Der Deal von Putin und Erdogan
Während Trump "gute Nachrichten" in Bezug auf Türkei und Syrien sieht, bewilligte er Millionen für die Weißhelme in Idlib
Nachdem sich Donald Trump selbst aus der Position gebracht hat, im geopolitischen Geschacher in Syrien noch mitspielen zu können, versucht er weiterhin, den von ihm befohlenen Rückzug, der zur türkischen Invasion geführt hat, rechtzufertigen. Offenbar will er die zwischen Putin und Erdogan gestern getroffene Vereinbarung auch als Ergebnis seiner Entscheidung gewürdigt wissen. So setzte er gestern den Tweet ab: "Gute Nachrichten scheinen in Bezug auf Türkei, Syrien und den Nahen Osten zu geschehen."
Die "guten Nachrichten", die zwischen Erdogan und Putin verhandelt wurden, die natürlich nicht auf AKKs Vorschlag eingingen (AKKs Schnapsidee einer internationalen Sicherheitszone in Nordsyrien), bestehen nach dem Memorandum daraus, dass auch Russland den völkerrechtswidrigen Angriff auf das syrische Kurdengebiet billigt und auch den zynischen Namen der "Operation Friedensquelle" übernimmt. Dass sich die YPG - in dem Memorandum nicht verbunden mit PKK, wie dies die Türkei stets macht und auch nicht explizit als Terrororganisation bezeichnet - mit ihren Waffen 30 km hinter die Grenze zurückziehen soll, übernimmt die türkische Forderung mit gewissen Einschränkungen.
Es ist aber nicht die Rede von Entwaffnung und die Türkei erhält zur alleinigen Kontrolle nur den Abschnitt zwischen Tel Abyad und Ras Al Ayn bis zu einer Tiefe von 32 km. Dafür muss die YPG auch aus Manbidsch und Tal Rifat abziehen. Den Rest des Grenzgebiets bis in eine Tiefe von 10 km sollen gemeinsame russisch-türkische Patrouillen kontrollieren, in Qamishli haben die Türken nichts zu sagen. Die YPG hat 150 Stunden Zeit, sich zurückzuziehen. Gesichert werden soll die "Rückkehr" der Flüchtlinge, von einer Umsiedlung ist nicht die Rede. Betont wird die territoriale Integrität Syriens und die Bekämpfung aller Terroristen und Separatisten in Syrien. Dass von der Türkei eingesetzte dschihadistische Milizen wie die Mujahideen of Faylaq al-Majd sich nicht an die Feuerpause halten und Kriegsverbrechen begehen, scheint auch Putin nicht weiter zu kümmern. Es ist weder die Rede von Afrin noch von Idlib. Man darf annehmen, dass Moskau und Damaskus nun hier freie Hand haben werden, gegen die HTS und andere Gruppen vorzugehen.
Welche Rolle spielen die Weißhelme im US-Kalkül?
Gestern hat Trump 4,5 Millionen US-Dollar an "direkter Unterstützung" für die Weißhelme bzw. Syria Civil Defense (SCD) bewilligt, die sogleich begonnen haben, eine neue Website unter diesen Namen einzurichten. Die Weißhelme hätten eine "wichtige und hochgeschätzte Arbeit in dem Land" geleistet. Was das Weiße Haus nicht sagt, ist, dass die Weißhelme nur dort auftreten, wo es auch dschihadistische Milizen gibt, die wie HTS gegen Assad kämpfen und Angriffe und Kriegsverbrechen von russischer und syrischer Seite belegen, nicht aber von westlichen Angriffen oder dem Vorgehen der dschihadistischen Gruppen. In den Kurdengebieten wurden ebenfalls keine Weißhelme gesichtet, als die Türkei aus der Luft und mit Artillerie Städte beschoss, was nahelegt, dass man nur dort hilft und vor Ort ist, wo es politisch opportun ist.
Dazu kommt, dass der Verdacht besteht, dass die vom interessierten Ausland finanzierte Hilfsorganisation direkt mit den dschihadistischen Milizen kooperiert, möglicherweise Desinformationsarbeit leistet, gerne dabei ist, wenn es um angebliche Chemiewaffenangriffe geht und immerfort nur nach ihren Berichten und Bildern Zivilisten, vornehmlich Kinder und Frauen, rettet. Für die Organisation gibt es in Idlib keine Kämpfer. Trump ruft die Partner und Alliierten der USA dazu auf, ebenfalls die Weißhelme zu unterstützen, um "Zivilisten, religiöse und ethnische Minderheiten und andere unschuldige Opfer des Syrienkonflikts zu schützen".
Der Verdacht liegt nahe, dass die USA auch über die Weißhelme ihren Einfluss in Idlib sichern will, nachdem sie sich aus dem Rest von Syrien fast völlig zurückgezogen hat. Die parallel zu den russisch-türkischen Verhandlungen vollzogene Entscheidung sollte noch einmal deutlich machen, dass die Weißhelme keine unabhängige Organisation ist, die ausschließlich humanitär unterwegs ist, sondern eine Art Proxy-Rolle für den Westen und seine Interessen in Syrien spielt
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