Der portugiesische Sparweg
Portugal will den Spitzensteuersatz erhöhen, Börsengewinne besteuern und Militärausgaben kürzen
Auch die sozialistische Regierung in Portugal muss angesichts seiner Verschuldung und des hohen Haushaltsdefizits sparen (Kreist auch über Portugal der Pleitegeier?). Die Regierung hat am Montag ihren "Stabilitäts- und Wachstumsplan" (PEC) vorgestellt. Deutlich unterscheiden sich die Sparpläne Lissabons von denen, wie sie vom Nachbar Spanien oder Griechenland nach Brüssel übermittelt wurden. Statt einer Erhöhung der Mehrwertsteuer plant Portugal eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, eine Besteuerung von Börsengewinnen und eine Kürzung der Rüstungsausgaben.
Auch die sozialistische Minderheitsregierung von Ministerpräsident José Sócrates will an der Steuerschraube drehen, um die Staatseinnahmen zu erhöhen und das Haushaltsdefizit zu verringern. Doch setzen die Sozialisten in Portugal an einer ganz anderen Stelle an, als es die Genossen in Spanien und Griechenland tun. Während Madrid und Athen vor allem auf die Anhebung der Mehrwertsteuer um 2% setzen, will Sócrates den Spitzensteuersatz von 42% auf 45% für die Einkommen erhöhen, die jährlich über 150.000 Euro liegen.
Wie viele der angestrebten Maßnahmen soll auch diese bis 2013 begrenzt sein. Damit sollen die Spitzenverdiener stärker an den Kosten zur Krisenbewältigung beteiligen werden. Die Sozialisten in Spanien und Griechenland dagegen treffen mit den Anhebungen von Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern auf Benzin, Tabak, etc. besonders die, die nur wenig Geld zur Verfügung haben. In Portugal sollen demnächst auf Börsengewinne 20% Steuern erhoben werden, schlägt die Regierung vor. Zudem will sie auch den Rotstift an den Rüstungsausgaben ansetzen. Die sollen in den nächsten vier Jahren sogar um 40% zusammengestrichen werden.
Ansonsten finden sich auch in Portugal die üblichen Sparanstrengungen. Die Gehälter der Staatsangestellten, die schon 2009 eingefroren wurden, sollen auch in den kommenden drei Jahren real sinken, die Anhebungen sollen bis 2013 unter der Inflationsrate liegen. Zudem werde auch nur noch jede zweite freiwerdende Stelle im öffentlichen Dienst neu besetzt, um die Personalkosten des Staates von derzeit über 11% am Bruttosozialprodukt (BIP) bis 2013 auf unter 10% zu senken.
Der Bau der Schnellzugtrasse zwischen Lissabon, Porto und dem spanischen Vigo will die Regierung um zwei Jahre verschieben, andere geplante Investitionen sollen ganz entfallen. Die Regional- und Kommunalverwaltungen dürften nach den Plänen nur noch in Not- und Ausnahmefällen neue Schulden machen und 2013 keine Neuverschuldung mehr aufweisen. Nur um 0,5% der Wirtschaftsleistung sollen die Sozialausgaben gesenkt werden. Vor allem der in der Krise verlängerte Bezug von Arbeitslosengeld soll wieder entfallen.
Die Regierung geht davon aus, dass zudem sechs Milliarden Euro durch die Privatisierung von Staatsbetrieben in die Staatskasse fließen werden. Insgesamt hofft sie mit einem geringen Wirtschaftswachstum zwischen 0,7% im laufenden Jahr, das bis 2013 langsam auf 1,7% steigen soll, das Haushaltsdefizit bis 2013 unter die vom EU-Stabilitätspakt vorgesehene Drei-Prozent-Grenze drücken zu können. "Die öffentlichen Investitionen erreichten ihren Höhepunkt 2009 mit den Konjunkturprogrammen, über die nächsten Jahre werden sie nun langsam abgebaut", sagte der Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos. 2010 soll das Defizit zunächst um 1% auf 8,3% gesenkt werden. 2011 sollen es dann 6,6% sein, 2012 werden insgesamt 4,7% angestrebt, um dann 2013 bei 2,8% zu landen.
Anders als in Spanien und Griechenland, das schon unter Zwangsverwaltung der EU gestellt wurde, will die portugiesische Regierung die Maßnahmen aber zuerst mit den Gewerkschaften und im Parlament diskutieren, bevor die Sparpläne bis Ende März der EU vorgelegt werden müssen. So wird sich schon am Freitag im Parlament zeigen, was von den geplanten Maßnahmen übrig bleibt. Dann wird über den Haushalt entschieden, in den die Kürzungen der Personalkosten eingearbeitet sind.
Besonders der Linksblock kritisiert die geplanten Maßnahmen heftig. Der Wirtschaftswissenschaftler und Chef des Bloco de Esquerda spricht von einem "terroristischen Anschlag" auf den Sozialstaat in einem Land mit ohnehin sehr niedrigen Löhnen. Neben den Lohnkürzungen verurteilt Francisco Anacleto Louçã vor allem die geplanten Privatisierungen. Die Linke werde niemals Plänen zustimmen, die Firmen mit strategischer Bedeutung zu privatisieren, die rentabel sind und Einnahmen für den Staat generieren. Darunter befinden sich der große Energieversorger EDP, die Ölfirma Galp oder die Post (CTT).
Der Linksblock begrüßt allerdings die geplante Anhebung des Spitzensteuersatz und die Steuern auf die Veräußerungsgewinne. Allerdings vermutet Louçã, dass die Sozialisten (PS), um eine Mehrheit für andere Sparmaßnahmen zu bekommen, letztlich zum Beispiel dagegen stimmen werden, die Gewinne auf Börsengewinne auf 20% festzusetzen. Seit langem fordere dies der Linksblock, doch die PS hätte sich stets dagegen gestellt. Schon diese Woche werde die PS mit der Sozialdemokratische Partei (PSD), die eher christlichdemokratisch ist, und der rechtspopulistischen Volkspartei (CDS) gegen diese Maßnahme stimmen, sagt Louçã vorher.
Sparpläne aus Lissabon sind realistischer als die spanischen oder griechischen
Griechenland will mit dem rabiaten Sparkurs, den der Regierung von Rating-Agenturen und der EU aufgepresst wird, das Defizit schon 2010 um 4% auf 8,7% senken. Spanien will es ebenfalls deutlich stärker als Portugal von gut 12% auf unter 10% senken, um bis 2013 die Stabilitätskriterien wieder einzuhalten. Schon rechnerisch ist dies ein ziemlich zweifelhaftes Unterfangen ("Club Med"-Staaten in der Zwickmühle).
Und anders als in Portugal werden sich die Steuererhöhungen in Griechenland und Spanien klar negativ auf den privaten Konsum auswirken. Zudem waren die Konjunkturprogramme in Portugal deutlich erfolgreicher als zum Beispiel in Spanien. Das Land konnte die Rezession schon im zweiten Quartal 2009 abschütteln. Zwar weist Spanien eine geringere Gesamtverschuldung als Portugal aus, das Land steckt aber noch immer in der Rezession und muss für die Rekordarbeitslosigkeit, mit fast 20% mehr als doppelt so hoch wie im Nachbarland, auch weiterhin extrem viel Geld aufwenden.
Die geplanten Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen in Griechenland und Spanien werden den beiden Ökonomien in der Zukunft noch schwer zu schaffen machen und dafür sorgen, dass die geplanten Budgetziele in die Ferne rücken. Experten sehen angesichts der drakonischen Sparmaßnahmen kommen, dass zum Beispiel die Wirtschaftsleistung in Griechenland 2010 um bis zu 5% einbrechen könnte. Demnach würde sich der wirtschaftliche Niedergang, wenn auch schwächer, 2011 fortsetzen. Das würde zu enormen Steuerausfällen führen und sich wiederum negativ auf das Haushaltsdefizit auswirken. Wie unter solchen Vorraussetzungen das Land bis 2012 die EU-Stabilitätskriterien erfüllen soll, steht in den Sternen. In Spanien wird das wohl nicht viel anders aussehen, weil hier die extrem hohe Arbeitslosigkeit erschwerend hinzukommt.
Den Rating-Agenturen scheint allerdings der Kurs nicht zu gefallen, mit dem in Portugal das Defizit abbauen will. Offensichtlich hätte man es gerne gesehen, wenn man versuchte, den Gewerkschaften die Flügel zu stutzen, wie man es auch in Spanien fordert. Gefallen hat ihnen nicht, dass die in der vergangenen Woche einen massiven 24-stündigen Streik im öffentlichen Dienst gegen die Sparpläne organisierten. So kritisierte der Fitch-Direktor Paul Rawkins die angeblich ungenügenden Bemühungen zur Eindämmung des Haushaltsdefizits des Landes. Deshalb stellt Fitch sein Rating für Portugal unter Beobachtung und merkte an, dass man es notfalls weiter herunterstufen werde.
Dabei, so ist schon jetzt klar, hat Portugal keine Probleme, neue Staatsanleihen zu platzieren. Eine zehnjährige Staatsanleihe in einer Höhe von drei Milliarden Euro konnte vergangene Woche problemlos platziert werden. Eine für diesen Mittwoch fällige Emission war schon zuvor deutlich überzeichnet.