Das Erkennen von Witzen ist schwere kognitive Arbeit

Neurobiologische Lokalisierung des Humors

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Auch wenn Wissenschaftler herausgefunden haben wollen, dass die Versuchsratten in den Labor, obgleich sie meist nichts zu lachen haben, dennoch dazu fähig seien, sie zumindest derart deutbare Töne produzieren, wenn man sie kitzelt, galt das Lachen stets als mehr oder weniger beachtete Eigenschaft des Menschen (Lachen wie die Laborratten). Bei der Entstehung der Psychoanalyse war für Freud die Analyse des Traums und die des Witzes ein wichtiger Ausgangspunkt. Vom Philosophen Helmuth Plessner wurden "Lachen und Weinen" gar als die herausragende Möglichkeit des Menschseins charakterisiert, weil sie dessen "Exzentrizität" ebenso zum Ausdruck bringen wie das Selbstbewusstsein oder die Sprache. Und dass Lachen gesund sein soll, wurde uns wissenschaftlich auch schon gesagt.

Mit den bildgebenden Verfahren sind Wissenschaftler schon seit geraumer Zeit unterwegs, um den Kontinent im Inneren der Schädelknochen bei bestimmten Aktvitäten zu kartieren. Ebenso wie bei der Kartierung des Genoms ist zwar die räumliche Vermessung eine wichtige Grundlage, interessant wird es aber erst wirklich dort, wo die Karte mit Funktionen verbunden werden kann.

Kanadische und britische Wissenschaftler haben jetzt bei 14 rechthändigen Versuchspersonen fMRI eingesetzt, um herauszubekommen, welche Gehirnareale bei Witzen aktiv sind. Mit der funktionalen Kernspin-Tomographie (fMRI), bei der die Versuchsperson in einem starken Magnetfeld liegt und die Ausrichtung der Wasserstoffatome im Körper mit Radiowellen gemessen werden, können Veränderungen des Sauerstoff- und Glukoseverbrauchs über den Blutfluss erfasst werden. Wo mehr Sauerstoff und Zucker verbraucht wird, so die Annahme, finden bestimmte kognitive Leistungen statt.

"Humor", so schreiben die Wissenschaftler in "The functional anatomy of humor: segregating cognitive and affective components" (Nature Neuroscience 4/3 - März 2001), "ist eine für den Menschen einzigartige Eigenschaft und wichtig für das Denken, die Kommunikation und die soziale Interaktion. Erfolgreiche Witze beinhalten eine kognitive Überlagerung mehrerer mentaler Rahmen, worauf ein affektives Gefühl des Vergnügens erfolgt." Natürlich kann rein mit einer Lokalisierung der an der Erkennung von Witzen beteiligten Areale nicht gesagt werden, warum wir darüber lachen. Den Wissenschaftlern ging es daher auch eher um die Identifizierung der Areale, die an verschiedenen Witzarten beteiligt sind, und um die Frage, ob bei allen Witzen, die als solche wahrgenommen werden, derselbe Ort des Vergnügens aktiv ist.

Den Versuchspersonen wurden 30 unterschiedliche semantische Witze und Wortspielereien erzählt. Semantische Witze wie: "What do engineers use for birth control? ... Their personalities" oder Wortspielereien wie: "Why did the golfer wear two sets of pants? ... He got a hole in one" wurden den Versuchspersonen in zufälliger Folge erzählt, allerdings sollten sie nicht lachen, solange sie sich im Scanner befanden, und erst danach angeben, ob sie die Witze als lustig empfunden haben. Lachen und Messen gehen halt nicht gut zusammen. Zur Kontrolle wurden dieselben Fragen mit einer nicht witzigen Antwort gestellt, beispielsweise kommt bei den Ingenieuren die Antwort: Mit der Pille.

Offensichtlich sind Witze eine schwere kognitive Leistung, denn die Versuchspersonen benötigen für die Reaktion auf diese länger als auf die normalen Fragen und Antworten. Die Art der Witze spielte allerdings dabei keine Rolle. Verarbeitet wurden, vergleicht man beide Witzarten direkt miteinander, jedoch die semantischen Witze eher im linken Gyrus temporalis medius und im rechten Gyrus temporalis inferior, während die Lateralisierung bei den Wortwitzen genau umgekehrt war.. Dass der rechte Temporallappen bei der Verarbeitung semantischer Witze eine Rolle spielt, steht in Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen, die feststellten, dass dieser Bereich beim Erkennen von weniger wahrscheinlichen Wortbedeutungen eine wichtige Rolle spielt. Insgesamt würde bei der semantischen Überlagerung ein bilaterales Netzwerk im Temporallappen verwendet, während bei phonologischen Überlagerungen eher ein Netzwerk in der linken Hirnhälfte aktiv sei, das mit den Arealen der Sprechkompetenz zu tun habe.

Um die affektive Komponente unabhängig von der Art der Witze zu isolieren, wurden die Areale, die aktiv bei den Witzen waren, die von den Versuchspersonen als lustig beschrieben wurden, mit denjenigen verglichen, die aktiv bei den nicht als witzig bezeichneten Sätzen waren. Dabei stellte sich heraus, dass Bereiche des mittleren präfrontalen Kortex und des Cerebellum aktiv waren, die angeblich auch das Verhalten steuern, das auf Belohnung reagiert und als zentrales System gilt. Die Stärke der Reaktion in diesem "Lustzentrum" hing mit der Höhe der Bewertung der Witze zusammen.

Und jetzt warten wir nicht nur auf den ersten Computer, der nicht bloß erkennen kann, wenn Menschen lachen, sondern auch selbst bei Witzen Vergnügen empfindet, beispielsweise wenn sein Kollege auf der berühmten Bananenschale ausrutscht. Vielleicht geht es dann mit der künstlichen Intelligenz sprunghaft nach oben, wenn sie auch mal ausrasten darf.