Chinas Corona-Impfstoffe in vielen Ländern entscheidend - aber schwindet jetzt die Immunität?
- Chinas Corona-Impfstoffe in vielen Ländern entscheidend - aber schwindet jetzt die Immunität?
- Geringere Antikörperreaktionen
- "Mix and Match"-Ansätze
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Milliarden von Impfungen mit Coronavac und Sinopharm wurden weltweit verabreicht, aber Studien haben die Dauer des Schutzes, den diese Impfstoffe bieten, in Frage gestellt
Anfang Juli 2021 hat Telepolis in einem ersten Beitrag über die chinesischen traditionellen Corona-Impfstoffe Coronavac und Sinopharm informiert und ausgeführt, dass deren kurz zuvor erfolgte Notzulassung durch die WHO für die Eindämmung der Pandemie in den einkommensschwachen Ländern in Asien, Lateinamerika und Afrika als entscheidend angesehen wird.
Im Mittelpunkt dieses Artikels steht auch eine kritische Erörterung der Wirksamkeit von Coronavac im Vergleich zu den vier in der EU zugelassenen genetischen Impfstoffen und dem russischen Impfstoffs Sputnik V auf der Basis der Evidenzbasierten Medizin.
Das Ergebnis: Bei Auswertung der diesbezüglichen Phase-III-Studien war Coronavac trotz einer Wirksamkeit von "nur" 51 Prozent wahrscheinlich ebenso effektiv wie die genannten Vakzine, die zum Vergleich herangezogen wurden.
Inzwischen sind weltweit eine große Zahl von Menschen mit diesen beiden traditionellen chinesischen Vakzinen zur Prävention von Covid-19 geimpft worden und es liegen eine Reihe neuer Erkenntnisse vor, die in einem informativen Artikel vom 14.10.2021 in dem renommierten Wissenschaftsjournal Nature zusammengefasst worden sind. Darauf wird sich der folgende Text vor allem beziehen.
In dem Nature-Artikel heißt es, dass mit der steigenden Anzahl der verwendeten Impfdosen auch die Studiendaten zunehmen, die darauf hindeuten, dass bei beiden Impfstoffen die Immunität nach zwei Dosen schnell abnehme und dadurch der Impfschutz für ältere Menschen begrenzt sei.
Anfang Oktober gab die WHO den Rat ihrer Strategic Advisory Group of Experts on Immunization (SAGE) bekannt, dass Menschen über 60 Jahren eine dritte Impfung mit demselben oder einem anderen Impfstoff erhalten sollten, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten.
Diese Empfehlung sei "sinnvoll und notwendig", sagt Manoel Barral-Netto, Immunologe bei der Oswaldo Cruz Foundation im brasilianischen Salvador.
Einige Länder bieten bereits allen Erwachsenen eine Auffrischimpfung an oder versuchen "Mix-and-Match"-Ansätze (siehe unten). Einige Experten fragen sich sogar, ob die chinesischen Vakzine überhaupt noch verwendet werden sollten, wenn andere Optionen verfügbar seien.
Aber wieder andere Forscher sagen, dass diese Impfstoffe immer noch eine große Rolle spielen. "Das sind keine schlechten Impfstoffe. Es sind nur Impfstoffe, die noch nicht optimiert wurden", sagt Gagandeep Kang, Virologe am Christian Medical College in Vellore, Indien, der SAGE berät.
Chinas inaktivierte virale Impfstoffe weltweit verbreitet
Coronavac, hergestellt von der in Peking ansässigen Firma Sinovac, ist der weltweit am weitesten verbreitete Covid-19-Impfstoff. Nicht weit dahinter zurück liegt der zweite in Peking von dem staatlichen Unternehmen Sinopharm entwickelte Impfstoff.
Die folgende Grafik mit Daten aus dem Nature-Artikel1 zeigen, dass inzwischen auf diese beiden chinesischen Vakzine fast die Hälfte aller weltweit verabreichten Impfstoff-Dosen gegen Covid-19 entfallen.
Mitte 2021 erteilte die WHO für diese beiden Vakzine eine Notzulassung auf der Grundlage begrenzter klinischer Studiendaten, die darauf hindeuten, dass Coronavac zu 51 Prozent und Sinopharm zu 79 Prozent bei der Prävention symptomatischer Erkrankungen wirksam ist.
Nature schreibt, dies entspreche etwa einer Wirksamkeit von 63 Prozent, die zum Zeitpunkt der WHO-Zulassung für den viralen Vektorimpfstoff Vaxzevria von Astrazeneca gemeldet wurde, sei aber niedriger als die Effektivität von 90 Prozent und mehr der von Biontech/Pfizer (Comirnaty) und von Moderna (Spikevax) entwickelten mRNA-Impfstoffe.
Beide chinesischen Impfstoffe verwenden das abgetötete Sars-CoV-2-Virus. Einige Forscher sagen, dass diese Art von traditionellen Impfstoffen deshalb weniger wirksam zu sein scheine, weil sie eine Immunantwort gegen viele verschiedene virale Proteine auslösen würden. Im Gegensatz dazu zielen mRNA- und Viral-Vektor-Impfstoffe auf eine Immunreaktion auf das Spike-Protein ab, mit dem das Virus in menschliche Zellen eindringt.
"Mit inaktivierten Impfstoffen zielt man nicht genau, man wirft einfach all diese verschiedenen Antigene in die Zelle hinein", erklärt Jorge Kalil, Arzt und Immunologe an der Medizinischen Fakultät der Universität von São Paulo, Brasilien.
Etwa 2,4 Milliarden Dosen der beiden Vakzine wurden in China bisher verimpft, und fast 1 Milliarde Dosen gingen an 110 andere Länder. Die wichtigsten Empfängerländer in abnehmender Reihenfolge waren Indonesien, Brasilien, Pakistan, Türkei, Iran, die Philippinen, Marokko, Thailand, Argentinien, Venezuela, Kambodscha, Sri Lanka, Chile, Mexiko und Bangladesch.