Die Eurofans dürfen aufatmen

In Zypern gewann der Konservative Nikos Anastasiadis

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Knapper als erwartet hat der konservative Kandidat Nikos Anastasiadis mit 57,48 Prozent der gültigen Stimmen gegen Stauros Malas, der auf 42,52 Prozent kam, die Stichwahl für die Präsidentschaft Zypern für sich entschieden. An die Macht kommt nun nach dem Kommunisten Dimitris Christofias ein, wie Christofias oft betonte, von "antikommunistischer Hysterie" getriebener Politiker. Trotzdem möchte Anastasiadis als "Präsident aller Zyprer" sein Land aus der Krise führen und ideologische Gegensätze beiseiteschieben. Anastasiadis war auch der Favorit der EU, die den Zyprern bislang den Eurorettungsschirm verweigerte. Die EU wollte erst nach der Wahl über die notwendigen Hilfen entscheiden.

Der neue Präsident kündigte bereits Reformen, Sparmaßnahmen, eine europanahe Politik und enge Zusammenarbeit mit den Griechen an. Den Zyprioten stehen harte Zeiten bevor. Sie hatten im ersten Quartal 2012 Staatsschulden in Höher von moderaten 74,6 Prozent des BIPs. Bis 2014 werden es schätzungsweise 150 Prozent sein. Hauptgrund für diese immense Neuverschuldung ist das zusammenbrechende Bankensystem des Landes, das sowohl durch die Verwicklung in griechische Staatsanleihen als auch durch zahlreiche dubiose, unter dem Vorwurf der Geldwäsche stehende Geschäfte leidet. Von mehr als 20 Milliarden Schwarzgeldern, die auf zypriotischen Konten schlummern sollen ist die Rede.

Die 862.000 Einwohner der Insel erleben somit das gleiche Schauspiel wie die übrigen Südstaaten Europas. Sie dürfen für die Verfehlungen ihrer Oligarchen haften. Bereits jetzt stieg die Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres um mehr als 20 Prozent auf nun mehr als 12 Prozent. Das Handelsbilanzdefizit ist stark defizitär, der Bausektor leidet unter Umsatzeinbußen und Touristen bleiben aus. Die Rezession beträgt bereits über drei Prozent.

Wirklich interessant wird die Eurorettung bei Zypern, wenn man sich die Größenordnungen der benötigten Gelder zu Gemüte führt. Knapp 17,5 Milliarden Euro sollen aus dem ESM an die Banken fließen. Das ist fast mehr, als das BIP des Landes, welches 2012 bei 17,979 Milliarden lag.

Ob Anastasiadis in diesem Zusammenhang der richtige Mann am richtigen Ort ist, muss sich zeigen. Zumindest weht nach Enthüllungen über ihn durch das Nachrichtenmagazin Hot-Doc der Hauch einer eigenen Beteiligung an der Europarty der vergangenen Jahre. Hot-Doc berichtete von Finanzgeschäften des jetzigen Präsidenten, die eine verdächtig hohe Gewinnspanne aufwiesen, die Journalisten führten hohe Kredite aus russischer Quelle an, welche der gelernte Rechtsanwalt erhalten habe. Anastasiadis dementierte. Die von Hot-Doc gelieferten Daten über Transaktionen sollen aber dennoch der Wahrheit entsprechen. Zudem bestätigt die Bank of Cyprus ein Sponsoring des Politikers.

Gegenwind erhielt der konservative Anastasiadis auch aus der nationalen Ecke. Ein Vertreter der nationalbewussten Inselwelt ist Stauros Malas, der ebenso wie der scheidende Präsident Christofias aus der kommunistischen AKEL stammt. Anastasiadis, dem eine Nähe zum griechischen Premier Antonis Samaras nachgesagt wird, soll dem umstrittenen Einigungsplan, den der ehemalige UNO Generalsekretär Kofi Annan für die geteilte Insel entwarf, immer noch befürworten. Dieser Plan sieht eine Bundesrepublik eines griechischsprachigen Südteils mit einem türkischsprachigen Nordteil vor. Bislang hält die Türkei den Nordteil der Insel seit ihrem Einmarsch 1974 besetzt. Sie errichtete dort einen international nicht anerkannten Vasallenstaat Nordzypern.

Schuld an dem Dilemma war ein dilettantischer Putschversuch der griechischen Obristenregierung, welche den damals regierenden Erzbischof Makarios stürzen und selbst ein Vasallenregime auf der ganzen Insel errichten wollten. Seither sind die griechischen Zyprioten auf die Festlandsgriechen nicht besonders gut zu sprechen. Seitens der EU und der Vereinten Nationen gab es bisher starken Rückhalt für die Republik Zypern, die mit der Schuldenkrise einen weiteren Grund haben dürfte, böse Gefühle gegen Griechenland zu hegen. Momentan stehen die Chancen für die Türken jedoch nicht schlecht. Sie können auf ihre florierende Wirtschaft gestützt, Druck ausüben.

Wie ernst die Lage für die Inselrepublik ist, zeigt sich daran, dass vor wenigen Tagen ministerielle Staatskarossen sowie die Einrichtung des Finanzministeriums gepfändet wurden. Auf der Insel herrscht aus der Kolonialzeit nicht nur Linksverkehr, sondern auch noch das englische Schuldrecht, das kein "Asyl" für den Staat vorsieht. Hier haben die Zyprioten ihren griechischen Vettern einiges voraus. Denn das englische Schuldrecht gilt für die hellenischen Staatsschulden erst seit der Verabschiedung entsprechender Gesetze durch die Regierung Samaras im Januar 2013.