Deutschland droht den USA

Seite 2: Washington will das deutsche Europa spalten

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Diese geopolitische Karte wird nun offensichtlich gespielt. Letztendlich sind die USA einfach bemüht, das deutsche Europa zu spalten, um die Dominanz Berlins im europäischen Währungsraum zu brechen und die Ausbildung einer eurasischen Achse Berlin-Moskau zu verhindern.

Hierzu bedient sich Washington derjenigen mittelosteuropäuschen Staaten, die als Transitländer russischer Energieträger den meisten Einfluss durch die energiepolitischen Deals zwischen Moskau und Berlin zu verlieren haben. Durch die Umgehung Mittelosteuropas durch Nordstream verlieren diese Länder jeglichen energiepolitischen Verhandlungsspielraum, wie er noch 2005 beim ukrainisch-russischen Gasstreit offensichtlich wurde. Den geopolitischen Hebel, mit dem das deutsche Europa ausgehebelt werden soll, setzte Trump bei seiner jüngsten Visite in Warschau an.

Die Visite Trumps in Warschau fand während einer Konferenz der sogenannten Drei-Meere-Initiative statt, bei der zwölf Mittelosteuropäische Länder zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und der Adria sich bemühen, einen eigenständigen geopolitischen und wirtschaftspolitischen Block auszubilden. Den Kern dieses sich zwischen Deutschland und Russland ausformenden "Zwischeneuropa" bilden die Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und Slowakei, gefolgt von etlichen Südosteuropäischen und Baltischen Staaten. Trump firmierte als "Ehrengast" dieser Konferenz. In Anlehnung an alte geopolitische Konzeptionen der Zwischenkriegszeit will diese semiperihpere Region ihre Stellung als "verlängerte Werkbank" der deutschen Exportindustrie abschütteln, erläuterte Welt Online:

Diese zwölf Länder, die 22 Prozent der EU-Bevölkerung darstellen, wollen ihr Gewicht bündeln, um innerhalb Europas an Einfluss zu gewinnen. Ein neuer östlicher Pol in Europa als Gegengewicht zum deutsch-französischen Duo. Das Ziel sind gemeinsame Positionen in den EU-Institutionen und mehr Nord-Süd-Handel. Bisher verlaufen die Verkehrswege in Europa vor allem von Ost nach West. Die neue Nord-Süd-Achse soll dem Osten Europas wirtschaftlich noch mehr Aufschwung verschaffen.

Welt Online

In "Brüssel und Berlin" sehe man hierin den Versuch "parallele Strukturen" innerhalb der EU zu schaffen, so Welt Online. Die Warschau-Visite Trumps diente dazu, diese Entwicklung zu fördern, die EU solle geschwächt, gespalten werden. Erinnerungen würden wach an den von Deutschland abgelehnten Irakkrieg und die anschließende Spaltung der EU entlang eben dieser Linie, die durch den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf die Schlagworte vom "neuen" und vom "alten" Europa gebracht wurde.

Es ließe sich sogar argumentieren, dass hier nun die geopolitische Konstellation der Zwischenkriegszeit aufscheint, als Mittelosteuropa als ein Puffer zwischen Deutschland und Sowjetrussland firmierte, der vor den Westmächten unterstützt wurde. Die Ideen, einen eigenständigen geopolitischen Machtblock zwischen Ostsee und Schwarzem Meer aufzubauen, gehen auf das alte Intermarium-Konzept polnischer Geopolitik zurück. Gestützt auf amerikanische Truppen, die in der Region stationiert wurden, flankiert durch Energiedeals mit den USA, wollen die Staaten der Region - allen voran die nationalistischen und zunehmend autoritären Regierungen Polens und Ungarns - ihre Region als einen eigenständigen geopolitischen Akteur mit einer unabhängigen ökonomischen Fundament etablieren.