Der neue Traum von der "Wiedergeburt der Atomenergie"

Seite 3: Flamanville: Klare Absage an die Atomkraft

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Zurück zu Flamanville, wo sich am Samstag heute zahlreiche Atomkraftgegner an der Baustelle-Bauruine versammelt haben. Etwa 5.000 Menschen demonstrierten friedlich gegen die Gefahren und die enormen Kosten, die durch die Atomindustrie entstehen. Sie erteilten der Atomkraft erneut eine klare Absage.

Das Netzwerk für den Ausstieg aus der Atomindustrie hat im Aufruf daran erinnert, dass drei Viertel aller französischen Atomkraftwerke ohnehin schon "das Ende ihrer vorgesehenen Laufzeit erreicht" haben, weshalb das "Risiko eine Katastrophe akut und hoch(!) ist"

Ein sofortiges Umsteuern wird gefordert. Die geschätzten 60 Milliarden Euro, die mit einer "Flickschusterei an alten Reaktoren" angesichts der massiven Probleme in altersschwache Meiler fließen sollen, sollten in alternative Energien wie Sonnen- und Photovoltaikkraftwerke, Biomasse, Wind- und Wasserkraft und Gezeitenkraftwerke investiert werden.

In Flamanville machten sie auch darauf aufmerksam, dass die Baugenehmigung für den EPR im kommenden April abläuft, danach diese Baustelle illegal ist. Dort, so weisen auch sie hin, gäbe es fatale Probleme, sprechen sie insbesondere den fehlerhaften Reaktordruckbehälter an, das zentrale Sicherheitselement eines Atomkraftwerks.

Dazu, so berichtet auch Le Monde mit Hinweis auf die Atomaufsicht heute, seien 20 neue "Anomalien" am Reaktor aufgetaucht. So wird immer fraglicher, ob das Projekt jemals fertiggestellt wird und das gilt auch für Olkiluoto. Auch deshalb braucht die französische Atomindustrie das Projekt in Hinkley Point, um dem EPR, der noch nirgends umgesetzt werden konnte, nicht schon jetzt die Sterbeurkunde auszustellen.

Der größte Anti-Atom-Protest seit Fukushima 2011

Die Demonstration - der größte Anti-Atom-Protest seit den fatalen Vorgängen in Fukushima 2011 - zeigt, dass auch im Atomstromland Frankreich die gefährliche und teure Technik immer stärker hinterfragt wird. Ohnehin ist klar, dass es weiterhin kein Endlager für den über zehntausende Jahre strahlenden hochradioaktiven Müll gibt. Auch dabei schießen sogar die geplanten Kosten längst durch die Decke, obwohl noch nicht einmal mit dem Bau ernsthaft begonnen wurde.

Wurden einst als Endlagerkosten 18 Milliarden Euro veranschlagt, werden nun allein für das Cigeo-Projekt in Lothringen schon 41 Milliarden Euro veranschlagt. Dort soll ein Tunnelsystem in einer Lehm-Ton-Schicht in einer Tiefe von 500 Metern geschaffen werden, um dort nach einer neuen Entscheidung des Parlaments etwa 80.000 Kubikmeter Atommüll zunächst für 100 Jahre angeblich "rückholbar" zu lagern.

Doch auch im fast menschenleeren Lothringen ist gegen die Erwartungen der Atomindustrie der Widerstand stark, wie sich gerade in diesem Sommer wieder deutlich gezeigt hat. So konnte das Baugelände wieder besetzt und eine Mauer abgerissen werden. Zuvor hatte auf Klagen der Atomkraftgegner ein Gericht schon einen Baustopp verhängt, da die Betreiber des Projekts nicht einmal über die notwendigen Genehmigungen verfügen.

Das war nur einer der vielen Tricks, mit denen gegen alle gesetzlichen Vorgaben und mit allen Mitteln versucht wird (vgl. Frankreich treibt Endlagerpläne gegen allen Widerstand voran), irgendwie ein Endlager als Voraussetzung für eine weitere Legitimation der gefährlichen Atomenergie zu schaffen. Dafür werden auch die gesetzlichen Vorgaben missachtet, wonach eigentlich drei verschiedene Standorte und Lagermedien hätten untersucht werden sollten, was nie geschehen ist.