Der Parlamentarismus als Anachronismus

Nicht überall, wo Demokratie drauf steht, ist Demokratie drin

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Der Begriff "Demokratie" hat heute eine beinahe religiöse Bedeutung, weil er weltliche Erlösung verspricht. Und damit lassen sich sogar politische Kreuzzüge rechtfertigen. Über das Wesen, den Sinn, die Notwendigkeit und Vorrangigkeit der Demokratie gibt es unter den Geistes- und Humanwissenschaftlern, Parteien, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Politikern und aktiven Bürgern keine einheitliche Meinung, was vor allem daran liegt, dass ein gründliches Nachdenken für alle recht peinlich enden dürfte.

In den Schulen lehrt man, dass Demokratie die Selbstherrschaft des Volkes sein soll, dass also kein Machthaber, der nicht vom Volk legitimiert wurde, über den Staat und das Staatsvolk herrschen soll. Man verwendet hilfsweise die Formel des (1865 ermordeten) US-Präsidenten Abraham Lincoln, wonach Demokratie die Herrschaft des Volkes durch das Volk und für das Volk sein soll. Unter vernünftig denkenden Menschen ist Demokratie eine brauchbare Staatstechnik zum gutem Leben für alle, nicht mehr. Demokratie ist kein Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck. Wenn es etwas Besseres zum friedlichen,selbstbestimmten und erfolgreichen Leben als Demokratie gibt, nehmen wir es.

Demokratie gibt es in zahlreichen Erscheinungsformen bzw. Entwicklungsstadien, von der Nominaldemokratie bis zur Idealdemokratie. Die heute vorherrschende parlamentarische Demokratie ist ein schlechter Kompromiss, aus den Zufälligkeiten sozialer Katastrophen entstanden. Das Ideal der Identität von Herrschern und Beherrschten läst sich in der parlamentarischen Demokratie nicht verwirklichen, schon gar nicht, wenn die Volksvertreter die Wahl- und Vertretungsregeln ohne Zustimmung Volkes aufstellen und nach der Wahl von den Bürgern nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können. Ohne direkte Kontrolle durch das Volk muss jederzeit befürchtet werden, dass die staatlichen Organe bzw. die Träger statlicher Funktionen ihre geliehene Macht missbrauchen und gegen das Volk verwenden.

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein abschreckendes Beispiel für eine Bevormundungsdemokratie, also eine Variante der Scheindemokratie, wo das Wählervotum von den Gewählten in eine gar nicht gewollte Generalvollmacht umgewandelt wird. Da nur die politische Klasse, aber nicht die Wahlbürger über die politischen Spielregeln entscheiden, handelt es sich beim Wählen unter solchen Bedingungen um eine Selbstentmündigung der Bürger.

In einer freiheitlich-demokratischen Republik brauchen die Bürger eigentlich nur ein vom Volk beherrschtes Verfahren zur staatlichen Willensbildung, aber keine Vertretung, die sich durch Anmaßung von Befugnissen zum Vormund des Volkes aufschwingt. Eine Ermächtigung durch das Volk, die nach der Wahl über viele administrative Instanzen weitergereicht wird, verwässert die demokratische Legitimation. Dies ist in unserer Vertretungsdemokratie regelmäßig der Fall, wo politische oder leitende Beamte, ordentliche Richter, Verfassungsrichter und Repräsentanten für die Europäische Union in obskuren Parteizirkeln nach Gesichtspunkten des Machterhalts und der Pfründesicherung ausgeklüngelt werden. Man beruft sich dabei, wie auch bei der Regierungsbildung, auf das sogenannte "Wählervotum". (Das hat man auch in der DDR gemacht, und die westliche Presse sprach dann von "Schwindelwahlen".) Was die Wähler wirklich wollen, wissen die Gewählten durch Umfragen ziemlich genau, aber darum brauchen sie sich nicht zu scheren, denn die Wähler können sie nicht wirkam zur Verantwortung ziehen.

Organschaftliche Gewaltenteilung ist immer dann nötig, wenn die an Volksvertreter delegierte Staatsgewalt anders nicht kontrolliert werden kann. Rechtsstaatlichkeit allein garantiert noch keine freiheitliche Demokratie, denn die bloße Rechtsförmigkeit von administrativen oder judikativen Entscheidungen bietet dafür keine inhaltliche Gewähr. Auch eine Diktatur kann formal rechtsstaatlich funktionieren. Gesetze (einschließlich der Verfassung) können sogar Unrecht festschreiben, deshalb ist es falsch, den bedingungslosen Vorrang des Gesetzes gegenüber Gesichtspunkten der Moral oder Gerechtigkeit zu fordern. Legal ist nicht automatisch legitim, und Recht enthält immer auch ein Quantum Willkür. Wenn aber eine starke Mehrheit des Volkes hinter der Willkür steht, kann und muss sie hingenommen werden. Echte Demokratie ist unvermeidlich die Diktatur der Mehrheit. Bei der parlamentarischen Demokratie handelt es sich aber um die Diktatur einer elitären Minderheit.

Die parlamentarische Demokratie stellt eine primitive Form der Demokratie des Flächenstaates dar, der in vorindustrieller Zeit für die Bürger zweifellos besser als Fürstenwillkür war. Noch primitiver ist die Versammlungsdemokratie, wie sie im antiken Rom und Athen einige Jahrhunderte lang verhältnismäßig erfolgreich praktiziert wurde. Eine Versammlungsdemokratie ist grundsätzlich durch Demagogen manipulierbar, und die Teilnehmer, die ihre Stimme offen abgeben, sind erpressbar. Eine Demokratie, in der die Wahlentscheidung der Bürger, aber auch die legislative Entscheidung von gewählten Mandatsträgern offen abgegeben werden muss, also keine geheime Stimmabgabe möglich ist, kann nicht den Anspruch auf freiheitliche Demokratie erheben. Man kann die offene Stimmabgabe, sei es an der Wahlurne ("falten gehen") oder im Parlament (Fraktionszwang), als typisches Merkmal eines Obrigkeitsstaates bzw. verdeckten Polizeistaates betrachten. Die Unzulänglichkeiten früher Formen der Demokratie lassen sich heutzutage aber technisch leicht vermeiden.

Das Recht zu wählen, garantiert noch lange nicht Demokratie, dafür gab und gibt es genügend Beispiele. Es genügt nicht, die Regierung unblutig loszuwerden, denn heute erwarten die Bürger, an den Entscheidungen des Staates in allen Gliederungen, Ebenen und Organen beteiligt zu werden. Dazu sind Parlamente eine Notlösung, die in der Anfangszeitzeit der Bundesrepublik ihre Berechtigung hatte. Heute ist die parlamentarische Form der Demokratie technisch überholt, politisch gefährlich und sie behindert den Fortschritt der Zivilisation.

Parlamente waren in der Postkutschenzeit das richtige Instrument für einen demokratischen Staat

Das englische Parlament bestand ab dem Hochmittelalter als eine Versammlung von Aristokraten und Besitzbürgern, die sich mit dieser Einrichtung gegen die Selbstherrlichkeit des Königs zur Wehr setzten. Das besitzlose Volk Englands hat man bis zum Ersten Weltkrieg von politischer Mitwirkung ausgeschlossen. (Die sogenannte "Mutter der Demokratie" war also eher eine grobe Stiefmutter.) In Frankreich gab es bis zur Revolution von 1789 eine Institution, die man "Parlement" nannte. Dieses bildete aber nur eine Art Gericht für Belange der Lehensaristokratie und der Besitzbürger. Erst die Vereinigten Staaten von Amerika haben die parlamentarische Demokratie (damals noch "Republik" genannt) eingeleitet und nach ihrer Revolution von 1776 den Kongress als Vertretung der freien Bürger geschaffen. Allerdings waren Bürger- und Menschenrechte anfangs noch weißen, männlichen Besitzbürgern vorenthalten.

Die Institution "Parlament" wurde beim Übergang von der Monarchie zur Republik aus praktischen Gründen beibehalten. Nunmehr war aber das Parlament nicht länger ein Machtmittel gegen monarchische Willkür, sondern -mangels Besserem- ein Beratungs- und Beschlussorgan der Staatsbürger. Etwas anders als eine parlamentarische Demokratie, d.h. eine Übertragung der Rechte des Volkes (als Souverän einer Republik) auf gewählte politische Vertreter, war in der Postkutschenzeit gar nicht möglich, denn das schnellste Beförderungsmittel war damals das Pferd, und das schnellste Nachrichtenmittel die Brieftaube. (Wenn man von der Signal-Telegraphie absieht.) Eine direkte Bürgerdemokratie, wie sie in der Schweiz seit der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunders erfolgreich praktiziert wird, war bis zur Erfindung des elektrischen Telegraphen und der Eisenbahn in einem Flächenstaat undenkbar.

Das nacharistokratische Parlament hatte unter anderem fogende Aufgaben: Regierungsbildung; Kontrolle der Regierung und Verwaltung; Gesetzgebung, Verabschiedung des Staatshaushaltes. Vor allem sollte das Parlament verhindern, dass die Besitzbürger unnötige Staatsausgaben -darunter Kriege- finanzieren mussten. Parlamente haben aber Kriege noch nie verhindert, vielmehr hat sich noch jedes Parlament das -vorher monarchische- Vorrecht zur Kriegsführung angeeignet. Seit in der Schweiz das Volk regiert, führt dieses Land keine Kriege mehr, die Todesstrafe wurde abgeschafft und Parteien sind nur noch politische Vereine.

Die parlamentarische Demokratie ist die Diktatur der gewählten Obrigkeit

Die bestehende parlamentarische Demokratie ist nichts anderes als die Fortsetzung des Obrigkeitsstaates mit scheindemokratischen Mitteln. Die dem deutschen Volke 1949 ungebilligt aufgenötigte Bevormundungsdemokratie, mit ihren verderblichen militärischen und wirtschaftlichen Zwangsbündnissen, muss als gescheitert betrachtet werden, auch wenn die "Verantwortlichen" dies nicht zugeben wollen und jede Kritik am System als Angriff auf unsere angeblich freiheitliche Rechtsordnung geißeln. Die Vertretungsdemokratie, in der Spielart des totalitären Fürsorgestaates, unter Ausschluss des echten Volkswillens, hat sich für Deutschland beinahe so schädlich erwiesen wie die vorhergehenden tyrannischen Staatsformen.

Bis Anfang der neunziger Jahre war man stolz darauf, dass unsere Demokratie den Deutschen das Kriegführen ausgetrieben hatte. Aber das lag nur daran, dass die USA bis dahin die Deutschen nicht für den Fronteinsatz in ihrer Fremdenlegion namens NATO brauchten. Inzwischen sieht man deutsche Uniformträger an den unmöglichsten Orten der Welt, wo sie unter verschärften Bedingungen Manöver abhalten und meinen, sie würden damit Deutschland verteidigen.

Früher wurden die Staatsfinanzen durch Krieg ruiniert. Die Staatsverschuldung der BRD ist mittlerweile so hoch, als hätten wir den Ersten und Zweiten Weltkrieg noch einmal verloren. Die Regierungen Kohl, Schröder und Merkel haben den Beweis erbracht, dass man auch ohne Krieg einen Staat finanziell ruinieren kann, und die Volksvertreter haben nichts dagegen unternommen. Die arbeitenden Bürger werden -zum angeblichen Gemeinwohl- durch das Sozial- und Steuersystem entmündigt und enteignet, sodass sie dem Sozialstaat auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind, obwohl sie bei Verschonung von Steuern und Abgaben dieses gefräßige Monster gar nicht bräuchten. Die besitzende Klasse darf sich ungehindert leistungslos bereichern und mit ihren steuerverschonten Gewinnen im internationalen Finanz-Casino Roulette spielen, zum Nachteil der Volkswirtschaft und künftiger Generationen.

Allwöchentlich wird über Bestechung, Untreue, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Postenschieberei berichtet, in die Politiker und Wirtschaftsführer verwickelt sind. Die staatliche Rechtspflege verhindert, dass Amtskriminalität verfolgt wird. Das beginnt bei der Staatsanwaltschaft, die auf Weisung der Parteienoligarchie Delikte von Amts- und Würdenträgern nicht verfolgt oder vertuscht, sodass die Täter ungeschoren davon kommen. Wenn es dennoch zu einem Strafverfahren kommt, hängt die politisch gefügige Justiz die Kleinen und lässt die Großen laufen; allenfalls spricht sie symbolische Strafen aus. Die Hochfinanz kann ungestört Steuern hinterziehen, und pflichtbewusste Steuerfahnder werden strafversetzt oder für verrückt erklärt.

Die Volksvertreter haben, ohne ihren Dienstherren -das Volk- zu fragen, den Freibeuterkapitalismus gewissermaßen zur Staatsräson erklärt, mit der Begründung, es gäbe dazu keine Alternative. Dass aber im Grundgesetz (in den Artikeln 14 u. 15) etwas ganz anderes steht, nämlich dass Eigentum sozialpflichtig ist und auch vergesellschaftet werden kann, scheint nicht mehr zu gelten. Die Grundrechte nach Artikel 2 bis 17 des Grundgesetzes, die nach Artikel 19 in ihrem Wesensgehalt nicht angetastet werden dürfen, biegt sich der Gesetzgeber nach politischer Opportunität soweit zurecht, dass sie nicht wieder zu erkennen sind.

Die Unfähigkeit der Volksvertreter, die wirtschaftlichen und fiskalischen Probleme der Republik zu lösen, hat sich in der Finanzkrise auf erschreckende Weise offenbart. Die kollektiven Ressourcen aus Industrie und Wirtschaftsraum wurden vergeudet oder beschädigt, das technische Know-how (die wichtigste Ressource unseres rohstoffarmen Landes) fremder Konkurrenz ausgeliefert, die Staatsfinanzen zerrüttet, und die Illusion von sozialer Gerechtigkeit zerstört. Die kommunalen Beratungs- und Beschlussorgane stehen seit Jahrzehnten unter der Knute der etablierten Parteien, die als kommunaler Filz und Klüngel schon jede Menge Steuergelder verprasst, dafür aber wenig brauchbare und dauerhafte Substanz geschaffen haben.

Die Bürger erfahren dies unmittelbar vor Ort, wenn Investitionen teuerer und schlechter als geplant ausfallen oder ihr Unterhalt zur Schließung oder zu massiver Gebührenerhöhung zwingt. Als Reaktion auf die lokale Politikverdrossenheit haben sich mittlerweile Freie Wählergemeinschaften, gewissermaßen als Antiparteien gebildet, die bei Wahlen starken Zuspruch von frustrierten Bürgern erhalten. Die richtige Lösung kann aber nur die totale kommunale Mitbestimmung der Bürger sein. Es gibt zwar Bürger, die mit Politik nichts zu tun haben wollen und diese lieber "Fachleuten" überlassen, aber darauf brauchen engagierte Demokraten und Patrioten keine Rücksicht zu nehmen. Derart skandalöse Politik ist nur deshalb möglich, weil es keine echte demokratische Kontrolle und vor allem keine wirksame Verantwortung gegenüber dem Volk gibt. Die politische Teilhabe ist in Deutschland im Wesentlichen auf die Bestellung von überwiegend unbekannten Verantwortungsträgern beschränkt, die aber nicht wirklich zur Verantwortung gezogen werden können, sondern ein undefiniertes und praktisch unbegrenztes politisches Mandat erhalten und damit machen können, was sie wollen. Das schließt auch die Teilnahme an fremdbestimmten Angriffskriegen ein, wenn nur bestimmte Formalitäten eingehalten werden.

Die Existenz von Parlamenten auf Bundes- und Landesebene gibt keine Garantie für eine freiheitliche Demokratie. Vielmehr sind die Parlamente zu Instituten für politische Karrieren verkommen, und das Gemeinwohl kümmert die Volksvertreter wenig. Dass die Qualität der parlamentarischen Arbeit auch rhetorisch abgenommen hat, ist hierbei nur noch von ästhetischem Belang. Während bis in die achtziger Jahre in den Parlamenten der BRD noch eine regelrechte Debattenkultur herrschte, getragen von gestandenen Politikern, die auch Überzeugungen hatten und denen das Gemeinwohl am Herzen lag, hat sich inzwischen technokratische Langeweile ausgebreitet. Es werden im Parlament keine leidenschaftlichen Reden mehr gehalten, sondern nur noch Stellungnahmen der Fraktionen verlesen, die vor Verlogenheit und Selbstgerechtigkeit triefen.

Die Versprechen von Demokratie sind Täuschung

Die Wahl zu einem Parlament soll dafür sorgen, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht, wie es der Artikel 20 des Grundgesetzes und ähnlich auch die Länderverfassungen vorschreiben. Wenn alle Staatsgewalt vom Volk ausgehen soll, dann müssten eigentlich alle maßgeblichen Amtsinhaber in allen Staatsorganen vom Volk gewählt werden. Es würde nicht genügen nur den Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten der Länder zu wählen, sondern auch alle Minister, alle Amts- und Gerichtspräsidenten und sonstige Funktionsträger mit erheblicher Kompetenz.

Man hat diese Privilegien den Parlamenten sowie den Spitzen der Administration überlassen, die ihre Position aber nicht einer Ermächtigung durch das Volk, sondern einem undurchsichtigen Netzwerk von Berufspolitikern verdanken. Demokratie, die Selbstherrschaft des Volkes, ist in der politischen Wirklichkeit Deutschlands nur eine Worthülse. Wahlen dienen vorwiegend als Zeremonie der formalen Machtlegitimation der gewählten Obrigkeit. Das Volk, von dem angeblich alle Staatsgewalt ausgeht, ist von gehaltvoller Beteiligung an der Staatsgestaltung ausgeschlossen und kann dem politischen System in vorgesetzten Wahlen entweder nur seine Zustimmung geben oder auf seine -ohnehin nur symbolischen- demokratischen Rechte verzichten. Das entmündigte Volk wurde nie gefragt, ob es die daher gewucherte Scheindemokratie der korrupten und unfähigen Parteioligarchen will oder vielleicht eine echt demokratische, weil volksunmittelbare Alternative bevorzugt.

Das Recht der politischen Teilhabe des Volkes mithilfe von Wahlen ist ein politisches Scheinrecht - denn damit können die Bürger nur entscheiden, von welcher Politclique sie nach der nächsten Wahl belogen, betrogen, ausgeplündert und administrativ schikaniert werden. Das Volk kann durch Ausübung des Wahlrechts keine Abgeordneten, und auf Bundes- und Landesebene keine Amtsinhaber zur Verantwortung ziehen. Über einen Wechsel der Regierung entscheidet nicht das Volk, sondern die Nomenklatura der Parteien. Ein Politikwechsel aufgrund von Wahlen ist illusorisch. Allenfalls Bürgermeister sind greifbar. Abstimmungen des Volkes sind auf Bundesebene nicht möglich, weil der Bundestag noch kein entsprechendes Gesetz erlassen hat, obwohl der fundamentale Artikel 20 des Grundgesetzes dies vorsieht.

Wenn die Bürger nur die Wahl zwischen Pest und Cholera haben, kann von einer Freiheit der Wahl keine Rede mehr sein. Die Gleichheit der Wahl beschränkt sich auf das Wahlverfahren, aber nicht auf das erzielbare Ergebnis. Die Wahlgesetze privilegieren die etablierten Parteien und halten neue Parteien von der politischen Teilhabe fern; darüber hinaus vernichten sie alle Stimmen für Parteien unter der 5%-Marke. Das Wahlrecht der Bürger ist insofern wertlos, als diese bei der Wahl keine substanzielle Entscheidungsfreiheit haben. Sie dürfen für eine Liste stimmen, auf der aber die Parteioligarchie schon -meist unbekannte- Kandidaten in der Reihenfolge ihres Parteigehorsams platziert hat. Auch die Direktkandidaten der Parteien werden fast ausschließlich von der Parteiobrigkeit bestimmt. Unabhängige Kandidaten haben so gut wie keine Chancen, weil sie in der Regel nicht bekannt genug sind und vor allem über keine Organisation verfügen, die ihren Wahlkampf unterstützt. Die bereits gewählten Mandatsinhaber können hingegen auf reichliche staatliche Ressourcen zurückgreifen. Eine Auswechslung unfähiger Politiker und eine Rekrutierung politischer Talente, auf die eine Demokratie angewiesen ist, kann der Wähler nicht erreichen.

Wählen hat also nur begrenzte Auswirkungen. Deshalb muss man sich wundern, dass immer noch so viele Bürger wählen gehen. Vermutlich handelt es sich dabei um einen Verzweiflungsakt zur Beruhigung des politischen Gewissens. Dann ist die Zustimmung für eine bestimmte Partei eher die Amnestie für begangene Fehler und die irrationale Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die Parteien, denen das obrigkeitliche Grundgesetz eine privilegierte Stellung einräumt, leiden an einem auffälligen Mitgliederschwund, und sie haben kaum noch Rückhalt in der Bevölkerung. Die etablierten Parteien sind aber darauf gar nicht angewiesen, da sie direkt und indirekt vom Staat alimentiert werden und zusätzlich Spenden aus der Wirtschaft erhalten. Die Selbstversorgung der Parteien mit Staatsgeldern steht natürlich nicht im Grundgesetz, sondern ist die Frucht langjähriger parlamentarischer Wühlarbeit. Das gilt auch für die Fünf-Prozent-Klausel bei den Wahlen, die unerwünschte Konkurrenz von den Parlamenten fernhält, und ebenso für Listenwahlen, die den höheren Chargen der etablierten Parteien einen Parlamentssitz verschafft, noch bevor die Wahl stattgefunden hat.

Die Mandatsträger der Parteien in den Parlamenten sind in der politischen Wirklichkeit überwiegend Angehörige des öffentlichen Dienstes bzw. staatsnaher Organisationen oder staatsnahe Dienstleister, jedoch keine Vertreter des ganzen Volkes, wie es das Grundgesetz in Artikel 38 fordert. Daran könnte nur ein Aufstellungsverbot für Angehörige des öffenlichen Dienstes als Kandidaten etwas ändern, was auch dem Verfassungsgebot der Gewaltenteilung nach Artikel 20 Genüge tun würde. Die größte Zustimmung für das politische System kommt nicht zufällig von Bürgern, die dem öffentlichen Dienst angehören oder von ihm profitieren.

Die Freiheit des Gewissens, welche der Artikel 38 jedem Abgeordneten zubilligt, war 1949 eine Überreaktion des Verfassungsgebers auf Mißstände in der Frühzeit des Parlamentarismus, als man von Mandatsträgern eine gewisse Weltanschauung oder einen bestimmten moralischem Standpunkt erwartete. Wenn aber das Volk die Quelle der staatlichen Souveränität sein soll, dann darf eigentlich keinem Abgeordneten eine vom Volkswillen gelöste Entscheidung, auch nicht unter Berufung auf das private Gewissen erlaubt werden. Dieser Widerspruch ist gundsätzlich unauflösbar, d.h. allein schon deshalb ist ein Parlament untauglich, das Volk zu repräsentieren.

Die Gewaltenteilung, die in einer parlamentarischen Demokratie notwendig und vom Grundgesetz geboten ist, lässt sich nur dann lupenrein verwirklichen, wenn kein Regierungsmitglied zugleich auch ein Mandat im Parlament innehaben darf, was aber in der politischen Praxis eben nicht der Fall ist. Vielmehr verhilft die Doppelbeschäftigung in Parlament und Regierung einigen privilegierten Parteivertretern zu einem willkommenen Zubrot und illegitimer Macht. Weder der Bundestag noch die Länderparlamente haben sich mit diesen demokratiewidrigen Umständen jemals auseinander gesetzt, und für die öffentlichen Kundmittel ist dies ebenfalls nicht der Rede wert. Die Politikwissenschaft rechtfertigt alles, was nützlich ist oder scheint. Den Rest an wissenschaftlichen Zweifeln beseitigt die normative Kraft des Faktischen.

Die Kontrolle der Regierung durch das Parlament, wie es das Grundgesetz und die Länderverfassungen vorsehen, ist auch deshalb praktisch unmöglich, weil die Regierung von der regierungsnahen Parlamentsmehrheit auf Anweisung der zukünftigen Regierung gewählt wird. Zwar erfolgt die Wahl des Bundeskanzlers geheim, aber seine Gefolgsleute im Parlament werden durch die Aussicht auf Teilhabe an der Macht und lukrative Pfründe dizipliniert. Die Opposition geht bei der Verteilung der parlamentarischen Posten trotzdem nicht leer aus. Beim Zugriff auf die Staatskasse kennt das Parlament keine Opposition mehr und bildet eine faktische Allparteienkoalition.

Damit wird das Parlament, das nur in den Regierungsfraktionen politisch wirksam wird, zum Hilfsorgan der Regierung, die ihre Gesetzesvorhaben den Regierungsfraktionen aufdrückt. Die gesetzgeberische Arbeit des Parlaments ist bekanntlich mangelhaft, was sowohl die ordentliche Gerichtsbarkeit als auch das Verfassungsgericht regelmäßig bescheinigen. Mit einer unglaublichen Mischung aus Unfähigkeit und Dreistigkeit werden immer wieder Gesetze verabschiedet, bei denen unabhängige Fachleute schwere handwerkliche Fehler oder sogar Verfassungswidrigkeit feststellen, was dann später von den Gerichten bestätigt wird. Weil die Abgeordneten ihrer gesetzgeberischen Aufgabe -trotz üppiger Ausstattung mit Mitteln- scheinbar nicht gewachsen sind, holt sich die Regierung legislative Leiharbeiter aus der Wirtschaft, die oft komplette Gesetze im Sinne der Wirtschaft dem Parlament in die Feder diktieren. Damit wird die parlamentarische Demokratie ad absurdum geführt.

Die Volksvertreter machen sich die (keineswegs selbst verschuldete) Unmündigkeit des Volkes zunutze, um die scheinbaren Vorzüge des bestehenden Systems und seine Alternativlosigkeit zu rechtfertigen, wobei der -im internationalen Vergleich- immer noch beachtliche Wohlstand (den aber die Arbeitnehmer und nicht die politsch Verantwortlichen erarbeitet haben) als Legitimation für das System herhalten muss. Dieser Wohlstand beginnt mittlerweile dahin zu schmelzen, vor allem haben die Arbeitnehmer in den letzten Jahren reale Einkommensverluste hinnehmen müssen, während die Kapitalbesitzer, geschützt durch käufliche Volksvertreter, satte und unverdiente Gewinnzunahmen verzeichnen konnten.

In einer Demokratie sind alle gleich, erfährt man in der Schule, aber nur Wahlbürger werden von der parlamentarischen Demokratie vor der Wahl ernst genommen. Die Interessen der nicht wahlberechtigten Jugend werden hingegen ignoriert, und junge Erwachsene vernachlässigt. Kinderbetreuung, Schulbildung, Ausbildung und Studium sind zwar lebenswichtige Staatsaufgaben, welche die für die Zukunft des Landes sichern, aber unsere "Verantwortlichen" denken nur an die nächste Wahl.

Seit vielen Jahren weiß man, dass die Zukunft unserer Sozialsysteme, vor allem die Kranken- und Altersversicherung aus finanziellen Gründen keine Zukunft hat, wenn man sie ausschließlich aus Abgaben auf unselbständige Erwerbsarbeit finanziert, doch die Volksvertreter stehen wie gelähmt vor diesem Problem, erhöhen lieber die Beiträge und das Renteneintrittsalter, machen Schulden ohne Ende. Man beklagt fälschlich den Geburtenrückgang und die Langlebigkeit der Rentner als Ursache der drohenden Leistungsunfähigkeit. Es gibt genug Geld in Deutschland, jedoch ist es in den falschen Händen. Mit der Hälfte der leistungslosen Gewinne aus Kapitalertrag könnte man den ganzen Sozialstaat finanzieren. Für die Arbeitnehmer würde sich dann Leistung wieder lohnen, die Wirtschaft würde wegen der Kaufkraft des Volkes blühen, und es gäbe keine Arbeitslosen.

Gegen Gewinne, die auf einer wertschöpfenden wirtschaftlichen Leistung beruhen, ist nichts einzuwenden. Sobald aber Gewinne hauptsächlich dadurch erzielt werden, dass die Leistungsträger (das sind überwiegend Arbeitnehmer) durch Steuern, Abgaben, Gebühren, Provisionen und Zinsen, unter knebelnden und betrügerischen Bedingungen enteignet werden, kann man nicht mehr von einer legitimen Verteilung von Einkommern und Vermögen reden. Dazu muss auch der skandalöse Umstand gerechnet werden, dass Kapitaleinkommen seit Jahrzehnten steuerlich derart verschont werden, dass die heutigen Vermögen das Ergebnis einer illegitimen Umverteilung von unten nach oben darstellen. Das Parlament hat immer nur die Interessen des Kapitals, jeodch so gut wie nie die der Arbeitnehmer vertreten.

Für unsere Staatsbemächtigten und ihr nachgeordneten Netzwerke ist die parlamentarische Demokratie eine unantastbare, ja anbetungswürdige politische Errungenschaft, weil diese Usurpateure darin leben wie die Maden im Speck. Da man in Deutschland über die forschrittliche Alternative, die direkte Demokratie, so gut wie nichts hört, und wenn doch, nur skeptisch oder herablassend oder gar diffamierend, weiß das Volk gar nicht, wie sehr es um seine demokratischen Rechte als Souverän dieser Republik geprellt wird. Die arglosen und hilflosen, weil desinformierten Bürger können sich gar nicht vorstellen, dass man einen Staat auch volksunmittelbar aufbauen und verwalten kann, und dass man dazu keine unfähige Parlamente, keine korrupten Volksvertreter und auch keine demokratiefeindlichen Parteien als Träger der Staatsgewalt braucht. Es müssen nur alle Inhaber bedeutender staatlicher Gewalt direkt vom Volk gewählt werden und jederzeit auch wieder abwählbar sein.

Die Parlamentarier sind Marionetten der Regierung

Es spielt für die Gesetzgebung keine Rolle, dass die meisten Parlamentarier wenig Ahnung von der Materie haben, über die sie beschließen, denn sie erfüllen ohnehin widerspruchslos nur den Willen der Parteioligarchie. Das fällt besonders bei solchen Gesetzesvorhaben auf, die im Rampenlicht der Berichterstattung stehen, wie die Zustimmung zur (gescheiterten) Europaverfassung und zu dessen (halb gescheiterten) Nachfolger, dem Vertrag von Lissabon. Diese wurden -ohne die sonst übliche Aussprache- im Parlament regelrecht duchgewunken, wobei man die Abgeordneten sogar noch verstehen kann, denn diese demokratiefeindlichen Machwerke sind nicht nur inhaltlich, sondern auch redaktionell eine Zumutung. Die Hörigkeit der Bundesparlamentarier gegenüber der Regierung wurde in eklatanter Weise offenbar, als im Oktober 2008 binnen weniger Tage das Gesetz zur Rettung der Banken durch das Parlament gepeitscht wurde, ohne die sonst monatelangen Verhandlungen in den zuständigen Ausschüssen. Dabei wurde über ca. 500 Milliarden Euro verfügt, die höchste Summe, über die je in einem deutschen Parlament enschieden wurde. Die meisten Abgeordneten konnten -wegen der Kürze der Zeit und mangels Fachkenntnissen- überhaupt nicht wissen, worum es dabei ging. Trotzdem haben sie dem Ansinnen der Regierung ohne Gewissensbisse mit großer Mehrheit zugestimmt und den größten ungedeckten Wechsel aller Zeiten unterschrieben. Wenn es aber um ein paar zusätzliche Millionen für soziale oder bildungsbezogene Zwecke geht, wird im Parlament endlos darum gefeilscht.

Das grundgesetzliche Gebot der Unabhängigkeit der Abgeordneten wird durch den verfassungswidrigen Franktionszwang ausgehebelt. Der Fraktionszwang wiederum kann nur durch offene Abstimmungen im Parlament ausgeübt werden. Und dies ist nur deshalb möglich, weil das Grundgesetz gegen solchen Machtmisbrauch keine Vorkehrungen getroffen hat. Vielmehr haben sich die etablierten Parteien das Wahlrecht und die Geschäftsordnung der Parlamente so zurecht geschnitten, wie es ihrem Bedürfnis des Machterhalts am besten nützt, zum Nachteil neuer politischer Köpfe, auf die eine Demokratie nicht verzichten kann. Das heißt, die von der politischen Klasse geschaffenen Spielregeln der Demokratie verhindern von vornherein die Erfüllung von unabdingbaren demokratischen Grundsätzen, und die Demokratie wird damit zur Farce.

In unserem angeblich freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat gibt es kein Bürgerrecht auf beliebige Einsicht in alle staatlichen Dokumente, vielmehr schließen die Dienst- Amts- und Staatsgeheimnisse die Bürger nicht nur vom Herrschaftswissen, sondern auch von der Kenntnis über politische und administrative Fehler aus. Außerdem gibt es keine wirksamen Einrichtungen zur Kontrolle staatlichen bzw. amtlichen Machtmissbrauchs. Die Strafverfolgung durch die Staaatsanwaltschaft ist nicht unabhängig, wie es sich in einer Demokratie gehört, sondern von Weisungen der politischen Klasse abhängig. Die Justiz ist mit Günstlingen der Politik durchsetzt. Die Rechnungshöfe sind nur zahnlose Löwen, jedoch keine echten Kontrolleinrichtungen mit der Befugnis zur Unterbindung von Verschwendung und Untreue oder von parlamentarischen Untersuchungen. Die demokratiefeindlichen Vorschriften zur Geheimhaltung für Beamte verhindern, dass die meisten Mißstände überhaupt bekannt werden, jedenfalls nicht, bevor Geld in der Staatskasse fehlt und die Steuern oder Staatschulden erhöht werden müssen.

Die Untersuchungsausschüsse der Parlamente dienen nicht der Feststelllung der Wahrheit, sondern der Selbstamnestierung der regierenden Mehrheit oder der Bloßstellung des politischen Gegners. Da aber auch in den Ausschüssen die Regierungsfraktionen und die Parteioligarchen das letzte Wort haben, werden Skandale nicht wirklich aufgedeckt, und wenn doch, hat das keinerlei Konsequenzen. Die Ausschüsse haben geringe Befugnisse und vor allem keine Macht, das Fehlverhalten von Regierungsmitgliedern gründlich zu untersuchen und zu sanktionieren. Wenn die Regierung etwas für geheim erklärt, weil sonst angeblich das Wohl der Republik auf dem Spiel steht, aber auch, wenn ein Regierungsmitglied sich schlicht weigert, auf Fragen zu antworten, sind dem Parlament die Hände gebunden.

Der größte Teil der Gesetzgebung im Bundestag umfasst Auftragsarbeit für die Europäische Union, wobei das Parlament nur bürokratische Pflichtübungen, ohne echte politische Debatten absolviert. Mittlerweile sind 80% aller Rechtsakte des Bundestages nur Hausaufgaben für die EU. Das bedeutet, der Bundestag vertritt nicht mehr das Volk, das ihn gewählt hat, sondern die Interessen der EU. Selbst Grundgesetzänderungen auf Befehl der EU (Wehrdienst an der Waffe von Frauen, Auslieferungsverbot für Deutsche) machte der Bundestag in bedingungsloser Unterwerfungsbereitschaft mit. Gegenüber der NATO übt der Bundestag regelmäßig Kadavergehorsam, der dazu geführt hat, das deutsche Soldaten überall auf der Welt eingesetzt werden, wo das Pentagon es befiehlt. Dabei wird auch das Friedensgebot des Grundgesetzes bedenkenlos missachtet. Das Wohl des deutschen Volkes, eine grundgesetzliche Verpflichtung der Staatsorgane der BRD, ist dabei völlig untergeordnet. Derart vasallentreu hat sich nicht einmal die DDR-Volkskammer gegenüber der Sowjetunion verhalten: So tief sind wir gesunken. Brauchen wir dafür ein Parlament?

Seit dem Beginn der Globalisierung, die praktisch mit der Gründung der Europäischen Union zusammenfällt, hat Deutschland, das ja nicht nur aus international agierenden Kapitalbesitzern besteht, auch seine monetäre und wirtschaftliche Selbstbestimmung verloren. Der Verzicht auf eine eigene Währung vergibt zugleich wirtschaftliche, politische und soziale Souveränität.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Vertrag von Lissabon als grundgesetzwidrig gebrandmarkt und substantielle Nachbesserungen in Form von Begleitgesetzen verlangt, die aber vermutlich wieder nicht den Ansprüchen der eigentlich machtlosen Verfassungshüter genügen dürften. Dafür (und für so vieles andere) bräuchten wir eigentlich kein Verfassungsgericht, wenn das Parlament seine Pflicht tun würde, oder noch besser, das Volk zu entscheiden hätte.

Die politische Klasse benutzt ihre Ämter zum Pfründeerwerb und zur Veruntreuung von Volkseigentum

Fette Pfründe für die politische Elite sind Landesbanken, Sparkassen, öffentliche Versorgungsbetriebe und sonstige öffentliche Kapitalgesellschaften, die völlig unter der Kontrolle der Nomenklatura der etablierten Parteien stehen, welche über öffentliche Gelder und Vermögen nach Gutsherrenart verfügt. Das bekommt den Bilanzen der Geldinstitute und der Versorgungseinrichtungen selten gut, und so erfährt die staunende Öffentlichkeit seit Jahrzehnten immer wieder, dass Milliarden in den Sand gesetzt wurden und die Steuerzahler dafür gerade stehen müssen. Dafür halten sich die privatisierten Versorgungsunternehmen, die meist ein lokales oder regionales Monopol besitzen, mit horrenden Preisen an den wehrlosen Verbrauchern schadlos.

Durch die flächendeckende Privatisierung der öffentlichen Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Abwasser, Müll, Strom), des öffentlichen Verkehrs und der Post- und Fernmeldedienste in Deutschland stehen diese Unternehmen nicht mehr unter der direkten Kontrolle der öffentlichen Beschlussorgane (Parlamente, Gemeindvertretungen), sondern werden nach privatrechtlichen Grundsätzen verwaltet. Dabei sind Volksvertreter, die in solchen Unternehmen als Aufsichtsräte sitzen, nicht etwa der Allgemeinheit, sondern dem Unternehmen verpflichtet. Diese Unternehmen für die öffentliche Versorgung hätten eigentlich nicht privatisiert werden dürfen, zum einen, weil sie als natürliche Monopole nicht in die Fänge von Finanzheuschrecken fallen sollen, zum anderen, weil es sich dabei um Volkseigentum handelt, für das Generationen von Steuerzahlern ihren Beitrag geleistet haben.

Die öffentlichen Kreditinstitute sind gewissermaßen die legalen schwarzen Kassen der politischen Klasse geworden, wo Milliarden an Steuergeldern, von den Parlamenten unkontrolliert verzockt werden. Die Parlamente in Bund und Ländern stehen diesem kriminellen Treiben nur scheinbar ahnungs- und hilflos gegenüber, denn viele Mandatsträger werden dabei mit lukrativen Pöstchen oder billigen Darlehen versorgt.

Länderparlamente und der Bundesrat sind unnötig

In Deutschland leisten wir uns ein Relikt aus dem Mittelalter: die Bundesländer, die gewissermaßen die Rechtsnachfolger der Duodezfürstentümer der Feudalzeit sind. Die Westallierten, die 1949 in Westdeutschland das Grundgesetz genehmigt hatten, wollten ein föderal dividiertes und damit politisch handlungsschwaches Deutschland, auch als Sicherheitsmaßnahme gegen einen mächtigen Zentralstaat, der einem Diktator leichter in die Hände fallen kann als eine Bundesrepublik. Die Gebietsgliederung der Bundesrepublik folgt teilweise überlieferten Aufteilungen, zeigt aber auch skurrile Missbildungen, wie sie typischerweise am grünen Tisch von Miltärgouverneuren entstehen. Man hat sich allmählich darin eingerichtet, und eine Neugliederung, wie sie anfangs für das Provisorium Bundesrepublik für selbstverständlich gehalten wurde, scheint heute wegen der Mischung aus Regionalpatriotismus, Desillusionierung und geistiger Trägheit bei den Bürgern so schwierig, dass sich kein Politiker daran die Finger verbrennen will.

Dabei sind die Bundesländer mittlerweile nur noch territorielle Hilfsorgane des Bundes, d.h. sie haben in echten politischen Fragen nichts zu entscheiden, sondern führen hauptsächlich in Auftragsverwaltung für den Bund dessen Gesetze aus. Soweit die Länder Normsetzungsbefugnisse haben, betreffen diese nur den politischen Randbereich, wie Polizei, Gesundheit, und in geringem Umfang auch soziale Belange sowie das Gesundheitswesen. Dafür braucht man aber keine Länderparlamente.

Für ein landesspezifisches Polizeirecht besteht unter dem Gesichtspunkt der Rechtseinheitlichkeit keine Notwendigkeit. Die Uniformen der Polizei sollten aus Gründen der leichten Wahrnehmung bundeseinheitlich sein. Bei der wirksamen Verbrechensbekämpfung sind Egoismen der Länder hinderlich.

Die Freiheiten der Länder auf dem Gebiet der Bildungspolitik stehen bundesweit gültigen Schulabschlüssen im Weg. Das hat man schon vor der Gründung der Bundesrepublik erkannt, und so haben sich erstmals 1948 die Kultusminister in den Westländern zu einer Konferenz versammelt, die seither eine merkwürdige Eigenexistenz führt. Gerade im Zeitalter der Globalisierung müsste sich die gesamte schulische Bildung in den Händen eines zentralen Regelungsorgans befinden. (Das gilt auch für die Berufsausbildung.)

Durch den Vorrang des Bundesrechts über das Landesrecht sind die Länderverfassungen in weiten Teilen nur bedeutungslose Proklamationen, und die Länderparlamente eigentlich nur Karriereschmieden für Machtpolitiker sowie Versorgungsanstalten für ihre Steigbügelhalter. Die Länderparlamente haben nicht den geringsten Einfluss auf die Bundespolitik. Nach einer Auflösung der Länderparlamente würden die Bürger sie vermutlich nicht vermissen. Der Bundesrat steht nicht nur dem Bund, sondern auch sich selbst im Weg. Die Länderparlamente haben im Bundesrat nichts zu melden, dort bestimmen nur die Länderegierungen, d.h. die Ministerpräsidenten mit, wobei diese nach Art mittelalterlicher Landesfürsten Obstruktionspolitik zum Nachteil Deutschlands betreiben. Eine vernünftige Gesetzgebung ist unter diesen Umständen nicht möglich.

Parlamente braucht man im Zeitalter des Internet nicht mehr

Seit es das Internet gibt, wo sich jedermann in wenigen Minuten über politische Dinge informieren und sich in wenigen Stunden mit politisch Gleichgesinnten verbünden kann, wo auch der Abschluss verbindlicher Rechtsgeschäfte möglich ist, steht einer volksunmittelbaren staatlichen Willensbildung, mithilfe dieses elektronischen Kundwerks, nichts mehr im Weg. Jeder wahlberechtigte Bürger, könnte also elektronisch wählen bzw. abstimmen. Die bisherigen technischen Probleme der Fälschungssicherheit lassen sich lösen, wenn man nur will. Parteien, die sich zu parasitären Organisationen im Körper der parlamentarischen Demokratie entwickelt haben, werden dann nur noch Sammelbecken für bestimmte politische Anschauungen und Ziele sein. Ohnehin geht die Tendenz der kollektiven politischen Willensbildung der Bürger in Richtung Sachthemen, und die Bindung an Parteien nimmt ab. Dies kann man auf kommunaler Ebene in Deutschland beobachten, wo die Bürger -wenn auch begrenzte- Mitbestimmungsrechte durch Bürgerentscheide haben. In den Ländern mit süddeutscher Kommunalverfassung dürfen auch die Bürgermeister von den Bürgern unmittelbar gewählt und notfalls abgewählt werden. Leider können bisher nur auf dieser beschränkten Ebene die Bürger jene Verantwortung einfordern, die Volksvertreter angeblich tragen.

Der volkseigene Staat verwirklicht Demokratie

Der Staat gehört nicht den Volksvertretern, denn diese sollen eigentlich nur Diener des Volkes sein. Der Staat ist auch kein Wesen aus eigener Daseinsberechtigung, sondern gehört -samt seines Inventars- dem Volk. Die Staatsgewalt, die sich aus dem vollzogenen Gesellschaftsvertrag legitimiert, gehört in die Hände des Volkes, und sie darf nicht einer Obrigkeit aus Glücksrittern und Versagern überlassen werden, denen das Schicksal Deutschlands gleichgültig ist. Das Volk hat es satt, Mündel seines politischen Vormundes zu sein, und es hat das Recht, seine gestohlene Macht als Souverän der Republik zurückzuholen und die Liquidierung Deutschlands als souveränen Staat zu verhindern, wie es das Grundgesetz in Artikel 20, Absatz 4 vorsieht.

Für den Neuanfang des verfassten Gemeinwesens in Deutschland müssen wir uns von überlieferten geistigen Befangenheiten lösen und alles hinterfragen, was bisher als richtig oder unantastbar galt. Die geistige und moralische Bevormundung der Generation der Weltverbesserer müssen wir überwinden und die Verkrustungen der politischen Ordnung sprengen. Der Staat soll das Gemeinschaftseigentum seiner Bürger sein und nicht das Beuteobjekt des Kapitals und seiner politischen Handlanger. Eine öffentliche Sichtung und Bewertung aller ernsthaft vorgebrachten Standpunkte und Einwendungen für eine Volksverfassung ist unerlässlich. Am Ende soll in allen strittigen politischen Fragen die Mehrheit des Volkes entscheiden, wie es der Geist der Demokratie befiehlt: Ein vom Volk gewählter Verfassungskonvent soll eine Volksverfassung für Deutschland ausarbeiten, die in einem Volksentscheid zu bestätigen ist. Den Auftrag dazu gibt der Artikel 146 des Grundgesetzes.

Über die Rechts- Wirtschafts- und Sozialordnung Deutschlands, seine wirtschaftlichen und militärischen Bündnisse hat das Volk zu entscheiden. Um erfolgreich handlungsfähig werden, ist zu empfehlen, dass Deutschland sich aus seinen Bündnisverpflichtungen löst und in eine politisch und militärisch neutrale und wirtschaftlich unabhängige Bürgerdemokratie nach Schweizer Vorbild umwandelt. Der volkseigene neue deutsche Staat, die Dritte Republik, welche eine Volksrepublik, d.h. das Erzeugnis, Werkzeug und Zugewinn seiner Bürger sein wird, soll auf einem Gesellschaftsvertrag gründen, den es bisher -als freie Vereinbarung seiner Bürger- noch nie gegeben hat.

Das Volk will, mithilfe demokratischer Wahlen und Abstimmungen, nicht nur seine Regierung unblutig loswerden, sondern notfalls auch das ganze politische System, wenn es ihm nicht gut genug erscheint. Der Staat, seine Gesetze und Organe haben zu dienen, und das Volk soll herrschen. Der Staat hat bestimmte Werte und Prinzipien zu pflegen und Rechte zu schützen, die in einem Gesellschaftsvertrag der Bürger vereinbart werden. Die Verfassung und alle wesentlichen Rechtsregeln darf allein das Volk beschließen, und es hat dauernden und durchgehenden Anspruch auf die Gestaltung des Staates. Nur volksunmittelbare staatliche Willensbildung und Kontrolle auf allen Ebenen der Staatsgewalten vermag die politischen Interessen der Bürger angemessen zu berücksichtigen und die sattsam bekannten Fehlentwicklungen zu verhindern. Passive Bürgerrechte garantieren die nötigen Freiheiten, die der Entfaltung der Persönlichkeit dienen, und die vor übermäßiger staatlicher Bevormundung schützen. Bedeutende Funktionsträger erhalten ein unmittelbares Mandat des Volkes, einschließlich des notwendigen Budgets. Sie haben sich regelmäßig einer Vertrauensfrage zu stellen und können jederzeit zur Rechenschaft gezogen werden. Parlamente werden damit überflüssig. Parteien dürfen nicht die Staatsorgane infiltrieren und dominieren.

Weitere verwendete Literatur:
Rainer Roth: Das Kartenhaus. Staatsverschuldung in Deutschland . Frankfurt/M.: DVS 1998.
Rainer Roth: Nebensache Mensch. Arbeitslosigkeit in Deutschland. Frankfurt/M.: DVS 2003.
Thomas Kleine-Brockhoff & Bruno Schirra: Das System Leuna. Wie Politiker gekauft werden. Warum die Justiz wegschaut. Reinbek: Rowohlt 2001.
Markus Kutter: Doch dann regiert das Volk. Ein Schweizer Beitrag zur Theorie der direkten Demokratie. Zürich: Ammann 1996.
Günter Ogger: Absahnen und abhauen. Deutschland vor dem Chaos. München: Droemer 1998.
Günter Ogger: Das Kartell der Kassierer. Die Finanzbranche macht Jagd auf unser Geld. München: Droemer 2001.
Jürgen Roth: Der Sumpf. Der Sumpf: Korruption in Deutschland. München: Piper 1995.