Chomsky: Warum China, nicht Russland die US-dominierte Weltordnung bedroht

Seite 3: Die chinesische Bedrohung im Mittelpunkt der US-Strategie

Noam Chomsky: Die "chinesische Bedrohung" steht im Mittelpunkt der US-Strategie. Die Bedrohung wird noch verstärkt, wenn das ressourcenreiche Russland als Juniorpartner einbezogen wird.

Die USA reagieren nun energisch auf das, was sie als "chinesische Aggression" bezeichnen, z. B. die Verwendung staatlicher Ressourcen für die Entwicklung von Spitzentechnologie und interne Repression. Die von Trump eingeleitete Strategie wird durch Bidens Politik der "Einkreisung" fortgesetzt, die auf einem Ring von "Wächter-Staaten" vor der chinesischen Küste basiert.

Diese sind mit fortschrittlichen Waffen ausgestattet, die vor kurzem zu Hochpräzisionswaffen aufgerüstet wurden und auf China gerichtet sind. Unterstützt wird diese "Verteidigung" durch eine Flotte unverwundbarer Atom-U-Boote, die nicht nur China, sondern die ganze Welt vernichten können. Da die scheinbar immer noch nicht gut genug sind, werden sie nun im Rahmen der beispiellosen Trump-Biden-Militärexpansion durch bessere ersetzt.

Die heftige Reaktion der USA ist verständlich. "China ist im Gegensatz zu Russland das einzige Land, das mächtig genug ist, um die Dominanz der USA auf der Weltbühne herauszufordern", erklärte Außenminister Antony Blinken bei der Beschreibung dieser unerträglichen Bedrohung der Weltordnung (im Klartext: der Dominanz der USA).

Während wir davon sprechen, Russland zu "isolieren", wenn nicht gleich die "dämonische" Gesellschaft zu "strangulieren", hält der größte Teil der Welt seine Beziehungen zu Russland und zum von China dominierten globalen System aufrecht. Die Länder schauen auch verwundert zu, wie die USA sich selbst von innen zerstören.

In der Zwischenzeit bauen die USA neue Allianzen auf, die sich vermutlich im November noch verstärken werden, wenn die republikanische Führung den Kongress übernimmt und es ihr gelingt, durch ihre ganz unverhohlenen Bemühungen, die politische Demokratie zu untergraben, langfristig die Kontrolle über das politische System zu gewinnen.

Eine dieser Allianzen wird gerade mit der rassistischen, selbst ernannten "illiberalen Demokratie" Ungarns gefestigt, die die Meinungsfreiheit und unabhängige kulturelle und politische Institutionen unterdrückt hat und von führenden Vertretern der Republikaner von Trump bis zum Medienstar Tucker Carlson verehrt wird.

Schritte in diese Richtung wurden vor einigen Tagen auf der Konferenz der Rechtsextremen in Europa unternommen, die in Budapest stattfand und deren Hauptattraktion die Conservative Political Action Conference war, ein Kernelement der Republikanischen Partei.

Das Bündnis zwischen den USA und der europäischen extremen Rechten hat einen natürlichen Verbündeten in der von Trump und Jared Kushner geschmiedeten Abraham-Allianz. Dieses vielbeachtete Bündnis institutionalisiert die untergründigen Beziehungen zwischen Israel und den reaktionärsten Staaten der MENA-Region (Nahost-Nordafrika).

Israel und Ungarn unterhalten bereits enge Beziehungen, die auf gemeinsamen rassistischen Werten und einem Gefühl der Kränkung darüber beruhen, dass sie von liberaleren Elementen in Europa gemieden werden. Ein weiterer natürlicher Partner ist das heutige Indien, wo Premierminister Narendra Modi die säkulare indische Demokratie zerschlägt und eine hinduistische Ethnokratie errichtet, die muslimische Bevölkerung erbittert unterdrückt und mit der brutalen Besetzung von Kaschmir Indiens Machtbereich ausweitet.

Die USA stehen mit der Anerkennung der beiden bestehenden illegalen Besetzungen in Nordafrika und im Nahen Osten, die gegen die Anordnungen des Sicherheitsrats verstoßen, bereits faktisch allein da: Israels Annexion der syrischen Golanhöhen und des stark erweiterten Groß-Jerusalem sowie Marokkos Annexion der Westsahara, um ihr fast Monopol auf die nicht substituierbaren Phosphatreserven zu erweitern. Mit der republikanischen Partei an der Macht könnten die USA das Bild vervollständigen, indem sie die gewaltsame Übernahme von Kaschmir durch das hinduistische Indien anerkennen.

Eine neue Weltordnung nimmt Gestalt an, aber die Konfrontation zwischen den USA und Russland ist nicht ihr zentrales Element.