Corona-Krise in den USA: Arbeitsniederlegungen und Angst vor neuer Arbeitslosigkeit

Die "Back to Work"-Lockerungen stehen in der Kritik. Die Extra-Arbeitslosenhilfe läuft Ende Juli aus

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Das Business muss wieder anlaufen, an diese Parole hängt sich nicht nur Donald Trump, das Ziel verfolgen auch Politiker der Demokraten. Aufgrund seines Amtes, seines Auftretens und der Präsidentschaftswahl im November steht Trump exponierter in der Kritik, die den jüngsten Anstieg der Infektionszahlen in den USA mit der "Back to work"-Kampagne erklären. "Die Fallzahlen steigen über das ganze Gebiet der USA verteilt", so die New York Times, "einschließlich in den Staaten, die zu den ersten gehörten, die wieder aufgemacht haben." Gemeint sind zum Beispiel Florida und Texas.

Am vergangenen Wochenende haben Arbeiter in zwei Werken von Fiat Chrysler in Detroit, Michigan, wo die Infektionszahlen ebenfalls steigen, die Produktion ausgesetzt. Als Grund werden Covid-19-Erkrankungen in der Belegschaft und mangelnde Schutzmaßnahmen für die Sicherheit der Arbeiter genannt. Drei Arbeitsschichten hintereinander lehnten es ab, die Produktion in der Fiat Chrysler Jefferson North Assembly Plant (JNAP), wo 5.000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, weiterzuführen. Auch in einem anderen Fiat-Chrysler-Werk, der Sterling Heights Assembly Plant (SHAP) mit 7.300 Beschäftigten, wurde die Produktion am Samstag stillgelegt, nachdem Arbeiter von einem positiv getesteten Materiallieferanten, der Kontakt mit Produktionsarbeitern hatte, erfahren haben.

"Wir wissen nicht, wie lange diese Person schon arbeitete und die Krankheit verbreitete", wird ein SHAP-Arbeiter von der World Socialist Web Site (WSWS) zitiert. Als Hintergrundinformation gegen vorschnelle Bewertungen dieser Aussage ist erwähnenswert, dass es in dem Werk bisher 5 Tote unter den Arbeitern im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gab, wie die sozialistische Webseite berichtet.

Auf WSWS wird ausführlicher über Produktionsstopps in den beiden Detroiter Autowerken (hier und hier berichtet; kleinere Meldungen gab es auch in der Lokalpresse (auch hier). Bei diesen kommt aber nicht oder kaum vor, was den Kapitalismuskritikern der sozialistischen Webseite sehr wohl auffällt: Dass sich die Fiat-Chrysler-Arbeiter auch gegen die Position der Gewerkschaft - United Auto Workers - für den Produktionsstopp entschieden haben Und: Dass es von vielen Seiten Interesse daran gibt, diese Vorfälle öffentlich möglichst auf kleiner Flamme zu halten und so wenig wie möglich darüber zu berichten.

Streiks

Das behaupten nicht nur WSWS-Autoren, sondern auch das Economic Policy Institute, auf Deutsch: "Wirtschaftspolitisches Institut". Es gebe auffallende Begrenzungen bei der Weitergabe von Daten, wenn es um Streiks gehe: "Es ist unmöglich, das volle Ausmaß der Streikaktivitäten in den USA zu erfahren", schreibt der Think Tank, der Interessen der unteren und mittleren Schichten vertritt, in einem Beitrag, der vergangene Woche erschien: Das Statistische Büro des Arbeitsministeriums (Bureau of Labor Statistics, BLS) gehe da sehr restriktiv mit der Datensammlung vor.

Daten zu Streiks in Betrieben unter 1.000 Angestellten, die in einer Schicht arbeiten, würden ebenso nicht aufgenommen "wie Streiks, die direkt mit der Corona-Pandemie verbunden sind". Die habe es aber in einigen Unternehmen gegeben, unter anderem bei Amazon, McDonalds oder FedEx. Das war im Mai.

Ende März und im April wurde die US-amerikanische Öffentlichkeit auf mehrere Streiks aufmerksam, so dass im linksliberalen Magazin The Nation die Hoffnung laut wurde, wonach die Corona-Virus-Streikwelle die Lage der Arbeiter verbessern könnte - "for good" : bessere Löhne, mehr Rechte, mehr Mitsprache. Damals, Mitte April, entdeckte man in den reicheren westlichen Ländern gerade, dass es systemrelevante Arbeitskräfte gibt, die man vorher nicht wahrgenommen hat.

Nothilfen für Arbeitslose: Wie hoch werden die nächsten Schecks sein?

Jetzt hat sich der Blick verändert. Augenfällig, so warnt das Economic Policy Institute (EPI), wird das am Programm der Nothilfen für Arbeitslose in der Corona-Krise. Das 2,2 Billionen-US-Dollar schwere Coronavirus Aid, Relief and Economic Security (CARES)-Gesetz, das Ende März verabschiedet wurde, läuft Ende Juli aus. "Der mit Abstand beste Teil", so das EPI, "war die signifikante Aufstockung der Arbeitslosenversicherung um 600 US-Dollar in der Woche". Die letzte Extra-Zahlung wird es in der Woche geben, die am 25. Juli endet.

Trump kündigte ein weiteres Stimulus-Paket an, ohne allerdings zu präzisieren, "wie hoch der Scheck für Arbeitslose sein wird". Überlegungen, so berichtet die Webseite der Investorengemeinschaft The Motley Fool aus Diskussionen der Republikaner, gehen in der Tendenz dahin, Beschäftigte über Steuererleichterungen mehr zu belohnen.

Zuletzt machte die Regierung Trump Schlagzeilen mit ihrem Vorhaben, das Krankenversicherungsgesetz aus Zeiten der Regierung Obama ("Affordable Care Act"), weiter zu demontieren, was laut Presseberichten dazu führen könnte, dass etwa 20 Millionen ohne Krankenversicherung dastehen, "ohne dass ihnen die Republikaner eine Alternative bereitgestellt hätten" (Slate).

Misstrauen

Entsprechend misstrauisch blickt man beim Economic Policy Institute (EPI) auf die Weiterführung der Extra-Arbeitslosenunterstützung. Man warnt schon mal vor den Konsequenzen eines Wegfalls. Es würden dadurch nicht die Anreize größer, sich eine Arbeit zu suchen (Stichwort: Mehr Geld macht fauler - Jetzt bleiben Amerikas Arbeitslose gern zu Hause), sondern das würde weniger Nachfrage bedeuten und damit auch weniger Jobs.

Eine Verlängerung der Extra-Zahlung von wöchentlich 600 US-Dollar für die Arbeitslosen würde das Bruttoinlandprodukt steigern, so das EPI-Argument, das sie mit mehreren Grafiken, Tabellen und Schätzungen belegen, und die Einstellung der Hilfen würde die Zahl der Arbeitslosen noch mehr erhöhen als in den Krisenjahren Anfang der 1990er und der 2000er Jahre (allerdings wird dies auch erstaunlicherweise damit kommentiert, dass es "nicht so kommen muss").

Wie dünn der Abstand zwischen besseren Aussichten und einer Vertiefung der Krise ist, zeigt der Hinweis, wonach von 20 Millionen Arbeitslosen in den USA 15 Millionen als "temporär arbeitslos" eingestuft werden. Geht der Anstieg der Corona-Infektionen in den USA weiter, so steige das Risiko, dass die befristete Arbeitslosigkeit länger andauert. Für Trumps Erfolg bei der Wahl im November hängt davon einiges ab.