Cruz verweigert Trump die Unterstützung

Melanias Plagiatspassagen sollen durch Telefonmissverständnis entstanden sein - Twitter sperrt "Gays-for-Trump"-Initiator Milo Yiannopoulos

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Beim Nominierungsparteitag der Republikaner hat Ted Cruz, der in den Vorwahlen Zweiter hinter Donald Trump wurde, für einen Eklat gesorgt, indem er bei seiner Rede weder zur Wahl des republikanischen Kandidaten noch zu einem gemeinsamen Kampf gegen Hillary Clinton aufforderte, sondern stattdessen nur meinte: "Stimmt für den Kandidaten, dem ihr vertraut, dass er unsere Freiheiten verteidigen und die Verfassung respektieren wird".

Dass Trump und die Parteitagsleitung diesen Affront erwartet hatten, als Cruz ihr Angebot annahm, eine Rede zu halten, ist eher unwahrscheinlich: Andere Republikaner, die mit Trump nicht einverstanden sind, lehnten Einladungen ab: darunter auch der in den Vorwahlen unterlegene Präsidentschaftsbewerber John Kasich, der Gouverneur von Ohio ist - der Bundesstaat, in den der Nominierungsparteitag stattfindet. Auch die beiden Altpräsidenten aus dem Bush-Clan und die beiden letzten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney und John McCain blieben der Veranstaltung fern. Und Rand Paul, ein gelernter Augenarzt, führt derzeit werbewirksam Pro-Bono-Operationen durch, anstatt am Nominierungsparteitag teilzunehmen.

Mutig oder schlau?

Cruz geht mit seiner Teilnahme und seiner öffentlichen Distanzierung zwar ein größeres Risiko für seine Karriere ein, kann aber auch am meisten gewinnen, wenn Trump im November gewinnt und als Präsident nicht für mehr Geld in den Taschen einfacher Amerikaner und mehr Sicherheit sorgen kann. Einen Trump, der die ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt und der beim Volk unbeliebt ist, würde die Partei wahrscheinlich nicht für eine zweite Amtszeit nominieren. Stattdessen könnte sich Cruz dann auf den Standpunkt stellen, dass er sich schon vorher klar von Trump abgrenzte und als Zweitplatzierter und relativ junger Bewerber die offensichtliche Alternative wäre, die sich als republikanischer Kandidat 2020 anbietet.

Verliert Trump im November gegen Hillary Clinton, kommt es darauf an, welches Narrativ in den Medien und in der Partei die Überhand gewinnt: Glaubt eine Mehrheit daran, dass Trump nur deshalb verloren hat, weil sich die Republikanische Partei nicht geschlossen hinter ihn stellte, könnte das Cruz eher schaden. Kommt sie stattdessen zur Überzeugung, dass der exzentrisch frisierte Milliardär verloren hat, weil er der falsche Kandidat war, dann würde der Tea-Party-Texaner für die Wahlen 2020 ähnlich gut dastehen wie nach einer spektakulär erfolglosen ersten Amtszeit Trumps.

Hat Trump dagegen als Präsident Erfolg, dann müsste Cruz ohnehin auf 2024 spekulieren - bis dahin kann sehr viel passieren. Sogar eine Versöhnung mit Donald Trump. Immerhin war Cruz in den ersten Vorwahl-Fernsehdebatten der einzige Republikaner, der sich nicht an den Attacken gegen Trump beteiligte. Eine Strategie, mit der er deutlich erfolgreicher war als seine Mitbewerber.

Redenschreiberin übernimmt Verantwortung für Michelle-Obama-Sätze

Ein zweiter Aufmerksamkeitsfänger auf dem Nominierungsparteitag war die Ähnlichkeit der Rede von Trumps Frau Melania mit einer acht Jahre alten Ansprache von Michelle Obama. Dazu hat Meredith McIver, die Redenschreiberin, die der slowenischen Einwanderin half, die Ansprache abzufassen, jetzt eine Erklärung veröffentlicht. Ihr zufolge ist die Ursache ein Missverständnis: Als sie Melania Trump am Telefon nach Personen fragte, die sie inspirierten, habe diese Michelle Obama genannt und Passagen aus deren Rede zitiert, die McIver in das Manuskript aufnahm. Deshalb habe sie Trump ihren Rücktritt angeboten, der jedoch habe abgelehnt. Die Dankbarkeit, die sie dafür zum Ausdruck bringt, wirkt allerdings ähnlich übertrieben, wie das Lob für den Präsidentschaftskandidaten, dass der Erklärung wie ein Ceterum Censeo beiliegt.

Hashtag #FreeMilo

Der dritte Skandal, den der Parteitag bislang erzeugte, betrifft Trump nur indirekt: Als der Breitbart-Kolumnist Milo Yiannopoulos seine Initiative "Gays für Trump" vorstellen wollte, gab Twitter bekannt, dass der fast 338.000 Follower zählende Account des (nach eigener Definition konservativen, aber auch betont selbstironischen und mit Klischees spielenden) Paradiesvogels gesperrt habe - und zwar "lebenslang". Als Grund dafür gab das Social-Media-Unternehmen an, Tweets und eine Kritik des Kolumnisten zum neuen Ghostbusters-Film hätten andere User dazu veranlasst, der Schauspielerin Leslie Jones so schlimme "Hassbotschaften" zu schicken, dass diese sich aus Twitter verabschiedete. Yiannopoulos hatte auf entsprechende Vorwürfe von Jones hin getwittert: "If at first you don’t succeed (because your work is terrible), play the victim. Everyone gets hate mail FFS."

Spielt selbstironisch mit Klischees: Milo Yiannopoulos

Viele andere Twitter-Nutzer halten die Sperre des Accounts für sehr problematisch, weil Yiannopoulos damit für Taten Dritter verantwortlich gemacht wird. Seine Rezension, die Stein des Anstoßes war, ist zwar durchaus pointiert und spöttisch, enthält aber ebenso wenig Drohungen oder nach US-Recht strafrechtlich ahndbare Bemerkungen wie seine Tweets. Sie posteten unter dem Hashtag #FreeMilo Beispiele dafür, dass Twitter hier - mutmaßlich aufgrund einer Druckkampagne von SJWs - einen Maßstab anlegt, der anderswo nicht angelegt wird: So konnte beispielsweise Morde an Polizisten bejubelt und republikanische Senatoren mit dem Tode bedroht werden. Auch Nutzer wie der deutsche Schriftsteller Tom Hillenbrand, die Yiannopoulos politisch nicht nahestehen, kritisierten, dass hier offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird.

Yiannopoulos selbst, der vor allem durch die Gamergate-Auseinandersetzungen bekannt wurde, sieht in dem Vorgang einen Beweis dafür, dass SJWs zu immer unfaireren Mitteln greifen, weil sie den den "Kulturkrieg" verlieren. Seinen Worten nach ist Twitter kein Ort der freien Rede mehr und das Unternehmen werde das letztendlich zu spüren bekommen.

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