Das Kapitel Linux ist abgeschlossen
Mein erstes Linux oder: Als eine Glosse zur Posse wurde
Zwei vergebliche Versuche, Linux neben Windows 98 auf der gleichen Festplatte zu installieren, scheiterten bislang ( Mein erstes Linux . Teil 1 und SuSE bitte melden. Teil 2). Die Expertenmeinungen im Telepolis-Forum gehen in der Beurteilungen weit auseinander. Neben nützlichen Analysen und Ansichten gab es aber auch Unterstellungen, dass Linux letztlich nur schlecht gemacht werden sollte. Glaubenskriege zwischen verschiedenen Betriebssystemen halte ich für überflüssig, Monopolstellungen ebenso. Sie müssen sich nur allen Usern erschließen können und nicht nur einer elitären Gruppe von Cracks. Bei mir stand - wie bei sicher vielen Alltagsusern auch - lediglich ein großes Interesse an Linux im Vordergrund der Installation im Selbstversuch. Es war und bleibt nicht die Absicht, SuSE und Linux in irgendeiner Weise zu diskreditieren. Deshalb nun der dritte und ganz bestimmt vorerst letzte Versuch. Über Unterstellungen, die deutlich unter die Gürtellinie zielten, sei an dieser Stelle einmal hinweg gesehen.
"Das Installationsprogramm YaST2 bietet Ihnen den einfachen Einstieg in die "Linux-Welt". Mit YaST2 installieren Sie ein voll funktionsfähiges Linux-System, in dem Sie sich zuerst einmal mit SuSE Linux vertraut machen können. Alle notwendigen Tools und Hilfen sind hier für Sie bereitgestellt. Sie müssen Ihr Linux-System nicht schon bei der Erstinstallation komplett konfigurieren. Gehen Sie ganz einfach Schritt für Schritt vor, je vertrauter Sie sich mit Ihrem neuen Betriebssystem machen. Sie brauchen jetzt neben den SuSE Linux CDs und der Bootdiskette noch zwei leere Disketten. Diese werden eventuell bei der Installation benötigt. Also, fangen wir an..." (Zitat aus dem SuSE Quick Install Manual)
Geringfügig geänderter Versuchsaufbau
Der Laienversuchsaufbau bleibt unverändert, immer noch der gleiche Computer mit den beiden Monitoren steht bereit. Die wohlerzogene Katze gibt es auch noch - die nagt nämlich keine Kabel an und meine Frau hat auch nicht die Absicht, sich wegen meiner langen Computersessions scheiden zu lassen. Vor der Tastatur sitzt ebenso der gleiche - wenn auch inzwischen deutlich gealterte User. Neu eingebaut wurde eine zweite Festplatte, denn nach einhelliger Berateransicht verspricht die Installation auf einer eigenen Festplatte einen relativ sicheren Erfolg. Die Seagate-Platte hat eine Kapazität von 1.2 GByte und sollte für eine Basisinstallation von Linux reichen.
Doch wieder einmal schlägt der Fehlerteufel dem unbedarften User ein Schnippchen, denn es lassen sich aus irgendwelchen Gründen nur 500 Mbyte ansprechen. Egal wo der Fehler liegt, nun platzt dem User an diesem Tag zum ersten Mal der Kragen, also wird der Computer geschnappt und bei einem PC-Fachhändler der Einbau einer zweiten Festplatte in Auftrag gegeben. So ganz nebenbei erwähne ich die bislang vergeblichen Installationsversuche von Linux, doch das hätte ich besser bleiben lassen sollen. Denn was ich nun zu hören bekomme, macht mir wirklich Mut zum weiteren Selbstversuch: "Hör bloß auf mit Linux! Ich saß mal sechs Stunden davor und danach habe ich die CD-ROM durchgebrochen und Linux nie wieder angerührt. Das gleiche kannste mit jeder AOL-CD machen".
Weil er nicht so viel Zeit hat, kann ich den Rechner mit der neuen 20 Gbyte-Festplatte von Maxtor erst am späten Nachmittag abholen. Also habe ich genug Zeit, dieses sehr persönliche Fazit zu verdauen und neue Kräfte zu sammeln. Ich lade mich zu einem Kaffee bei jemandem ein, der mit Computern nichts am Hut hat und unterhalte mich mal wieder ganz normal über die Dinge des Alltags. Beim Abholen des Rechners rät mir der PC-Fachmann noch einmal entschieden von diesem "Freaksystem" ab. Er hat mal in einem Forum zum Wettstreit aufgerufen, denn er war sich sicher, dass er "in der gleichen Zeit fünf Windows-Systeme installieren könne, während der Linux-User sicher immer noch am Basteln des ersten sei. Doch diese Typen hätten vor einem Wettstreit gekniffen."
Multilinguales Linux gesichtet
Macht echt Mut, wenn man so etwas vorher hört. Nicht gerade ermuntert baue ich den Rechner auf und stöpsele alle Kabel ein. Rituell wird der Aschenbecher gesäubert, denn ich richte mich auf einen langen Abend ein. Doch vorweg sichere ich die Daten der alten "D-Partition" auf das letzte Laufwerk, denn die Partition "D" befindet sich ja auf der neuen Festplatte. Hier lagen alle meine Texte und fast sämtliche Programminstallationen. Mit diesen Sicherungsmaßnahmen kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Alles andere geht inzwischen flott zur Hand, denn das Bios habe ich ja nun schon mehrfach auf Booten von CD-ROM eingestellt. YaST2 ist mir inzwischen richtig vertraut und schon geht es los. Alle Hürden sind schnell genommen und endlich werden beide Festplatten angezeigt. Ich wähle die neue Festplatte, klicke auf Neuinstallation und bestätige, dass Windows gelöscht werden kann. Was immer sich auf der Festplatte befindet, es ist mir jetzt egal. Sorgen mache ich mir an dieser Stelle wirklich nicht.
Der Rest ist eigentlich schnell geschildert, ich wähle keine Standard-Installation, sondern beschließe, gleich alles außer der Entwicklerumgebung auf die noch leere Festplatte zu installieren. YaST2 meldet auch stolze 681 Software-Pakete, die fortan auf die Platte geschoben werden. Bei über zwei GByte Daten schaue ich nur am Anfang zu und bin doch ziemlich erstaunt, denn trotz Auswahl der Benutzersprache "Deutsch" wird Linux zu einem multilingualen System aufgebaut. Neben englischer Sprachunterstützung und diverser Wörterbücher sehe ich noch Tschechisch, Holländisch, Französisch und selbst ein Hinweis auf eine chinesische Sprachunterstützung blinkt auf. Angesichts dieser Sprachenvielfalt beschließe ich, mich zwischendurch dem Abendessen zu widmen.
Bootdiskette, das erste Einloggen und kuriert von Linux
Jeder Anfänger würde natürlich fragen, was eine Bootdiskette ist, doch ich habe natürlich zwei Disketten vorab formatiert und schiebe diese auf Anforderung nach etwa 50 Prozent der Linux-Installation in das Diskettenlaufwerk. Eigentlich ist es mir ganz recht, dass Linux nichts in den Bootsektor meiner Windowsplatte schreibt und das neue Betriebssystem von der Diskette starten wird. Die restlichen 50 Prozent der Installation vergehen schließlich auch und ich darf mich endlich das erste Mal in "Mein Linux" einloggen. Als grafische Oberfläche bietet sich KDE an und macht mich ziemlich neugierig auf das System. Als "Schreiberling" möchte ich mir dann natürlich die Textverarbeitung ansehen, denn mit einem Vorläufer von StarOffice habe ich kurzzeitig zu meiner Atari ST-Zeit gearbeitet. Doch schon wieder macht sich Enttäuschung breit, denn Star-Office muss auch noch installiert werden und will etwa 220 MByte auf die Festplatte schreiben. Nett - aber inzwischen ziemlich ungeduldig bestätige ich alle Eingaben und lasse die Installation zu.
Linux soll neu gestartet werden, wird von mir verlangt, doch oh Schreck, statt mich kurz abzumelden, habe ich aus lauter Windows-Gewohnheit das System geschlossen und der PC fährt herunter und schaltet sich schließlich ab. Dieser Fehler hätte mir wirklich nicht passieren dürfen, denn nun tritt eine Verkettung unglücklicher Umstände auf, die mich endgültig von Linux kurieren. Eigentlich mache ich mir keine Sorgen, denn die Boot-Disk steckt ja noch im Diskettenlaufwerk und schon kann es mit einem Knopfdruck ruckzuck zu Linux zurückgehen.
Weit gefehlt mit dieser Annahme, denn auf beiden Bildschirmen (!) erscheint eine Kette von 01 01 01, die sich endlos fortsetzt. Von einem Booten kann ich auch nach einer Minute geduldiger Wartezeit nichts merken. Also noch einmal den Reset-Knopf gedrückt, doch das Ergebnis auf dem Bildschirm bleibt gleich. Aus irgendeinem Grund ist die Boot-Disk im Eimer und ich bin zum zweiten Mal an diesem Tag stinksauer. Unter Windows will ich mir die Disk einmal näher ansehen, also kurz das Booten von CD-ROM im Bios wieder geändert und schon startet Windows.
Ich werde sauer und die Linux-Installation wird wiederholt
Das Unglück nähert sich langsam aber unaufhaltsam, denn beim Betrachten im Arbeitsverzeichnis fehlt mein Laufwerk "H" und genau hier habe ich meine Sicherheitskopien ausgelagert. Alles ist weg, doch ein Blick auf das Laufwerk "D" bringt sofort Entwarnung, denn hier liegen alle Daten unberührt. Also hat sich Linux nur das letzte Laufwerk gekrallt. Auf der Boot-Disk kann Windows nichts anzeigen, also ein weiterer Versuch mit der Boot-Disk, die dem Linux-Paket beiliegt. Doch die startet abermals nur YaST2 und will mit einer Installation beginnen.
Nach meiner Logik bleibt mir nichts anderes übrig, denn wie soll ich sonst wieder eine Boot-Disk erstellen können. Mittlerweise ist es kurz vor Mitternacht und ich lasse eine weitere Installation zu. Wieder die Frage nach der Festplatte, abermals die neue ausgewählt, doch nun werde ich gefragt, ob die Daten in den diversen Linux-Verzeichnissen gelöscht werden können. Was soll ich schon damit, also bestätigt und nur noch eine Standard-Installation mit StarOffice gewählt. Nun sind es nur noch knapp 500 Software-Pakete, die auf die Festplatte geschaufelt werden sollen.
Dann die entscheidende Stelle: Ich darf wieder eine Bootdiskette anfertigen lassen. Erleichtert sehe ich die Meldung, dass dieser Vorgang abgeschlossen ist und schon geht es mit dem Einlegen der zweiten CD-ROM der Vollversion weiter. Wieder sehe ich KDE, doch diesmal interessiere ich mich nur für das Booten von Linux. Also abgemeldet und den Rechner heruntergefahren, doch abermals tauchen diese Zahlenkolonnen von "01 01 01" auf. Zu meiner Überraschung sehe ich beim erneuten Booten, dass kurz vor dieser Zahlenkolonne noch ein "L" steht.
Kurz vor zwei Uhr Nachts entschließe ich mich, Feierabend zu machen und lasse schnell noch Windows starten. Mit frischen Kräften am Morgen geht bestimmt alles besser, denke ich mir und will noch schnell meine Emails abholen. Doch nichts geht, denn alle Daten auf dem ehemaligen Laufwerk "D" entsprechen dem Nachfolgelaufwerk. Kurzum, Linux hat sich beim 2. Versuch neben dem Laufwerk "H" auch noch das "D" gekrallt und kontrolliert inzwischen die gesamte neue Festplatte.
Absolut sauer gehe ich lieber ins Bett, bevor ich meinem Computer etwas antue. Noch beim Einschlafen denke ich mir, dass man doch irgendwie an Linux herankommen und mit viel Glück die Daten noch retten kann. Und selbst wenn nicht, zum Glück habe ich ja noch ein drei Tage altes Backup der Daten. Lediglich die Programme müssen neu installiert werden - wieder einmal.
Der Tag der Entscheidung
Wie eine Katze um den heißen Brei meide ich das Arbeitszimmer mit dem angeblichen Linux/Windows-Rechner. Die Sonne scheint und was könnte man alles an so einem schönen Tag anstellen, doch das Problem schafft sich nicht selbst aus der Welt. Beim dritten Kaffee fällt mir ein, dass ich irgendwo während der Installation, die ich mal abgebrochen habe, auch ein Menüpunkt "System booten" gesehen habe. Also ran an den Rechner und richtig, nach kurzer Zeit finde ich den Punkt. Wenn ich "hdd3" eingebe, wird wirklich KDE gestartet. Ich untersuche die Menüpunkte, finde abermals eine Stelle mit Booteinstellungen und hier darf ich sogar eine Boot-Diskette erstellen. Ich hole eine dritte Diskette hervor, formatiere sie auf dem Rechner meiner Frau und lasse den Bootsektor schreiben.
Es reicht, auch mit der dritten Diskette bootet Linux nicht. Damit ist meine Geduld und mein Ehrgeiz endgültig erloschen. Linux und ich werden fortan getrennte Wege gehen. Es ist mir absolut egal, ob die Fehler an der Hardware, der Software oder an mir liegen: Linux wird noch heute von der Platte gelöscht.
Lasst mich bloß mit Linux in Ruhe
Ein paar ewige Besserwisser werden sich jetzt abermals bestätigt fühlen, doch für mich gibt es keine Diskussion mehr. Es wird kaum jemanden in naher Zukunft geben, der mich überzeugen kann, mich noch einmal mit Linux zu beschäftigen. Es sei denn, mir wird ein Notebook mit Windows für die Experimente zur Verfügung gestellt.
Ganz besonders Schlaue werden SuSE die Schuld geben, ich werde mich dieser Einstellung nicht anschließen, denn was mir passiert ist, hat schlicht und ergreifend etwas mit Schicksalsfügungen zu tun. Linux mag mich nicht und ich habe mein echtes Interesse an diesem Betriebssystem endgültig verloren. Ich denke auch nicht, dass ich mich besonders ungeschickt angestellt habe oder, wie manche sogar meinten, einen DAU-User simuliere. Nein, es war einfach Pech. Wahrscheinlich sind alle drei Disketten defekt und ich habe voreilig an der falschen Stelle den Knopf zum Bestätigen gedrückt.
Dennoch habe ich meine Hochachtung vor den Linux-Usern nicht verloren, denn nach den vielen Diskussionsbeiträgen im Forum weiß ich, dass alle mit kleineren oder größeren Problemen zu kämpfen hatten. Gleichwohl frage ich mich auch, ob alle Linux-Installationen mit irgendwelchen kleineren oder gar größeren Macken laufen? Diese Frage hat nichts mit meinen gesammelten Erfahrungen zu tun, sondern ist ein Fazit der Forumsbeiträge. Immer wieder wurde dort von nicht vollständigen Installationen berichtet, mal lief ein Drucker noch nicht oder der Scanner war einfach nicht einzubinden. Schuld sind natürlich die Hersteller, denn die liefern keine Treiber mit. Oder ist es doch der Kunde, der sich vorab informieren sollte, welche Zusatzhardware von Linux unterstützt wird? Wie auch immer, mich interessiert nicht die Schuld oder Unschuld: Das Kapitel Linux ist für mich abgeschlossen.