Der etwas andere Philanthrop
Facebook- und PayPal-Milliardär Peter Thiel will mit einem Stipendium zum Studienabbruch locken
Die Bildung ist eines der klassischen Felder, in denen sich Superreiche öffentlich als Menschenfreunde betätigen - sei es durch den Bau von Bibliotheken, die Finanzierung von akademischen Instituten oder die Einrichtung von Studienstipendien. Peter Thiel geht da einen anderen Weg: Er will Teenager mit 100.000-Dollar-Stipendien zum Abbruch ihres Studiums bewegen, damit sie stattdessen schnell ihre Geschäftsideen verwirklichen.
Das Studienabbruch-Anreizprogramm ist nicht auf die USA begrenzt. Interessenten können von überall auf der Welt bis Ende des Jahres bewerben. Die schärfste Kritik daran kam bisher vom Slate-Autor Jacob Weisberg. Er sieht in ihm eine weiße Version der Basketball-Liga NBA, die ganze Generationen junger Menschen zur oft erfolglosen Suche nach dem schnellen Erfolg verlockt und davon abhält, sich Wissen anzueignen, solange ihr Hirn noch in der Lage dazu ist.
Thiels Idee hängt eng mit seiner Weltanschauung zusammen. Der Mann, von dem in Gordon Finchers Facebook-Film behauptet wird, sein Held sei der Wall-Street-Schurke Gordon Gekko, ist ein überzeugter Libertärer. Sein Geld verdiente er nicht nur als früher Facebook-Investor, sondern auch mit dem von Max Levchin entwickelten Online-Bezahldienst PayPal, den er 2002 für eineinhalb Milliarden Dollar an eBay verkaufte. PayPal sollte seinen eigenen Angaben nach ursprünglich nicht nur Profit erwirtschaften, sondern auch eine nicht von Zentralbanken kontrollierte Weltwährung erschaffen und Staaten die Möglichkeit zum Erheben von Steuern entziehen.
Der Libertarismus des Risikokapital-Milliardärs unterscheidet sich grundlegend von dem Glenn Becks, der die Ideologie in den letzten beiden Jahren recht erfolgreich für die Tea-Party-Bewegung ausgeschlachtet hat und sich selbst als "libertär-konservativ" bezeichnet. Während Beck mit seinen Rückgriffen auf Gold als Währung und die amerikanische Geschichte an den gemeinen Mann appelliert und sich als dessen Sprecher gibt, ist Thiel offen elitär.
Die Abscheu des gebürtigen Deutschen vor den Massen geht so weit, dass er offen zugibt, Demokratie und unternehmerische Freiheit mittlerweile für unvereinbar zu halten. Die Öffentlichkeit, so Thiel, unterstütze nämlich keinen unregulierten Kapitalismus. Spätestens seit der Einführung des Frauenwahlrechts und dem Ausbau des Wohlfahrtsstaates ist der Ausdruck "kapitalistische Demokratie" seiner Ansicht nach ein Oxymoron.
Deshalb, so das Vorstandsmitglied der Bilderberg-Gruppe, würden kluge Libertäre auch keine Hoffnung mehr in eine Änderung der politischen Verhältnisse legen, sondern sich mit transstaatlichen Fluchträumen befassen, von denen ihm derzeit vor allem drei vielversprechend erscheinen: Das Internet, der Weltraum und das Meer. Im Internet sieht er Facebook als Möglichkeit zur Entwicklung von Gemeinschaften jenseits von Staaten, befürchtet aber, dass Fortschritte sich eher als imaginär, denn als real erweisen könnten. Der Weltraum bildet ihm zufolge zwar potenziell endlose Möglichkeiten, um politischer Regulierung zu entkommen - allerdings schreitet die technologische Entwicklung zu dessen Erschließung so langsam voran, dass er vor der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts nicht mit Szenarien rechnet, wie sie Robert Heinlein für seine Erzählungen verwendete.
Eine vielversprechende Zwischenlösung liegt für Thiel deshalb in der Herstellung künstlicher Inseln. Aus diesen Gründen ist er einer der wichtigsten Förderer von Parti Friedmans Seasteading-Projekt . Eine Schwierigkeit in der Erzeugung von Siedlungsräumen im Meer, die nicht von Staaten beansprucht werden, besteht jedoch darin, dass Inseln nach Artikel 57 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) innerhalb einer Zone von 370 Kilometern von benachbarten Staaten beansprucht werden können.
Darüber hinaus fördert Thiel auch die an Lebensverlängerungstechnologien arbeitende Methusalah Foundation. Angeblich schlug er in seiner Zeit bei PayPal vor, den Angestellten als Sonderzulage das Einfrieren des Körpers nach dem Tode anzubieten.
Mit seinem neuen Thiel Fellowship verleiht der bekennende Homosexuelle seiner Auffassung Ausdruck, dass Universitäten, ebenso wie Regierungen, mehr kosten als sie wert sind und Studenten davon abhalten, gute Ideen zu verwirklichen. Eine Ansicht, die offenbar auch von seiner Zeit an der Stanford-Universität geprägt ist, wo Thiel Philosophie und Recht studierte. 1999 veröffentlichte er über seine dortigen Erfahrungen das Buch The Diversity Myth, in dem er schildert, wie in Folge von Moden Standards herabgesetzt und die Freiheit der Forschung und des akademischen Austauschs durch Tabus, Verbote und "Hexenjagden" behindert wurde.
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