Covid-Impfstoffe: Pfizer will Milliarden-Storno-Zahlung von EU

Seite 2: Die Informationslücke wird gefüllt

Jedenfalls ist in den deutschen Qualitätsmedien zum Stand des Megadeals nichts zu finden.

Es ist der Europa-Abgeordnete Der Partei, Martin Sonneborn, der Bescheid gibt "Gerade ist ein Zwischenergebnis der Nachverhandlungen zwischen der EU-Kommission und dem US-Pharmagiganten Pfizer durchgesickert - allerdings nicht zu uns (i.O. in Großbuchstaben) oder Ihnen da draußen (i.O. in Großbuchstaben)."

Auf seine scharfe, unerbittliche Art füllt er die Informationslücken und stellt die damit verbundenen Skandale – es sind mehrere – ans Licht: etwa den Unterschied zwischen Soll-Vorgaben der EU, die mit großer Insistenz vorgebracht werden ("Transparenz"), und die Intensität der Geheimhaltungsbemühungen.

Seit zwei Jahren verweigern Kommission und von der Leyen, die ihre Transparenzverbundenheit immer mit ohrenbetäubend geschmacklosen Verbalkaskaden simuliert hatte, nun schon die Veröffentlichung der abgeschlossenen Verträge (i.O. in Großbuchstaben) – selbst Parlament und Untersuchungsausschuss bekommen nichts als durch Schwärzung unkenntlich gemachte Ausfertigungen zu Gesicht.

Ebenso kategorisch verweigern sie die Herausgabe der vertragsvorbereitenden SMS-Nachrichten (i.O. in Großbuchstaben) zwischen von der Leyen und Bourla (siehe Klage gegen EU-Kommission: Was steht in den SMS von der Leyens an Pfizer?) - und widersetzen sich damit nicht nur dem (rechtmäßigen) Auskunftsbegehren von Journalisten und EU-Abgeordneten, sondern auch den Anfragen der Europäischen Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly und sogar der (ziemlich) nachdrücklichen Aufforderung des Europäischen Rechnungshofes.

Martin Sonneborn

Zu den Vorwürfen, die Sonneborn aufzählt, gehören:

Die Quasi-Monopolstellung von Pfizer, die auch von hochrangigen EU-Funktionären kritisiert wird, und die sich mit dem regelbasierten Wettbewerb der EU nicht vereinbaren lässt; die ungewöhnliche Preispolitik Pfizers ("ein historisch einmaliger Megadeal, bei dem mit zunehmender Abnahmemenge auch die Stückpreise steigen?"), der "lausige Vertrag".

Dass die EU-Kommissionspräsidentin allem Anschein nach die offiziellen EU-Vertragsgespräche mit der Pharmaindustrie durch "private Diplomatie" unterlaufen hat, das Fehlen von Dokumenten (die Art, wie Pfizer mit EU-Abgeordneten umgeht, wird von France2 sehr anschaulich dokumentiert) und die "Unfähigkeit zur Selbstkorrektur":

Wieder wird hinter verschlossenen Türen in geheimen Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und Umgehung ihrer (eigenen) Rechenschaftspflicht über die Verwendung von EU-Geldern zum EU-weiten Ankauf von Produkten eines einzigen US-Herstellers entschieden.

Martin Sonneborn

"Ein interessantes Hütchenspiel"

Sonneborns Rechnung zum Stand des Geheimdeals fällt titanisch aus, man könnte denken: Realsatire. Ersetzt würde nach seiner Darstellung "eine Pfizer gegenüber bestehende Zahlungsverpflichtung in Höhe von (ziemlich genau) 10 Milliarden (i.O. in Großbuchstaben) Euro durch eine Pfizer gegenüber bestehende Zahlungsverpflichtung in Höhe von (mindestens) 10 Milliarden (i.O. in Großbuchstaben) Euro. Ein interessantes Hütchenspiel".

Die Financial Times brachte übrigens am Wochenende vom 22. auf den 23. April eine große Lobeshymne auf die EU-Kommssionspräsidentin: "The true faith of Ursula von Leyen" (Print). Darin heißt es in der Unterzeile, dass sie die Macht der EU auf der Weltbühne erweitert habe. Die geheime Diplomatie mit dem Pfizer-Chef wird in dem Bericht, immerhin auf zwei Zeitungsseiten, nicht erwähnt.

Fragen danach hört Ursula von der Leyen ganz offensichtlich nicht gerne.