Die "Eine Menschheit"
Seite 4: Präzise "Globalisierungskritik" wider die Lüge des Heimatmuseums
- Die "Eine Menschheit"
- Prophetische Kritik: Imperien bringen eine zerrissene Menschheit hervor
- Der kosmopolitische Optimismus und das Wahngebilde "Rassismus"
- Präzise "Globalisierungskritik" wider die Lüge des Heimatmuseums
- "Es ist nicht zu spät für eine glückliche Jugend der Menschheit"
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Quacksalber, die einen Rückzug in die heile Welt von Heimatmuseen oder nationalen "Volksheimen" versprechen, erhalten nennenswerten Zulauf. Verhaltensauffällige Lokalmatadore ohne jeden Sinn für den zivilisatorischen Ernstfall, die mit großer Politik beauftragt werden, zeigen die bedenkliche Lage unserer Spezies an.
Globale Nachbarschaft ist jedoch allein schon wegen der kommunikationstechnologischen Umwälzungen ein Faktum, wobei freilich die Qualität dieser "Nachbarschaft" sich in höchst unterschiedliche Richtungen entwickeln kann.
Statt diffus von Globalisierungskritik zu sprechen, sollten wir heute stets deutlich machen, dass wir eine bestimmte - gewalttätige und Tod produzierende - Form von Globalisierung beenden wollen. Zu vermitteln ist auch, dass eine kommunikative Weltgesellschaft und eine politisch verbundene Weltgemeinschaft - um des Überlebens willen - mit einer zentralistischen "Weltdiktatur" rein gar nichts zu tun haben.
Die glückliche, allseits bekannte Formel "global denken - lokal handeln" ist gut geeignet, die Konstruktion von falschen Gegensätzen zu entlarven. Warum sollte ein zärtlicher Sinn für Besonderheiten und Erscheinungsformen des nahen Sozialgefüges oder das Prinzip der Subsidiarität (Hochschätzung von Kompetenzen vor Ort) unverträglich sein mit einem universalen Horizont?
Warum sollte es reaktionär sein, in einer Region ökonomische und technologische Infrastrukturen zu entwickeln, die etwa in einer durchgreifenden Krise - gleich welcher Genese - auch unabhängig von übergeordneten Systemen grundlegende Lebensbedingungen im Nahbereich aufrechterhalten? In einer kommunikativ verbundenen, dialogischen Menschheit kommen erfolgreiche Experimente von Kleinräumen schließlich immer dem Ganzen zugute.
Die alles entscheidende Frage: "Scheitert der homo sapiens?"
Die Entschlüsselung unseres Genoms erweist den biblischen Mythos vom gemeinsamen "Urelternpaar" gleichsam als überzeugende Wissenschaft und widerlegt jede Rassenkunde. Die Eine Menschheit ist zunächst ein grundlegendes Faktum, bevor sie auch als zu bewahrheitendes "Ideal" zur Sprache kommt. Es gibt nur eine einzige menschliche Rasse. Der Planet ist ihr gemeinsamer, unteilbarer Lebensraum. Eine andere Erde steht der Spezies im Übrigen nicht zur Verfügung.
Die Rechte, deren Metier sich stets in Destruktivität und Todestrieb erschöpft, hat die zivilisatorische Zukunftsfrage "Teilen oder Töten?" bereits in einer erwartbaren Weise entschieden. Sie begrüßt es, wenn noch mehr Mitglieder der menschlichen Familie "absaufen" oder verdursten, und wird es nie verstehen, dass mit einem solchen Geschwistermord-Programm am Ende die gesamte Gattung untergeht.
Hier kommt es aber für eine zukunftsträchtige Linke darauf an, nicht beim moralischen Einspruch stehenzubleiben. Das "Experiment Mensch", so will u.a. eine fatalistische Fraktion der Jugend wissen, ist bereits gescheitert und wird in Selbstzerstörung münden.
Das kulturfähige und unter bestimmten Voraussetzungen auch liebesfähige "Säugetier Homo sapiens", ausgestattet mit einer zuvor in unserer Welt so nie gekannten Selbstbewusstheit, hat den Sprung in eine unerhörte Freiheit geschafft. Doch eine winzige Zeitspanne des schon immer vom Motor Angst bestimmten und zuletzt durch Beherrschungswissenschaften beschleunigten Zivilisationsprozesses wird uns dahinführen, am Ende alles in die Luft zu jagen …
Aus guten Gründen sollten Linke zukünftig auf totale Weltanschauungen, deterministische Geschichtsfahrpläne und eine abgeschlossene Wissenschaft vom Menschen verzichten. Etwas ganz anderes ist es jedoch, die Gattungsfrage auf neue Weise zu stellen! Eine Jugend, die das Weltuntergangsprogramm langweilig findet und sich am eigenen Menschsein durchaus erfreut, könnte sich weigern, das Scheitern des homo sapiens schon wie eine ausgemachte Sache zu akzeptieren. Warum sollte am Ende die abgründige Kehrseite des menschlichen Reichtums stehen, schlussendlich das Hässliche über die mögliche Schönheit unserer Gattung obsiegen?
Wenn wir im öffentlichen Debattenraum - jenseits der medialen Albernheit und Banalität - auf einem solchen Niveau miteinander ins Gespräch kommen können, beginnt die spannendste Phase der Menschheitsgeschichte: ein Aufstehen des seiner potentiellen Destruktivität bewussten homo sapiens für die Integrität und Schönheit der eigenen Spezies. Die vom "Neoliberalismus" selbstgemachten Götzen des Todes vom Thron zu stürzen, das wird unter solchem Vorzeichen vielleicht nur noch eine Anfangsübung sein.