Der teuerste Parkplatz der Welt

Flughafen BER, Flugbrücken. Foto (2012): Muns / CC BY 3.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Von einem neuen Immobilitätsstandort vor den Toren Berlins, einem drohenden Fadenriss bei den Herstellern von Windkraftanlagen und dem mangelnden Interesse der Bundesregierung an strukturschwachen Regionen

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Manchmal haben es Kabarettisten wirklich schwer. Wie soll man noch die Dauerbaustelle vor den Toren Berlins, die weltweit immer wieder für Spott sorgt, auf die Schippe nehmen, wenn das wahre Leben selbst die beste Satire liefert? Letzte Woche berichtete die Berliner Zeitung, dass die Flughafenbaustelle BER zu einem gigantischen Parkplatz mutiert.

Schön, könnte man meinen, da hat jemand nachgedacht und will die Pendlerströme aus der Stadt fern halten. Würde sich anbieten, denn das Gelände ist leidlich gut an das Bahn- und S-Bahnnetz angebunden, mit dem zahlreiche Bahnhöfe in der Spreemetropole ohne Umsteigen erreicht werden.

Doch, nein. So nun auch wieder nicht. Es geht vielmehr darum, dass VW, Deutschlands größter Automobilhersteller, der Zeit reichlich auf Halde produziert. Insgesamt, so will die Berliner Zeitung erfahren haben, müssten für bis zu 250.000 Neuwagen vorübergehend ein Stellplatz her. Doch die werden nicht nur in Brandenburg gesucht. Auch im westfälischen Münster hat der Konzern ein ganzes Parkhaus zu diesem Zweck angemietet.

Hintergrund sind neue Normen für die Bestimmungen der Abgaswerte. Laut VW gelten diese WLTP (Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure) seit September 2017. Ab dem 1.9.2018 wird es kein Zulassung mehr geben, wenn diese tests nicht angewendet wurden. Offensichtlich ist man bei VW aber bisher zu sehr mit anderem, zum Beispiel mit Scherbenaufkehren nach dem Dieselskandal, beschäftigt, sodass man sich nicht bei Zeiten um die Umsetzung der neuen Standards zu kümmern.

Die Berliner Zeitung merkt derweil an, dass der BER ja noch reichlich freie Kapazitäten habe, die den anderen deutschen Herstellern angeboten werden könne. So ließe sich denn die Flughafenbaustelle - Fertigstellung hätte vor sechs Jahren sein sollen - zu einem wahren Immobilitätsstandort ausbauen.

Über 40 Prozent

Etwas bessere Nachrichten gibt es hingegen vom Umbau der Stromversorgung. Schon wieder gilt es einen Rekord der erneuerbaren Energieträger in der hiesigen Stromversorgung zu würdigen. Im ersten Halbjahr produzierten sie knapp 114 Milliarden Kilowattstunden.

Das waren 41,5 Prozent der deutschen Nettostromerzeugung der öffentlichen Kraftwerke, wie aus den Daten des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme hervorgeht. 2017 hatten Sonne, Wind & Co. 37,7 Prozent zur Nettostromerzeugung beigetragen.

Bild: Fraunhofer ISE

Wie obige Grafik zeigt, hat vor allem die gesteigerte Produktion der Windkraftanlagen zum neuen Rekord beigetragen. Die hatte sich bereits seit letztem Herbst bemerkbar gemacht. Aber auch die Sonnenenergie hat deutlich zugelegt.

Im Mai gab es den bisher besten Monatsertrag seit der Einführung der Technologie, und auch der Juni fiel nur unwesentlich schlechter aus. Insgesamt war Anfang Juli bereits 64 Prozent der Gesamtmenge an Sonnenstrom erreicht, die Ende 2017 verbucht werden konnte.

Der Fachinformationsdienst kommt IWR nach Auswertung der Daten der Übertragungsnetzbetreiber auf leicht andere Angaben, wonach die Erzeugung der Erneuerbaren im ersten Halbjahr 105 Milliarden Kilowattstunden betragen hat. (In den Daten ist der Eiegneverbrauch des Solarstroms nicht enthalten.) Auf jeden Fall wäre auch das ein neuer Rekord. Laut IWR sind damit erstmalig in einem Halbjahr übe 100 Milliarden Kilowattstunden erzeugt worden.

Windanlagen auf hoher See, sogenannte Offshore-Anlagen, haben demnach 9,1 Milliarden Kilowattstunden beigetragen. Das entspricht einer Auslastung von knapp 40 Prozent, was für Windkraft viel ist. Auf See weht es wegen der geringen Rauigkeit der Oberfläche nicht nur stärker sondern auch öfter.

Nur deshalb lohnt sich der teurere Ausbau, den Deutschland hauptsächlich in seiner Ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee betreibt. Die Ostsee ist hingegen vor der deutschen Küste deutlich enger und die AWZ nur sehr klein.

Die Anlagen sind von Land meist nicht zu sehen. Nur vom Helgoländer Oberland sieht man bei guter Sicht am fernen, nördlichen Horizont einen dichten Wald von Anlagen stehen. Die AWZ ist jener Teil der internationalen Gewässer außerhalb der 12-Meilen-Zone, die den Anrainerstaaten zur ausschließlichen wirtschaftlichen Nutzung zusteht.

An den offenen Ozeanküsten ist das meist der Streifen bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen (eine Seemeile entspricht 1,852 Kilometern) von Land. Nord- und Ostsee sind hingegen unter den Anrainern vollständig aufgeteilt.

Fadenriss 2019?

Die große Frage ist allerdings, wie lange die Erneuerbaren noch von Erfolg zu Erfolg eilen können. In all dem von der CSU veranstalteten Geschrei sind in den letzten Wochen diverse wichtige Themen in der öffentlichen Wahrnehmung untergegangen.

Neben dem Angriff der AfD auf die gesetzlichen Renten zum Beispiel auch die Energiepolitik, in der die Berliner Koalition bisher nicht einmal ihre dürftigen Versprechen einlöst, mit Sonderausschreibungen einen Fadenriss in der Windindustrie zu verhindern.

Der droht durch die Umstellung auf Ausschreibungsverfahren und begrenzte Ausschreibungsvolumen einerseits und dadurch, dass in den ersten Runden fast ausschließlich Gebote zum Zuge kamen, denen verlängerte Umsetzungsfristen eingeräumt wurden. Für 2019 wird daher mit einem Einbruch der Ausbauzahlen gerechnet.

2017 hatte es noch einen erneuten Rekordzubau von rund 5,5 Gigawatt (GW) brutto gegeben. (Gleichzeitig wurden Altanlagen mit rund 0,5 GW Leistung abgebaut.) In den Ausschreibungen werden künftig nur noch 2,8 GW brutto pro Jahr zugelassen.

Mit den verlängerten Umsetzungspflichten sollte Bürgerprojekten die Teilnahme an den Ausschreibungen erleichtert werden. Außerdem mussten diese Gebote anders als die anderen Bieter nicht bereits die Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eingeholt haben.

Gleichzeitig wurde deren Definition aber derart diffus vorgenommen, dass sich letztlich viele Fonds und Kapitalgesellschaften als Vorhaben ansässiger Bürger ausgaben, um an die verbesserten Konditionen zu gelangen.

Anfang Juni sind diese Privilegien - nicht zuletzt auf Drängen der Hersteller und auch des Bundesverbandes Windenergie, der viele Betreiber vertritt - für zunächst zwei Jahre ausgesetzt worden. Aber das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen und zum Jahresende 2018 gehen die letzten Anlagen in betrieb, die noch unter den alten Bedingungen errichtet werden konnten.

Ab Januar 2019 können nur noch Windkraftanlagen an Land ans Netz angeschlossen werden, die zuvor im Rahmen einer Ausschreibung den Zuschlag bekommen haben. Doch viele Projektierer lassen sich offensichtlich die eingeräumte Zeit und daher bekommen einige Hersteller schon jetzt einen erheblichen Auftragsrückgang zu spüren.