"Das BfV ist eine nationale Sicherheitsbehörde mit hohem Ansehen"
Die Bundesregierung behauptet, die Geheimdienste BND und BfV seien als Arbeitgeber attraktiv, Genaueres zur umstrittenen Personalsituation bleibt angeblich aus Sicherheitsgründen geheim
Anfang Dezember hatte Martin Knobbe im Spiegel berichtet, dass BND und Verfassungsschutz über Personalmangel klagen würden. Bei beiden Geheimdiensten seien jeweils etwa 1000 Stellen unbesetzt. Beim BND sei mit der Grund für die vielen offenen Stellen, weil manche Angestellte nicht von Pullach nach Berlin umziehen wollten. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz würden vor allem Bewerber mit Fremdsprachenkenntnissen und aus den Mint-Fächern fehlen. Nach den Stellenangeboten scheinen vor allem Informatiker oder Netzwerktechniker zu fehlen. Im September hieß es noch, der Verfassungsschutz wolle fast 3000 neue Stellen einrichten, um mit dem BND personell gleichzuziehen.
Ulla Jelpke und die Fraktion Die Linke nahmen den Bericht zum Anlass, einmal bei der Bundesregierung nachzufragen, ob der Spiegel-Bericht über die unbesetzten Planstellen stimmt. In der Antwort wird der Spiegel-Artikel zur Fake News erklärt, stimmt doch alles nicht. Fast würde man den Eindruck erhalten, die Geheimdienste würden ebenso überrannt vor Bewerbern wie die Bundeswehr. Die Antwort der Bundesregierung enthält allerdings keine Zahlen, so dass man der Aussage glauben kann - oder auch nicht:
Die Bundesregierung kann den Artikel des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL vom 08. Dezember 2018 zum Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nicht bestätigen. Das BfV ist eine nationale Sicherheitsbehörde mit hohem Ansehen. Es nimmt eine starke Position in der deutschen Sicherheitsarchitektur ein und steht wegen der weltweit gestiegenen Gefahrenlage im Fokus der Öffentlichkeit. Daher ist das BfV in den Augen vieler Menschen auch als Arbeitgeber eine interessante Bundesbehörde. Das Interesse an den Karrieremöglichkeiten, die das BfV bietet , ist stets hoch.
Bundesregierung
Dass das BfV ein so hohes Ansehen genießt, ist wohl kaum nach den vielen Missständen, die im Rahmen des NSU oder im Fall Amri deutlich wurden, und nach der Entlassung von Maaßen eine überzeugende Behauptung. Auch die AfD, die nach dem Abgang von Maaßen zum Prüffall wurde, ist auf Distanz gegangen. Dass die Bundesregierung so übertreibt, könnte geradezu als Bestätigung des Spiegel-Berichts gesehen werden. Zugegeben wird allerdings, dass es zu wenig Bewerber aus dem MINT-Bereich gibt. Immerhin so viel wird mitgeteilt, dass sich 2018 16.000 Menschen für den BfV und 10.000 für den BND beworben hätten. Die Attraktivität zeige sich auch durch Prämierungen als guter Arbeitgeber oder "auf Kontaktmessen oder in Bewerbungsgesprächen". "Headhunter", wie der Spiegel behauptete, würden nicht eingesetzt, beim BND auch aus Sicherheitsgründen.
Genauere Zahlen über die Personalsituation des BND und des BfV werden zudem geheim gehalten. Es wird wie immer mit schweren Geschützen aufgefahren, wenn gleich wieder die Sicherheit Deutschlands auf dem Spiel stehen soll, um der Öffentlichkeit - dem Souverän und Geldgeber, der mal wieder entmachtet wird - einen Einblick zu verwehren:
Staatliche als auch nichtstaatliche Akteure (könnten) Rückschlüsse auf Personalentwicklung, Modus Operandi, die Fähigkeiten und Methoden des BND ziehen. Eine Offenlegung der entsprechenden Informationen würde die Aufgabenerfüllung des BND beeinträchtigen, was wiederum die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen könnte.
Bundesregierung
Gefragt nach den Gründen für den Personalmangel sieht die Bundesregierung selbstverständlich keine, ist doch alles in Ordnung oder geheim. Zu der Situation in den Landesämtern würden der Bundesregierung keine Zahlen vorliegen, heißt es.
Bekannt wurde nur, dass Stephan Kramer, Präsident des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen, mehr Personal forderte. Der Innenminister (SPD) lehnt das mit Verweis auf die Finanzierung, aber auch den linken Koalitionspartner ab, die Linke, selbst einmal Objekt des Verfassungsschutzes, sperrt sich. Der Innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Steffen Dittes, sagt: "Der Verfassungsschutz ist höchst problematisch, er ist gefährlich. Weil er halt eben auch natürlich angelegt ist, politisch instrumentell zu agieren. Und an anderer Stelle haben wir aber auch ganz praktisch die Erfahrung gemacht, dass er nun wirklich kein Frühwarninstrument ist, um uns vor Gefahren für die Demokratie zu warnen." Die CDU sieht den Verfassungsschutz nicht mehr als arbeitsfähig an.
Die Bundesregierung hält im Übrigen fest an der unter Maaßen beschlossenen Aufstockung des Personals des BfV. Die "Organisationsveränderungen" seien auch vom Bundesinnenministerium gebilligt worden. Der Bundestag entscheide darüber.
Ulla Jelpke kommentiert die Antwort der Bundesregierung: "Mehr als 26.000 Bewerbungen bei den Geheimdiensten des Bundes im Jahr 2018 zeigen, dass es offenbar viele Bürger gibt, die kein Problem damit haben, ihr Geld mit der Bespitzelung ihrer Mitmenschen zu verdienen. Das halte ich eher für erschreckend. Von daher bedauere ich es, dass Verfassungsschutz und BND entgegen anders lautender Meldungen offenbar keine Nachwuchsprobleme haben. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Geheimdienste als unkontrollierbare Fremdkörper in einer Demokratie mangels geeigneter Mitarbeiter dicht machen müssten."