Corona-Krise: Ein Weckruf zur umfassenden Aufklärung

Ausrufezeichen als Lupe vor Coronaviren

Die Zeit für eine transparente Untersuchung der Corona-Maßnahmen ist gekommen. Das ist ein wissenschaftlicher und moralischer Imperativ. (Teil 3 und Schluss).

Wie im zweiten Teil der vorliegenden Artikelserie über die Notwendigkeit einer Untersuchung der Corona-Maßnahmen dargelegt wurde, konnte die Impfung das Ziel eines hohen Fremdschutzes und einer Herdenimmunität nicht erfüllen.

Deutschlandweit kam es nicht zu einer generellen Impfpflicht, sondern zur 2G-Lösung, die Menschen, die weder in den letzten Monaten genesen gewesen sind, noch geimpft wurden, vom gesellschaftlichen Leben ausschloss.

In zwei Bereichen jedoch wurde eine Impfpflicht eingeführt: Arbeitende in Pflegeeinrichtungen und Soldaten wurden vor die Wahl gestellt, sich impfen zu lassen oder entlassen zu werden.

Impfpflicht für Soldaten

Die Bundeswehr führt im November 2021 die Impfpflicht ein. "Impfen ist eine Dienstpflicht", informiert die deutsche Bundeswehr ihre Soldatinnen und Soldaten. Die Begründung:

Aufgrund der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Soldatinnen und Soldaten wäre es zudem nicht zu vertreten, wenn dieser sein Personal nicht bestmöglich vor potentiell gefährlichen, gleichwohl vermeidbaren Erkrankungen schützen würde.

Diese Dienstpflicht galt auch für Reservisten. Zwischenzeitlich wurde gemeldet, dass 70 Soldaten entlassen wurden, weil sie sich der Impfung verweigerten.

Ein Soldat, der gegen seine Entlassung klagte und zwischenzeitlich freigesprochen wurde, verlor seinen Prozess in einer höheren Instanz und wurde im März zu 4.050 Euro Strafe verurteilt. Die Impfentscheidung war also mit gravierenden beruflichen Folgen verbunden.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht

Die Impfpflicht war Teil des ersten Maßnahmenpakets der Ampel-Regierung und trat Mitte März 2022 in Kraft.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisierte die Pflegekräfte, die eine Impfung ablehnten:

Dass medizinisches Personal wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet und sogar bereit ist, Patienten zu gefährden, kann nicht sein." Wer ein radikaler Impfgegner sei und dennoch in der Pflege arbeite, der müsse sich die Frage stellen, ob er oder sie überhaupt "für den Beruf geeignet war.

Medizinisches Personal, das zu diesem Zeitpunkt seit zwei Jahren an vorderster Front und lange Zeit ohne ausreichende Schutzkleidung ihre eigene Gesundheit für die infizierten Patienten riskiert und nachgewiesenermaßen selbst ein sehr hohes Infektionsrisiko hatte, stand bei der Impfentscheidung massiv unter Druck.

Die Impfentscheidung war eine Frage, die auch über ihre berufliche Zukunft entschied. Aufgrund der Impfpflicht wurden Pflegekräfte entlassen. Der Intensivpfleger Ricardo Lange kritisiert in der Berliner Zeitung:

Ähnlich verhält es sich mit der damals verordneten Impfpflicht für medizinisches Personal, die auch heute noch bei einigen Kopfschütteln auslöst: Viele Kollegen, die nicht geimpft waren, durften ab diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeiten und wurden entlassen oder freigestellt. Das Tragen eines Mundschutzes und ein negativer Corona-Test wurden nicht akzeptiert.

Menschen, die sich bis dahin tagtäglich aufopferungsvoll um ihre Patienten gekümmert und in den Anfängen der Corona-Pandemie ihre eigene Gesundheit und die ihrer Familien aufs Spiel gesetzt hatten, galten plötzlich als "Querdenker in Weiß" und wurden von vielen als Gefahr für die Patienten gebrandmarkt.

Nachdem unter anderem viele Krankenhäuser monatelang das Gesetz kritisiert und über Personalnot geklagt hatten, nannte Lauterbach die Regelung, als "nicht fortsetzungswürdig" und "medizinisch kaum noch zu rechtfertigen" und beendete die einrichtungsbezogene Impfpflicht.

Wie viele Pflegekräfte sich aufgrund der Impfpflicht dauerhaft aus ihrem Beruf zurückgezogen haben, ist unklar.

Exkurs: Der Rechtsstaat

Die größten Grundrechtseinschränkungen in der Geschichte Deutschlands haben selbstverständlich auch eine juristische Dimension. In den Corona-Jahren war gerade das Bundesverfassungsgericht immer wieder gefragt.

Ende des Jahres 2021 fällte es beispielsweise die extrem wegweisende Entscheidung, dass die im April 2021 beschlossene Bundesnotbremse mit nächtlichen Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen sowie Schulschließungen mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

Der Journalist Heribert Prantl zeigte sich bestürzt:

Ich habe nicht erwartet, dass das Gericht die angegriffenen Corona-Maßnahmen rundweg für verfassungswidrig erklärt. Ich habe mir aber erwartet, dass es Leitlinien formuliert, dass es Leitplanken aufstellt. Die Beschlüsse laufen auf den falschen Satz hinaus, dass Not kein Gebot kennt.

Es schwindet die Sicherheit im Recht, an die ich glaube und glauben will. Man kann und darf das Gericht nicht dafür kritisieren, dass es sich auf die Corona-Gefahr konzentriert. Aber ich werfe dem Gericht vor, dass es sich einzig und allein auf diese Gefahr fokussiert. In Karlsruhe residiert nicht das RKI, sondern das Verfassungsgericht. Es hat andere Aufgaben als das Robert-Koch-Institut.

Der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier fordert im November 2023 eine juristische Aufarbeitung der Corona-Jahre:

Die Pandemie stellte eine außergewöhnliche und schwerwiegende Herausforderung des Rechtsstaats dar. Gesetzgebung und Verwaltung, aber mit Einschränkung auch die Judikatur, insbesondere die des Bundesverfassungsgerichts, haben im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung die Anforderungen des Rechtsstaats nicht immer hinreichend beachtet und durchgesetzt.

Von der verfassungsrechtlichen Judikatur hätte man angesichts derart weitgehender und langwährender Einschränkungen der Freiheitsrechte eine frühzeitige und abgewogene Entwicklung verfassungsrechtlicher Maßstäbe erwarten können, welche die höchst unterschiedlichen Schweregrade der diversen Grundrechtsbeschränkungen angemessen berücksichtigen.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitserwägungen hätte es auch frühzeitig den zuständigen staatlichen Stellen zur Aufgabe gemacht werden müssen, durch intensivere Sachverhaltsaufklärung und Datenermittlung eine rechtzeitige und aussagekräftige Evaluation zu ermöglichen. Alle diese Fragen bedürfen unbedingt der rechtswissenschaftlichen Aufarbeitung, damit in künftigen ähnlichen Krisenzeiten der Rechtsstaat auch unter juristischen Aspekten besser gewappnet ist.

Die Spaltung der Gesellschaft: "Schweinehunde"

Je nach Perspektive mag ein zentraler Aspekt, der die Corona-Jahre bestimmt hat, in Vergessenheit geraten sein: die Spaltung der Gesellschaft und die Ausgrenzung von Ungeimpften.

Ein knappes Viertel der deutschen Bevölkerung ist bis heute ungeimpft.

Während der 2G-Regelung waren sie vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Während der 3G-Regelung mussten sie sich die Teilnahme hierfür durch Schnelltests erkaufen. Teilweise mussten sie berufliche Nachteile hinnehmen.

Generell waren sie wiederholt auch Ziel einer sehr aggressiven Rhetorik, galten sie doch als Ursache der Krise ("Pandemie der Ungeimpften"), die bei einer höheren Impfquote verschwinden würde.

(Selbstverständlich muss erwähnt werden, dass auch Ungeimpfte in ihrer Wortwahl öfter nicht gerade zimperlich waren. Da aber die Haltung zur Impfung in Politik und Medien recht eindeutig war, waren die öffentlichen Angriffe so gut wie ausschließlich an die Adresse der Ungeimpften gerichtet.)

Einige stellvertretende Zitate sollen noch einmal die Atmosphäre der Zeit verdeutlichen:

Die Impfgegner und die Impfverweigerer sind, anders als fälschlich in der Öffentlichkeit kommuniziert, keine im Grunde sympathischen, aber leider etwas verirrten Bürger, die nur falsch informiert und deshalb noch nicht über die wirklichen Zusammenhänge der Pandemie aufgeklärt sind. Nein, sie sind, wie Biermann feststellt, ,alte Schweinehunde‘, sie sind Staatsfeinde, die in voller Absicht an unseliges deutsches demokratiefeindliches Denken und Handeln anknüpfen.

Udo Knapp in der taz unter dem Titel "Sie sind Schweinehunde"

Herzlichen Dank an alle Ungeimpften – dank Euch droht der nächste Winter im Lockdown.

Sarah Frühauf in den Tagesthemen

Euch Ungeimpften verdanken wir die täglich steigenden Fallzahlen, die unkontrollierte Ausbreitung des Virus, die neuerliche Kapitulation der Gesundheitsämter und den drohenden Zusammenbruch der intensivmedizinischen Versorgung. Wenn ein Lockdown kommt, dann seid ihr daran schuld. Und meine Kinder hocken drin, wir alle hängen drin.

Kati Degenhardt, t-online

Wir erleben zur Zeit eine Tyrannei der Ungeimpften.

Frank Ulrich Montgomery, der Ratsvorsitzende des Weltärztebundes

Diktat der Ungeimpften

Dieter Bauhaus, Präsident der Industrie- und Handelskammer

Wir müssen die Diktatur der Ungeimpften brechen.

Bernhard Junge-Hülsing, Pandemiekoordinator eines Landkreises

[Impfverweigerer sollten sich] im Klaren darüber sein, dass sie nicht als Minderheit die Mehrheit terrorisieren dürfen.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Mitglied des FDP-Bundesvorstands

Ungeimpfte sind "Bekloppte".

Ex-Bundespräsident Joachim Gauck

(Man sei an einem Punkt), an dem unser Land in Geiselhaft genommen wird von den Corona-Leugnern und den Impfgegnern.

Friedrich Merz