Das erfolgreichste Tier der Welt

Seite 2: Krill im Klimawandel

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Ein Hauptantrieb des antarktischen Klimas ist die El Niño-Southern Oscillation (ENSO), die vor allem für ihren Einfluss auf das Klima des äquatornahen Pazifikraums bekannt ist. Für die Süd-Shetlandinseln beispielsweise haben Wissenschaftler gezeigt, dass ENSO die Produktivität des Gebiets innerhalb eines Jahres und zwischen den Jahren stark schwanken lassen kann.

Die durch ENSO hervorgerufenen Änderungen der Wassertemperatur verursachen unter anderem auch Schwankungen in der Phytoplankton-Produktion, der Hauptnahrung des Krills. Klimatische Effekte beeinflussen das Nahrungsnetz. Jedes trophische Level reagiert beispielsweise durch Veränderungen der Fress-, Fortpflanzungs- und Verhaltensgewohnheiten. Durch Überlagerung mit dem örtlichen Klima entstehen komplexe Muster, deren Deutung erst am Anfang steht.

Antarktika-Mosaik aus Satellitenfotos. Bild: Dave Pape/Nasa/gemeinfrei

Anfang der 1990er Jahre hatten Meereswissenschaftler einen stetigen Rückgang des Antarktischen Krills festgestellt - einige Schätzungen gehen von 80% seit den 1970er Jahren aus. Dieser Rückgang wird mit den steigenden Lufttemperaturen in der Antarktis und der damit einhergehenden Abnahme der Meereisbildung in Zusammenhang gebracht, wonach ein Rückgang des Umfangs der Eisbedeckung und ihrer Dauer auch den Lebensraum des Krills sowie seine Häufigkeit einschränken wird.

Doch zumindest seit Ausgang der 1970er Jahre ist die Eisbedeckung in der Antarktis je nach vorherrschender Jahreszeit relativ stabil geblieben. Gleichwohl sind starke örtliche Schwankungen bekannt, wie etwa auf der westlichen Antarktischen Halbinsel.

Angesichts des postulierten weltweiten Klimawandels rätseln Wissenschaftler seit Jahren, was genau das antarktische Eis vor dem Schicksal seines Gegenstücks auf der nördlichen Halbkugel bewahrt. Verschiedene Theorien sind in Umlauf. Eine mögliche Erklärung lieferten 2016 NASA-Wissenschaftler, nach denen geologische Faktoren wie die antarktische Topographie und das Tiefenprofil des Südlichen Ozeans Winde und Strömungen beeinflusst, die die Entwicklung des Antarktischen Eisschilds prägen.

Geoengineering: Krill als Pumpenwart

Dem Krill wird eine bedeutende Rolle als biologische Kohlenstoffpumpe zugesprochen - vielmehr seiner Fähigkeit zur Produktion von sogenanntem Meerschnee: Da seine Verdauung nicht sehr effizient ist, gelangen beträchtliche Teile unverdauter Algen über Kotfäden und Auswurf in die Tiefe, wo der darin enthaltene Kohlenstoff über 1000 Jahre zwischengeparkt wird. Doch noch ist recht wenig über diesen Teil des Kreislaufs bekannt.

Geo-Ingenieure trauen dem Krill unterdessen eine Schlüsselrolle beim Kampf gegen den Klimawandel zu. Sie wollen den Einöden der offenen Ozeane zu einem Produktivitätsschub verhelfen. Zuerst ließe sich der Krillbestand des Südlichen Ozeans durch Eisendüngung vervielfachen, mit der sich Algenblüten bei seiner bevorzugten Nahrung - dem Phytoplankton - provozieren ließen. Der so hinzugewonnen Krill wird anschließend püriert und den nährstoffarmen Gebieten der zentralen Ozeane als Nährstoffquelle zugeführt. Diese wiederum könnten dann mit Krillarten gemäßigterer Zonen bevölkert werden, die das neu entstehende Phytoplankton vor Ort abweiden und dann zum größten lebenden Kohlenstoffspeicher des Planeten würden. Getrockneter Krill könne außerdem zu Pyrolyseöl für Kraftwerke verarbeitet werden, mit deren Abgasen dann Algenteiche zur Kraftstoffproduktion aus Mikroalgen begast werden könnten.