Debatte: Meinungen aufs Geratewohl

Seite 4: Fazit: Wie sähe Fortschritt aus?

Wenn man in den Forschungsstand zur menschlichen Kommunikation und die sie tangierende Gebiete schaut, erscheinen die Voraussetzungen für Verständigung eher schlecht. Schon die Wahrnehmung von Tatsachen ist alles andere als einfach (Stichworte: Täuschung, Konstruktivismus).

Auch das Interesse, die Welt oder wenigstens das einzelne Gegenüber wirklich zu verstehen, ist in weiten Teilen deutlich geringer ausgeprägt, als es für einen idealen Diskurs zu wünschen wäre, die Telepolis-Foren bilden da leider keine Ausnahme.

Die Bias-Liste ist lang (Confirmation Bias, Dunning-Kruger-Effekt etc.). Dabei lebt Demokratie doch von der Auseinandersetzung, der Verständigung über Tatsachen und dem Austausch von Meinungen zu diesen.

Dass unsere biologische Konstitution nicht für demokratische Aushandlungsprozesse optimiert ist, stimmt zwar, entschuldigt aber nicht den Verzicht auf entsprechende Bemühungen. Die Ratgeberliteratur ist dafür so hilfreich wie unüberschaubar. Zu den recht einfachen Verfahren, in Diskussionen nicht auf den Punktgewinn (wie im Debattierclub), sondern auf einen Fortschritt bei der Erkenntnis zu setzen, gehört:

  1. Das verhandelte Problem/ Thema klar benennen können, so dass es von allen Beteiligten akzeptiert werden kann.
  2. Die Positionen/ Ausführungen eines Kontrahenten richtig wiedergeben.
  3. Das Übereinstimmende benennen bzw. das, wo wir dem anderen (nun) Recht geben sollten.
  4. Erst dann die eigene abweichende Meinung formulieren.
  5. Bereitschaft, im weiteren Austausch eigene Positionen zu ändern.

Das gilt natürlich ganz besonders für Journalisten, die schließlich nicht für sich selbst, sondern für eine kritische Öffentlichkeit argumentieren.

Wie viele Probleme es dabei gibt, wurde hier auf Telepolis in einer "Medienkritik zum Corona-Journalismus" mit über 400 Fallbeispielen gezeigt.