Das Establishment hinter den Rechtspopulisten

Seite 3: "Er will, dass alles in sich zusammenfällt"

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Hinzu kommt seine Unfähigkeit, soziale Beziehungen einzugehen. Er gilt als ein Misanthrop, der keinen Blickkontakt aufrecht erhalten könne und die Nähe von Katzen der Nähe von Menschen vorziehe. Bei seiner Übernahme des CEO-Postens von Renaissance soll er seinen Angestellten mitgeteilt haben, dass er froh wäre, "durchs Leben zu gehen, ohne irgendetwas zu irgendwem sagen zu müssen". Mitarbeiter haben gegenüber dem New Yorker erklärt, dass für Mercer die Gesellschaft und die Menschen an und für sich keinen Wert haben:

"Bob glaubt, dass menschliche Wesen keinen inneren Wert haben als den, welcher durch ihr Einkommen ausgedrückt werde. Eine Katze hat Wert, weil sie den Menschen Vergnügen bereite. Aber wenn jemand auf Stütze angewiesen sei, dann habe er einen negativen Wert. Wenn er tausendmal mehr verdiene als ein Schullehrer, dann ist er auch tausendmal mehr wert. Er denkt, die Gesellschaft steht derzeit auf dem Kopf, weil die Regierung den Schwachen helfe, stark zu werden, und die Starken schwach mache, indem sie ihnen Geld durch Steuern wegnehmen."

Mercer, der sein Geld schnell durch Finanzmarktspekulationen gemacht hat, habe keine richtige "Beziehung zur Gesellschaft", erklärte die Quelle gegenüber dem New Yorker. Ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter erklärte, dass es letztendlich eine implizite apokalyptische Todessehnsucht sei, die Steve Bannon und Robert Mercer so gut harmonieren lässt:

"Bob denkt, je weniger Regierung, desto besser. Er freut sich, wenn die Leute der Regierung nicht trauen. Und wenn der Präsident ein Spinner ist? Er findet das total gut. Er will, dass alles in sich zusammenfällt."

Damit befindet sich der Finanzoligarch ganz auf der Linie des Rechtsextremisten Bannon, der ebenfalls ein reinigendes Stahlgewitter herbeisehnt, in dem die dekadente US-Gesellschaft durch Blut, Schweiß und Tränen geläutert werde.

Und selbstverständlich handelt es sich bei diesen brandgefährlichen rechten Fieberträumen, diesem "wenn auch alles in Scherben fällt", nur um den ideologischen Fallout des eingestandenen Krisenprozesses, in dem sich der Spätkapitalismus befindet. Der Faschismus als Krisenideologie kommt gerade in solchen Subjekthülsen wie Mercer und Bannon zu sich selbst.

Die dem widerspruchszerfressenen Kapitalverhältnis innewohnenden autodestruktiven Tendenzen, die in der gegenwärtigen Krise zunehmen, beseelen auch dessen innerlich ausgebrannte Charaktermasten, die als hohle Subjekte den Automatismus uferloser Akkumulation auf den Finanzmärkten optimieren. Das große schwarze Loch im Inneren, Spiegelbild der seelischen Verheerungen, die den Subjekten die leere Realabstraktion Wert zugefügt hat, soll im Tod überwunden werden. Die Gesellschaft jenseits des Werts ist wertlos, sie kann weg. Bevor das Kapital überwunden wird, soll lieber die Welt vergehen. Das ist die innere Irrenlogik des Faschismus des 21. Jahrhunderts.

Robert Mercer ist eines der seelenlosen Maschinenmonster, die der Spätkapitalismus an der Nahtstelle zwischen IT-Industrie und Finanzmärkten hervorbringt. Ein megareicher und innerlich ausgebrannter Mann, voller Hass auf alles, was nicht Wert ist: Dies ist die Geldbasis des neuen amerikanischen Rechtsextremismus. Seine Todessehnsucht speist sich aus den unerträglich zunehmenden Widersprüchen des Spätkapitalismus. Die Antwort des Faschismus auf diese Widersprüche ist aber nicht der Kampf um die Überwindung des Kapitals, sondern letztendlich die Flucht in den Tod als Erlösung: Das "Viva la Muerte" des spanischen Faschismus machte dies noch explizit.

Ähnlich verhält es sich mit dem Todeskult des Islamismus als einer dem islamischen Kulturkreis eigenen Form von Klerikalfaschismus. Gerade dieser Todeskult bringt Bannon und Mercer auf einen Nenner - sie sind die Taliban der Main- und der Wall Street.