Corona-Krise stärkt Konservative und Nationalisten
In den politisch zerrissenen USA kämpft Trump ums Überleben, in Deutschland wird die Union favorisiert, SPD, Grüne und die AfD sind die Loser
Bedrohungen haben fast immer den Effekt, dass die Menschen sich hinter die regierende Macht stellen und den Nationalismus stärken, also Misstrauen und Ablehnung gegenüber Ausländern und dem Ausland entwickeln. Das ist mitunter auch dann der Fall, wenn die Entscheidungen der Regierenden die Bedrohung verstärkt oder erst hervorgebracht oder gar einen Krieg angezettelt haben, in den die Bürger des Staats geschickt werden, wie das etwa bei George W. Bush der Fall war.
Die Menschen hoffen dann wohl darauf, dass die Machthabenden schon das Beste für sie machen und sie vor Gefahren schützen. Ihnen wird Kompetenz tautologisch zugeschrieben, weil sie an der Macht sind und die Geschicke leiten, wie immer schlecht dies in den Zeiten vor einer Krise war. Weil aber die Angst in der Krise sich an das Bestehende klammert, klammert sie sich auch an die Macht vor der Krise. Neue Politiker und Parteien werden hingegen eher mit Misstrauen betrachtet, weil sie ja das Gewohnte verändern könnten, für das die Machthabenden stehen, die für den Zustand vor der Krise, also vor der Veränderung, stehen.
Diese Logik wird auch von den Machthabern gerne instrumentalisiert, wenn sie Krisen oder Konflikte eskalieren und Schuldzuweisungen machen. Donald Trump ist ein Präsident, der ziemlich plump dieser Logik folgt, um seine Macht zu erhalten und auszubauen. Allerdings ist in einem gespaltenen Land, in dem eine Mehrheit ihn ablehnt, zumal er auch nur aufgrund des amerikanischen Wahlsystems und knappen Gewinnen in Swing States die Präsidentschaft ohne Mehrheit in der Bevölkerung gewonnen hat, schwieriger.
Seit der Präsidentschaftswahl hatte Trump eine Mehrheit immer abgelehnt, auch wenn er eine feste Anhängerschaft hat, die hinter ihm steht, egal, was er macht. Trumps Verhalten bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie, vor allem wohl der Crash der Wirtschaft und die explosiv gestiegene Arbeitslosigkeit, ließ die Zustimmung für ihn in der letzten Woche bei einer Gallup-Umfrage um 6 Punkte auf 43 Prozent abrutschen, während die Ablehnung um 9 Punkte auf 54 Prozent stieg. Und das gerade, nachdem er im März den Höchstwert an Zustimmung während seiner Präsidentschaft von 49 Prozent erreicht hatte.
Union ist Gewinner der Corona-Krise
Anders sieht es in Deutschland aus, das bislang glimpflich die Coronavirus-Pandemie überstanden hat, was nicht unbedingt auf die Entscheidungen der Bundes- und Landesregierungen zurückzuführen ist. In Umfragen bestätigt sich, dass die Parteien der Veränderung, vor allem die Grünen und die AfD, die vor Corona stärker wurden, nun an Bedeutung verlieren. Die Deutschen drehen ihnen nun vermehrt den Rücken zu und präferieren die Union, die stärkste Regierungspartei, die die Bundeskanzlerin und den Gesundheitsminister stellt, aber auch den neuen Messias, der nicht mehr Merz, sondern Söder heißt, weil er entschiedenes, autoritäres Regierungshandeln vorgeführt hatte. Bei dem RTL/ntv Trendbarometer erreicht die Union mit 39 Prozent so viel Zustimmung wie SPD, Linke und Grüne zusammen. Verlierer sind vor allem SPD und die Grünen.
Warum gewinnt die Union, während die SPD, der Koalitionspartner, verliert? Das dürfte mit der Medienpräsenz zu tun haben. Merkel hat sich nach langer Zeit wieder eingeschaltet, natürlich ist Gesundheitsminister Spahn immer präsent, und die Konkurrenten Söder aus Bayern und Laschet aus Nordrhein-Westfalen nehmen einen breiten Platz ein. Immerhin, Friedrich Merz ist untergetaucht, das dürfte ihn für einen Parteivorsitz disqualizieren.
Dass der Finanzminister Scholz (SPD) Milliarden locker macht, um die wirtschaftlichen Folgen zu dämpfen, spielt dabei weniger eine Rolle, zumal Scholz medial auch eher ein Langweiler ist. Klar aber ist, dass nicht alle Partner einer Koalition Gewinner einer Krise sein können, es kann nur einer sein, hinter dem man sich versammelt, um den drohenden Schiffbruch zu verhindern. Und es sind die Konservativen, die in einer Krise gewinnen, weil sie für Systembewahrung stehen. Die meisten Menschen wollen oder können nicht sehen, welche Veränderungsmöglichkeiten Krisen eröffnen, sie sehen nur eine Gefährdung des Erreichten, so wenig es sein mag, und wollen dies sichern.
Während also die Union sich wieder der Position einer Volkspartei nähern könnte, verliert die SPD einen Punkt und kommt gerade noch auf 16 Prozent. Der Bewahrungsvorteil dürfte ihr allerdings noch sichern, dass sie damit vor den Grünen mit 15 Prozent bleiben. Beide Parteien sind damit aber weit davon entfernt, eine Volkspartei zu bleiben bzw. zu werden. Die SPD bleibt im Abwärtstrend, die Grünen werden nicht mehr von der grünen Alternative getragen, wenn es vermeintlich ums direkte Überleben geht. Die Grünen waren noch nicht lange her in einer Aufholjagd zur sinkenden Union. Man handelte schon mit einem möglicherweisen erfolgreichen Bundeskanzlerkandidaten Habeck. Davon kann gerade keine Rede mehr sein. Die Klimakrise, auch wenn sie sich gerade wieder mit einer Dürre in Deutschland kenntlich macht, liegt eben in ferner Zukunft, die ökonomischen Folgen der Coronakrise sind jetzt spürbar.
Die FDP ist mit 5 Prozent sowieso eine minoritäre Partei, die permanent ums Überleben kämpfen muss, die Linke hat eine relativ stabile Wählerschaft, aber kann nicht wirklich überzeigen, sie verharrt bei 8 Prozent. Und dann ist da noch die AfD, die auch in der Corona-Krise verliert, weil sie keinerlei Alternative darstellen kann, herumeiert und sich eher intern damit beschäftigt, wie die völkisch-nationale Richtung möglichst unauffällig integriert werden kann. Das reicht noch für 10 Prozent. Der Höhenflug ist beendet, Kompetenz haben der AfD mit ihrem Personal wohl sowieso immer nur wenige zugetraut. Aber die Zeit der Provokation ist vergangen.
47 Prozent, fast die Hälfte, sagen, dass CDU/CSU am besten mit den Problemen fertig werden. Der SPD wird mit sieben Prozent kaum vertraut, den Grünen mit drei Prozent noch weniger. 38 Prozent sehen keine der Parteien dazu imstande. Die AfD taucht da nicht mal auf.
Ähnlich fiel eine aktuelle Umfrage von Emnid aus, bei Infratest Dimap liegen die Grünen noch vor der SPD, die AfD erreicht 9 Prozent.