Der Z-Mann

Zarqawi jetzt auch im Visier irakischer Widerstandsgruppen

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Er ist das Phantom des Mittleren Ostens, der erzkriminelle Anti-Held einer ununterbrochen fortgesetzten Nachrichtenserie über den Dschihadi-Terror, der seit Wochen vor allem sein Gesicht hat. Man müsste Abu Mussad al-Zarqawi (gesprochen: Sarkaui) alias Ahmad Fadil al-Khalailah alias Habib ("Liebling") erfinden, wenn es ihn nicht schon gäbe, heißt es über den Mann, von dem weder Körpergröße, noch Gewicht noch Anzahl der gesunden Beine bekannt sind. Seine Arme dagegen scheinen weit zu reichen: von Casablanca und Madrid über Deutschland, Jordanien und den Irak in Iran und nach Afghanistan. Überall, wo Bomben hochgehen und neue Terror-Aktionen geplant werden, hinterlässt der Z-Mann seine Spuren. Er ist der Strippenzieher, das Superhirn der Dschihadis, weiß CNN ebenso gut wie der SPIEGEL.

Fakt ist bis heute nur: Der Mann ist nicht zu fassen. Seit Ende Juni diesen Jahres ist eine Belohnung von 25 Millionen Dollar auf den lonely wolf (CNN) ausgesetzt; aber weder die wiederholten US-Bombardements auf sein mutmaßliches Hauptquartier in Falludscha - mit immer wieder neuen zivilen Opfern - noch der Einsatz der Elitetruppe Task Force 21 konnten dem Phantom etwas anhaben.

Vielleicht ändert sich das jetzt. Denn seit gestern droht Habib Zarqawi Gefahr von einer irakischen Gruppe namens Salvation movement. In einem Videoband, das an den arabischen Fernsehsender al-Arabiya geschickt wurde, sollen schwer bewaffnete vermummte Männer vor der irakischen Flagge (der alten, vermutlich?) Zarqawi damit gedroht haben, ihn zu töten, falls der das Land nicht mitsamt seinen Gefolgsleuten so schnell wie möglich verlassen würde.

Bis dato ist die Gruppe noch nicht in Erscheinung getreten, da ihr Videoauftritt dem Inszenierungsstil von Videos so genannter Aufständischer ähnelt, will man darin neue Anzeichen einer "internen Opposition" gegen Zarqawi erkennen. Wie Zarqawi es rechtfertigen könne, dass Zivilisten getötet werden, sollen die Männer in einem deutlichen irakischen Akzent fragen und wie er denn die Morddrohung an Premier Allawi rechtfertigen könne.

Lässt sich der erste Teil der Anklage gegen Zarqawi noch als Zeichen einer neuen Einstellung (vgl. Evolution des Terrors) in bestimmten Lagern von Dschahdis gegenüber unschuldigen Opfern von terroristischen Anschlägen begreifen, gibt der zweite Teil leichte Rätsel auf. Allawi als Protegé einer Gruppe vermummter Widerständler? Der Premier gilt nicht gerade als beliebter Politiker im Irak: er konnte weder sein Image als Ex-Baathist und ehemaliger "Carbomber" loswerden, noch das einer amerikanischen Puppe.

Die einfachste und nächstliegende Antwort wäre die, dass der Videoauftritt des salvation movements für eine (wachsende?) Tendenz innerhalb der irakischen Opposition spricht, die sich gegen jedwede Einmischung von ausländischen Kräften wehrt. Gleichgültig in welcher Beziehung das Phantom nun zu al-Qaida steht, aus einer nationalistisch gesinnten Widerstandsbewegung könnten ihm größere Schwierigkeiten erwachsen.

In diesem Zusammenhang sei die Frage gestellt, was eigentlich aus dem vormaligen "Paten", Strippenzieher und Mastermind aller Antikoalitionsanschläge im Herbst 2003 - dem rothaarigen General "Kreuzkönig" Isset Ibrahim ad-Duri (vgl. Pik-As, Kreuz-König und Irakmethik) geworden ist? Hat er sich Bart und Haare gefärbt, ist er das Phantom?