Das falsche Versprechen ukrainischer Erfolge
Ukrainische Gegenoffensive im Raum Kursk: Mehr Schein als Sein? Die Erfolge erweisen sich als Ergebnis geschickter Kriegspropaganda.
"Der Krieg ist ein Chamäleon."
Clausewitz
Die Illusionsmaschine der Kriegs-PR läuft an der ukrainischen Front weiterhin auf vollen Touren. Bei den Erfolgen der ukrainischen Gegenoffensive in den vergangenen vier Wochen im Raum Kursk handelt es sich vor allem um Erfolge der Propaganda. Zu diesem Schluss kommt jetzt auch ein Artikel im US-Polit-Magazin Foreign Affairs, der sich hauptsächlich mit den Gegenschlägen aus der Luft befasst.
Es ist schwierig, das Kriegsgeschehen zu wenden.
Der Autor Stephen Biddle, Professor für internationale und öffentliche Angelegenheiten an der Columbia University, schlägt einen grundsätzlich skeptisch-realistischen Tonfall an. Er schreibt:
Die jüngsten Vorstöße der Ukraine in der russischen Region Kursk zeigen, wie schwierig es ist, das Kriegsgeschehen zu wenden. Die Ukraine griff einen ungewöhnlich schlecht vorbereiteten Abschnitt der russischen Front an, so dass die ukrainischen Streitkräfte schnell Boden gewinnen konnten.
Mit dem Eintreffen russischer Reserven hat sich der ukrainische Vormarsch jedoch verlangsamt, und es scheint unwahrscheinlich, dass die Ukraine einen größeren Durchbruch erzielen wird. Die bescheidene Einnahme von russischem Territorium könnte die Verhandlungsposition der Ukraine stärken, den russischen Druck auf die ukrainische Verteidigung im Donbass verringern oder den russischen Präsidenten Wladimir Putin politisch schwächen, aber es ist unwahrscheinlich, dass sich das militärische Bild wesentlich ändert.
Auch andere Militärexperten unterstützten diese Sichtweise. Der tatsächliche Nutzen der ukrainischen Offensive sei über den momentanen Prestigegewinn hinaus gering.
Die unzureichende Ausbildung der ukrainischen Truppen
Was die grundsätzliche Beurteilung betrifft, verweist Biddle auf den Sommer vor einem Jahr und das für viele im Westen enttäuschende Ergebnis der lange angekündigten ukrainischen Gegenoffensive. Damals habe das ukrainische Militär keine Fähigkeit gezeigt, seine Kräfte in dem für einen entscheidenden Durchbruch erforderlichen Umfang zu koordinieren. "Waffen mit größerer Reichweite würden diese Koordinierung noch komplizierter machen."
Viele US-Offiziere waren damals überzeugt, dass das Problem in der unzureichenden Ausbildung der ukrainischen Truppen liege. "Wie dem auch sei, es gibt wenig Grund zu der Annahme, dass eine dynamische, großangelegte Integration von Tiefschlägen und Nahkampf für die Ukraine heute praktikabler wäre als eine einfachere Version vor einem Jahr."
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Gegen neue Waffen und die Ausweitung der Einsatzerlaubnis
Was bringen nun neue Waffensysteme? Biddle zeigt in einem Überblick der Geschichte des Einsatzes von Präzisionsbombenkampagnen seit Anfang der Neunziger Jahre in Jugoslawien, dem Irak, Libyen und in Afghanistan, dass diese kaum je wesentlichen Einfluss auf den Kriegsverlauf hätten.
Es könne der Moral der Ukraine helfen, wenn umfassendere Tieffliegerangriffe Erfolg hätten. Aber das werde die militärische Situation vor Ort nicht verändern. Vielmehr sollte man sich, so Biddle, aufseiten des Westens genau fragen, "ob der bescheidene militärische Nutzen das Eskalationsrisiko wert ist." Biddle rät davon ab, die Beschränkungen für die Waffeneinsätze der Ukraine aufzuheben. Das Ergebnis werde ohnehin "keine entscheidende Änderung des Kriegsverlaufs mit sich bringen."