Das Ende der spontanen Fernreisen?

Foto: TP

Belgien führt ein Passenger Tracking System für Reisen per Bahn, Bus und Schiff ein, das auch anderen EU-Mitgliedsländern nahegelegt wird

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Das belgische Parlament hat einem Passenger Tracking System für Reisen per Bahn, Bus und Schiff zugestimmt. Dieses System soll die Daten der Reisenden einsammeln - ähnlich wie das bei Reisen in die USA genutzte und auch im innereuropäischen Flugverkehr geplante System Passenger Name Record (PNR).

Künftig sollen also auch die Betreiber von internationalen Verkehrsmittel zu Land und zu Wasser die Daten ihrer Passagiere einsammeln und die Daten überprüfen lassen, bevor sie einen Fahrschein ausstellen dürfen. Aus dem Fluggastdatensatz würde somit ein universeller Passagierdatensatz. Noch im Dezember hat das belgische Parlament die anderen EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, sich diesem System anzuschließen.

Spontane grenzüberschreitende Reisen mit öffentlichen Verkehrsmittel waren mit der Einführung des Schengen-Raums genauso einfach wie Reisen innerhalb eines EU-Mitgliedsstaates. Mit den Vorschlägen, die sich jetzt kurz vor Jahresschluss im belgischen Parlament durchsetzen konnten, dürfte sich diese Freiheit für die EU-Bürger dem Ende zuneigen. Dies trifft jedenfalls für all die Bürger zu, die es gewohnt sind, mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Fernverkehr zu reisen.

Für deutsche Reisenden nur im Zusammenhang mit Spar- und Online-Tickets gebräuchlich, haben die französischen sowie die belgischen Bahngesellschaften die personengebundenen und reservierungspflichtigen Fahrscheine schon lange eingeführt. In Deutschland steht bis heute zumeist die Flexibilität im Vordergrund.

Einschränkungen hinsichtlich der Flexibilität nehmen die Fahrgäste in Deutschland und der Schweiz nur dann in Kauf, wenn sie dadurch einen erheblichen Kostenvorteil erzielen können. Bei den Fernbussen war die Bus- und Personenbindung der Fahrscheine von Anfang an üblich, auch wenn man bei Verfügbarkeit freier Plätze spontan am Bus noch einen Fahrschein lösen konnte.

Was sagen die großen Fernverkehrsbetreiber zum belgischen Vorstoß?

Die FlixBus-Tickets sind schon jetzt personengebunden. Bei grenzüberschreitenden Verbindungen wird nach Aussage von FlixBus vor dem Einstieg vor dem Einstieg des Fahrgastes geprüft, ob ein gültiges Reisedokument mitgeführt wird und ob der Name in der Buchung mit dem Ausweisnamen übereinstimmt.

FlixBus versteht sich jedoch als Mobilitätsanbieter und nicht als staatlich autorisierte Kontrollinstanz. Man kann und darf weder eine Echtheitsprüfung der Ausweisdokumente vornehmen, noch sieht man sich befugt, eine Überprüfung auf Vorliegen einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung eines Fahrgastes vorzunehmen.

Auch bei der Deutschen Bahn hält sich die Begeisterung über die Initiative des belgischen Parlaments in Grenzen. Ein Bahnsprecher gab zu bedenken, dass ein mögliches belgisches Dekret hinsichtlich eines PNR-Systems weitreichende Auswirkungen auf den Eisenbahnverkehr zwischen Deutschland und Belgien hätte und die Freizügigkeit der Bahn-Kunden infrage stellen würde. Man setze sich bei der Belgischen Staatsbahn und den belgischen Behörden dafür ein, die Freizügigkeit des Reiseverkehrs so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.

Der Druck auf die Bahn-, Bus- und Fährgesellschaften, ihren neuen Meldepflichten nachzukommen, dürfte mit der angedrohten Geldbuße von bis zu 50.000 Euro jedoch gewaltig steigen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass man erwägen könnte, den grenzüberschreitenden Fernverkehr erst einmal auf Eis zu legen.

Dass die Europäer ziemlich verwöhnt sind, was den grenzüberschreitenden Bahnverkehr angeht, darf ein internationaler Fahrgast erleben, der mit der Transmongolia die Grenze zwischen der Mongolei und Burjatien überwinden will. Der Grenzübertritt am Grenzposten von Nauschki erfordert auch heute noch etwa sieben Stunden und schließt eine Sichtkontrolle des gesamten Reisegepäcks ein.

Weitere Einschränkungen im internationalen Bahnverkehr

Während der Bahnverkehr mit dem Eurostar nach Großbritannien schon heute über einen gesonderten, sicherheitsoptimierten Teil des Bahnhofs Buxelles Midi abgewickelt wird, benötigt man für die anderen Fernzüge wie TGV und Thalys zwar personalisierte Reservierungen, der Zutritt zum Zug erfolgt jedoch unkontrolliert. Häufig erfolgt der Zutritt zu den Zügen sogar ausgesprochen chaotisch, weil die Bahnsteige kurzfristig gewechselt werden.

In manchen Fällen wird sogar das Fahrziel des am Bahnsteig stehenden Zuges kurzfristig getauscht und die Fahrgäste, die sich schon in einem Zuge befinden, müssen diesen wieder verlassen. Wie sich das traditionelle Chaos im Brüsseler Hauptbahnhof mit der dort geplanten Sicherheitsoffensive mit Röntgenschleusen, Metalldetektoren und dem verstärkten Einsatz von Kameraüberwachung und Gesichtserkennung arrangieren wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Für den grenzüberschreitenden PKW-Verkehr sind vergleichbare Kontrollen der Passagiere derzeit übrigens nicht in der Diskussion.

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