den beiden aktuell eingesetzten Behältern in Deutschland noch keine Sicherheitstests, weder für mechanische noch für thermische Belastungen, durchgeführt wurden.

Zum Beweis der Sicherheit seien lediglich rechnerische Nachweise herangezogen worden. Rechensimulationen müssten jedoch durch praktische Tests bestätigt werden, um wirklich belastbar zu sein. Hierfür sei es nicht ausreichend, sich auf mehr als 20 Jahre zurückliegende Tests mit anderen Behältertypen zu beziehen.

Ein weiteres Problem stelle die Trocknung der Behälter dar. Um die tödliche Strahlung abzuschirmen, würden die Brennelemente unter Wasser in die Castoren geladen, dabei laufe der ganze Behälter voll Wasser, das anschließend abgesaugt werden müsse. Durch die Ende der Neunzigerjahre übliche Beladetechnik seien jedoch Probleme mit Wasser im Deckelbereich aufgetreten.

Wegen dieser Restfeuchte im Deckelbereich könnten die Metalldichtungen rosten. Bei den ebenfalls verwendeten Kunststoffdichtungen sei die Haltbarkeit wegen der starken Neutronenstrahlung ohnehin begrenzt. Auch im Behälterinnenraum sei die Restfeuchte problematisch, weil die Brennelemente korrodieren könnten.

Rost könne zu Undichtigkeiten und somit zu verstärkter Freisetzung von Radioaktivität führen. Wegen immer wieder auftretenden Probleme sei das Trocknungsverfahren bereits mehrfach geändert worden. Erst sei mit Silberdichtungen experimentiert worden, dann hieß es plötzlich, ein bisschen Feuchtigkeit sei letztendlich kein Problem und könne toleriert werden.