Corona-Tote als Kollateralschaden verbuchen?
Seite 2: Wer oder was wird geschützt?
- Corona-Tote als Kollateralschaden verbuchen?
- Wer oder was wird geschützt?
- Normalität mit kalkulierbarer Zahl an Toten?
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Dass angesichts explodierender Infektionszahlen die Maßnahmen zur Beschränkung der Infektionen reduziert oder ausgesetzt werden, lässt den Schluss zu, dass es um den Schutz des Einzelnen vor Krankheit oder Tod nie ging. Offensichtlich kann die Politik mit vielen Kranken und auch täglich neu gemeldeten Todesfällen leben – mit einer Gesamtzahl an Toten, die sich inzwischen in einem Bereich bewegt, der der Einwohnerzahl einer Großstadt entspricht.
Natürlich hat seinerzeit die politische Klasse ab einem gewissen Punkt die Warnungen der Virologen ernst genommen. Aber bedroht sahen Politiker sämtlicher Couleur, die sich ja in der Ministerpräsidentenrunde gemeinsam mit der Regierung treffen, immer die Volksgesundheit und das Gesundheitswesen. Und das sind zwei Dinge, die man nicht einfach als Selbstverständlichkeiten nehmen sollte.
Erstens, die Sorge um die Volksgesundheit – sie meint nicht einfach ein Bemühen darum, dass alle gesund sind. Es geht vielmehr um die Sicherstellung des gesellschaftlichen Funktionierens, d.h. vor allem der Marktwirtschaft mit ihrem hochsensiblen Kapitalkreislauf, damit hier nichts durch (unkalkulierbare) Krankheits- und Todesfälle gefährdet wird. Daran haben sich die Maßnahmen in der bisherigen Pandemiebekämpfung ausgerichtet, die gleichzeitig in Rechnung stellen musste, dass Bewegungsfreiheit und Leistungsfähigkeit des funktionierenden Volkskörpers mit gewissen Einschränkungen zu versehen war.
Die Eingriffe erfolgten daher dosiert. So wurde der Kernbereich der deutschen Wirtschaft mit Maschinenbau, Auto-, Elektro- und Chemieindustrie nicht wirklich eingeschränkt; wo es trotzdem zu Stockungen kam, wurden gleich entsprechende wirtschaftsfreundliche Überbrückungsmaßnahmen (Kurzarbeit, Erleichterung von Abschreibungen oder Steuerpflichten etc.) ergriffen. Konsequent unterbunden wurden dagegen Aktivitäten im Umkreis der "Freizeitwirtschaft".
Das Ganze war dabei auch immer ein Ausprobieren – ein Abwägen der Fragen, welche Einschränkungen überhaupt notwendig sind, welche Auswirkungen sie auf den Erfolg der deutschen Wirtschaft haben und welche Bereiche daher von den Einschränkungen verschont gehören etc. Vom Leitgedanken der Volksgesundheit her logisch, erschien es natürlich manchem als inkonsequent und willkürlich. Die neue Protestkultur fand nicht zuletzt hier ihr Material.
Das zweite Kriterium hieß immer, dass eine Überbelastung des Gesundheitswesens vermieden werden muss: "Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach hält es in der aktuellen Infektionslage für den richtigen Weg, weitreichende Schutzmaßnahmen auf Hotspot-Regionen zu beschränken. Die neuen Regeln des Infektionsschutzgesetzes berücksichtigen, dass eine Überlastung der Krankenhäuser nicht mehr flächendeckend zu befürchten sei."
Die Sicherung der Funktionsweise des Gesundheitswesens war ebenfalls nicht damit gleichzusetzen, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung störungsfrei zu halten war. Zwar waren die Intensivstationen nie überbelegt und "nur" das Pflegepersonal überbelastet, aber viele ("planbare") Operationen wurden verschoben – was nicht ohne negative Auswirkungen nicht allein bei Krebspatienten blieb – oder Reha-Maßnahmen entfielen.
Jetzt weisen die oben aufgeführten Zahlen darauf hin, dass eigentlich das ganze Land ein einziger Hotspot ist, in dem die Infektionszahlen allenfalls noch geschätzt werden können. Dies ist für die Regierenden jedoch kein Anlass, die Einschränkungen weiter aufrecht zu erhalten: "Gesundheitsminister Karl Lauterbach geht von einer gigantischen Dunkelziffer aus: Täglich würden derzeit rund 300.000 Neuinfektionen gemeldet. ‚Es ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl mehr als doppelt so hoch ist‘, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin." (WAZ, 26.3.2022)
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