Das unsägliche Elend der Public-Private Partnerships (PPP)

Seite 3: Alle Rechnungshöfe halten PPP-Projekte für wirtschaftlichen Unfug

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ÖPP ist ein Paradebeispiel für erfolgreiche Lobbyarbeit auf Kosten der Steuerzahler und der öffentlichen Haushalte. Dabei treffen kurzfristige Interessen der Lobbyarbeit auf ebenso kurzfristige Interessen der herrschenden Politik. Ohnehin ist der "kurze Atem" das Charakteristikum aller Politik in entwickelten repräsentativen Demokratien.

Der große Vorteil aus Sicht der gegenwärtig regierenden Politik ist es, dass die ihre Projekte jetzt bekommt und die Lasten der Finanzierung erst in der Zukunft eintreten. Nach demselben Muster hat die Politik der demokratisch gewählten Repräsentanten die Bestandsverschuldung des Bundes auf über zwei Billionen Euro hochgetrieben und macht nun unbeirrt weiter wie bisher.

Zuletzt wiederholte der Bundesrechnungshof 2014 in einem Bericht für den Haushaltsausschuss des Bundestags seine Erkenntnis, dass die öffentlich-privaten Partnerschaften sich für die öffentliche Hand überhaupt nicht rechnen.

Bei genauem Hinsehen stellten die Prüfer des Bundesrechnungshofs ernüchtert fest, dass die Zahl der Fehlschläge ungefähr genauso groß ist wie die Zahl der Projekte. Die Mehrkosten für die Bürgerinnen und Bürger gehen in die Milliarden: Fünf von sechs Projekten verursachen Mehrkosten von über 1,9 Milliarden Euro. Das Geld hätte man sparen können, wenn man die Projekte rein öffentlich umgesetzt hätte. Ihre Trickserei lassen sich die politischen Repräsentanten also auch noch teuer von den Steuerzahlern bezahlen.

So war etwa beim Ausbau der A1 die ÖPP-Variante nicht, wie das Bundesverkehrsministerium behauptete, um rund 40 Prozent günstiger als die konventionelle Finanzierung, sondern um 28 Prozent teurer, wie der Bundesrechnungshof konstatierte. Beim Ausbau der A4 an der Landesgrenze von Hessen nach Thüringen sprach man von einem Kostenvorteil von knapp 32 Prozent. Die Prüfer allerdings kamen auf ein Minus von 12,4 Prozent.

Die offiziellen "Berechnungen" der Ministerien und der privaten Investoren sind nichts als besonders eindeutige und schlampige Formen der Schönrechnerei.

Tatsächlich berichten der Bundesrechnungshof und die Rechnungshöfe der Länder seit 2006 praktisch jedes Jahr über diese milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern. Doch die Politik ist dagegen völlig erkenntnisresistent. Sie ignoriert die Berichte der Rechnungshöfe. Die Eigendynamik demokratischer Entscheidungs- und Verschleierungsprozesse ist stärker als die Stimme der haushaltspolitischen Vernunft.

In Großbritannien hat selbst die Politik inzwischen erkannt, dass die meisten PPP-Projekte viel zu teuer sind. Also wollte Anton Hofreiter, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, von der Bundesregierung in einer Anfrage wissen, welche Schlussfolgerungen sie daraus zieht.

Antwort der Bundesregierung: "Keine".

Und welche Schlussfolgerungen, wollte Hofreiter weiter wissen, zieht die Regierung daraus, dass es "keine empirische Evidenz" dafür gibt, dass ÖPP-Projekte kostengünstiger als konventionelle Vergabeverfahren sind?

Antwort der Bundesregierung: "Keine".

Welche Konsequenzen, fragte Hofreiter, zieht die Regierung daraus, dass die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei ÖPP-Projekten "sehr manipulationsanfällig" sind.

Antwort der Bundesregierung: "Keine".

Warum Bund, Länder und Gemeinden trotz allem an dem umstrittenen Modell festhalten, lässt sich nur noch mit haushaltstechnischen Fehlanreizen erklären: Im traditionellen Verfahren müssten die Kredite für ein Projekt sofort als Schulden verbucht werden, bei der ÖPP fällt jährlich nur die Rate an den privaten Partner an. Die Schuldenbremse wird so wirksam umschifft.

Darüber hinaus sind die PPP-Projekte unsinnig, weil bei ihnen die Kontrolle durch Kämmerer und Haushaltspolitiker wegfällt. Ihren Job machen ja nun die privaten Investoren. Und die sind wahre Künstler des hohe Gewinne verheißenden kreativen Schönrechnens. Die Projekte helfen so Politikern, sich Infrastruktur-Denkmäler aus Stein und Beton zu errichten, die bei konventioneller Finanzierung am Widerstand der Kämmerer und Haushaltspolitiker gescheitert wären.

Im Effekt werden mit den Gewinnen der PPP-Projekte die privaten Taschen gefüllt. Mit den Gewinnen der privaten Unternehmen steigt auch die Verschuldung der öffentlichen Hand, und es steigen die Preise und Gebühren für die Bürger.

PPP stellt eine verdeckte Privatisierung öffentlicher Aufgaben dar, deren höhere Kosten sich auch durch fiskalische Tricks wie Schattenhaushalte auf Dauer nicht verbergen lassen. Sie ist ein Raub am Gemeineigentum, ein Ausverkauf der Zukunft und eine Bankrotterklärung der demokratischen Politik. Den Konzernen und Banken sichern die Partnerschaften zwischen privaten Investoren und der öffentlichen Hand jahrzehntelang üppig fließende Pfründe auf Kosten der Steuerzahler.

Die Lobbyisten locken mit Wirtschaftlichkeitsvergleichen, die Kosteneinsparungen von bis zu 25 Prozent ausweisen. Doch die angeblichen Effizienzvorteile sind reine Luftnummer, in denen lauter Kaiser ohne Kleider umherwandeln.

Die privaten Investoren selbst investieren oft nur zehn Prozent, sind also in Wahrheit gar keine Investoren. Die erhöhten Kreditkosten, der garantierte Gewinn, die Beraterhonorare, der Preis für den Wirtschaftlichkeitsvergleich fließen in die Mietkosten ein. Und die zahlt die öffentliche Hand. Sie bezahlt also Miete auf einen schlechteren Kredit als sie selbst haben könnte. Absurd.