China: Geduldige Investoren
Seite 2: Osteuropäische Hoffnung auf China
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Eine leichte Beute für Finanzspekulanten, unseriöse Investoren und kriminelle Verbände gleichermaßen. Besonders schlimm wurde die Bundesrepublik Jugoslawien zerpflückt, einst ein Leuchtturm in der Bewegung der Blockfreien Staaten. Als die Zerlegung Jugoslawiens schon weit vorangeschritten war, sorgte 1999 ein NATO-Angriffskrieg für die systematische Zerstörung der Infrastruktur Serbiens.
Der nunmehr bereits am Boden liegende Rumpfstaat Serbien wurde sodann mit Sanktionen belegt, von denen sich der Staat bis heute nicht erholt hat. Es handelt sich im Umgang mit den südosteuropäischen Staaten um einen Akt einer globalisierten "Kreativen Destruktion".
Die quasi unterworfenen Nationalwirtschaften werden zerschlagen, und als Peripherie einer größeren Ordnung einverleibt. Die damit erzeugte Arbeitslosigkeit führte zu einer, wie es der letzte jugoslawische Außenminister Zivadin Jovanovic genannt hat, "Emigration innerhalb der EU", mit 25 Millionen Menschen, die als Arbeitsemigranten im Westen Europas in untergeordneten Positionen ihr Dasein bestreiten.
Es ist also keineswegs verwunderlich, dass osteuropäische Mitgliedsstaaten der EU ihre Rettung nicht durch die Europäische Union erhoffen, sondern durch China. Wobei Serbien noch gar nicht der EU angehört, aber als Kandidat vor der Tür steht, und sich jetzt bereits durch EU-konformes Verhalten bewähren muss.
So blockiert die EU chinesische Investitionen für die genannte Schnellbahn in Serbien, weil es für die Ausführung der Bauarbeiten keine Ausschreibung gegeben hat. Serbien führt einen Drahtseilakt aus: Zum einen die Eifersucht des Westens beruhigen, andererseits China nicht zu verprellen.
Die Beziehungen mit China sind sehr eng, und Chinas starker Mann Xi Jinping hatte es sich nicht nehmen lassen, selbst nach Serbien zu kommen. Serbiens Präsident Vucic wird 2015 mit allen Ehren in China empfangen, um sodann 22 bilaterale Verträge zu unterzeichnen.
Den Westen beruhigen
Doch Vucic ist schlau genug, den Westen zu beruhigen, indem er mit Ana Brnabic eine ausgewiesene Transatlantikerin zur Regierungschefin gemacht hat. Wohlwollend bescheinigte die Zeit: "Europäisch orientiert, wirtschaftsliberal, homosexuell und Frau: Die Nominierung von Brnabić wird Vučić Pluspunkte bei den EU-Partnern bescheren, gilt er doch sonst als autoritär und nationalistisch." Frau Brnabic nahm am letzten Bilderberger-Treffen teil.
Die Aussicht, mit einer prosperierenden gemeinsamen eurasischen Wirtschaftszone endlich aus dem Pariah-Status als untergeordnetes Anhängsel der westlichen Wertegemeinschaft herauszukommen, ist verlockend und entbehrt nicht einer gewissen Plausibilität.
Dem setzt "der Westen" eine stark zunehmende Militarisierung und Anbindung an die NATO entgegen. Eine immer mehr außer Kontrolle geratene Konfliktsituation in der Ukraine sorgt für berechtigte Besorgnisse wegen der Stabilität in den Anrainerstaaten.
Offiziell wird in vielen Staaten nach wie vor eine säbelrasselnde Rhetorik gefahren. Die polnische Regierung stärkt die militärische Anbindung an die USA noch zusätzlich, wenn sie einen Optionsvertrag über Airbus-Hubschrauber kurzfristig platzen lässt und sich an Verträge mit dem US-Rüstungskonzern Lockheed-Martin bindet.
Gleichzeitig, wir haben es schon erfahren, sind osteuropäische Regierungsmitglieder wie der polnische Präsident Duda häufiger in chinesischen Zusammenhängen anzutreffen als in westlichen.
Die EU und China
Diese Widersprüchlichkeit findet sich auch in der Beziehung der Europäischen Union mit China wieder. Zum einen akzeptiert die europäische Gemeinschaft, dass China jede Menge Geld in den vernachlässigten östlichen Rand fließen lässt, das die EU nicht zur Verfügung hat. Andererseits sollen die Chinesen das Geld aber bitte nach EU-Regeln investieren.
In einer Konnektivitätsplattform sollen die europäischen und chinesischen Investitionen harmonisiert werden. Ein vernünftiger Ansatz.
Aber zu einem eurasischen Wirtschaftsraum gehört auch Russland. Wo die EU zu substantiellen Eingriffen Chinas in den europäischen Wirtschaftsraum schweigt, wird auf der anderen Seite gegen gefühlte Einflussnahme-Versuche durch Putins Russland gewettert. Und die EU will 6.5 Milliarden Euro ausgeben, um Autobahnen in Richtung Russland so umzubauen, dass sie für Panzer und anderes schweres Kriegsgerät befahrbar werden.
Auch in den einschlägigen Denkfabriken des Westens ist man sich nicht so ganz einig, wie man diesen Widerspruch auflösen soll. Das Mercator-Institut für Studien über China schlägt die Alarmglocke und beklagt, dass mit dem autoritären China Autokraten wie Orban antidemokratische Tendenzen in Europa überhand nehmen könnten.
Aber ausgerechnet die marktradikale Bruegel-Stiftung in Brüssel hat mit dem altehrwürdigen Thinktank der englischen Regierung, dem Chatham House, sowie der Universität Hongkong und dem China Center for International Economic Exchanges ein Denkpapier herausgegeben, das die Aussichten einer friedlichen Zusammenarbeit im gemeinsamen Haus Eurasien sehr optimistisch und positiv einschätzt.
Da mit Donald Trump ein Mann die westliche Gemeinschaft führt, der in postfeudalistischer Selbstherrlichkeit schaltet und waltet, sind die Grundlagen verlässlicher und nachhaltiger Politikführung von dieser Seite einstweilen nicht vorhanden.
Eine europäische Politik muss sich klar positionieren, wie sie mit den Angeboten einer eurasischen Option umgehen will. Sitzt Europa diese Situation einfach aus oder belässt es bei der jetzigen Ambivalenz, ist ein weiterer Bedeutungsverlust Europas nicht mehr aufzuhalten.