Die Facebook-Falle

Seite 3: Datenschutzrechtlich gegen die deutschen Partnerfirmen von Facebook vorgehen

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Wie sieht es mit den Datenschutz-Bestimmungen bei Facebook aus?

Sascha Adamek: Die New York Times schrieb einmal, diese Bestimmungen seien länger als der Wortlaut der amerikanischen Verfassung. Man könnte also annehmen, es bei Facebook mit einem besonders Datenschutz-sensiblen Unternehmen zu tun zu haben. Das Gegenteil ist der Fall: man liest hier, was Facebook alles darf und könnte, aber nicht genau, wie sie unsere Daten verarbeiten. Kaum ein Nutzer liest das, weil die schiere Textmenge einen erschlägt. Und wer es genau wissen will, kommt trotzdem nicht weiter. Jüngstes Beispiel: die umgehende Personalisierung (Firmen, bei denen ich Fan werde oder "gefällt mir" klicke, können direkt auf mein Profil zugreifen). Facebook schaltet diese Technik in Deutschland frei, behauptet aber, es hier nicht zu nutzen. Selbst staatliche Datenschützer können nicht nachprüfen, ob Facebook nun seinen Partner-Unternehmen den direkten Zugriff auf unsere Persönlichkeitsdaten ermöglicht.

Welche Instanzen überwachen Facebook bei der Einhaltung des Datenschutzes?

Sascha Adamek: In Deutschland gar keine, weil Facebook den Behörden Auskunft und Zugriff auf ihre Datenverarbeitungsmethoden weitestgehend verweigert. Trotzdem beruft man sich auf eine unabhängige Firma namens TRUSTe, die den Datenschutz überwache. Ich habe nur gestaunt, dass 2008 einer der wichtigsten Facebook-Investoren, Accel-Partners mit 10 Millionen Dollar bei TRUSTe eingestiegen ist. Soviel zur unabhängigen Kontrolle.

Gibt es Möglichkeiten, von politischer Seite diesbezüglich gegen Facebook vorzugehen? Ilse Aigner hat ja seinerzeit das Unternehmen aufgefordert, die Datenschutzrichtlinien zu ändern und bei deren Beibehaltung mit der Beendigung ihrer Facebook-Mitgliedschaft gedroht. Ernsthafte politische Konsequenzen sehen wohl anders aus...

Sascha Adamek: Ilse Aigner hat zwar ihr Facebook-Profil gelöscht, weil das Unternehmen seine illegalen Praktiken nicht einstellte. Ich glaube aber nicht, dass ihr öffentlichkeitswirksames Auftreten auch nur ein Gespräch am Kaffeeautomaten in der Facebook-Zentrale wert war. Facebook hat einfach kein wirkliches Interesse an der Einhaltung europäischer Datenschutz-Standards und ich glaube nach meinen Recherchen, sie verstehen die Mentalität hinter unserer Kritik auch nicht wirklich.

Der Datenschützer Thilo Weichert sagte mir mal scherzhaft, wenn Mark Zuckerberg mal wieder zum Weltwirtschaftsforum nach Davos komme, könne man ja die Radkappen seiner Limousine beschlagnahmen, um Bußgelder durchzusetzen. Weichert ist Realist. Aber er fügte auch hinzu, dass der nächste Schritt gegen die deutschen Partnerfirmen von Facebook gehen müsse. Die unterliegen deutschem Recht und sind auch für Bußgeldbescheide zu erreichen. Setzt sich Weicherts Linie durch, müssen also alle Webseiten, die Facebook über den "Gefällt-mir"-Button behilflich sind, Cookies bei Nicht-Mitgliedern zu setzen, auf datenschutzrechtliche Verfahren einstellen.

Ist die Art der Kommunikation bei Facebook überhaupt vereinbar mit dem Urheberrecht?

Sascha Adamek: Facebook sagt zwar in seinen Nutzungsbedingungen: "Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest." Ich habe einen Urheberrechts-Experten deshalb gefragt, ob das statthaft ist. Seine Antwort: Facebook kann das zwar schreiben, aber mit deutschen Urheberrecht verträgt sich das keineswegs. Jeder kann also gegen solche Verstöße auch auf Facebook rechtlich vorgehen.

Falls man bei Facebook nicht mehr mitmachen möchte, welche Möglichkeiten gibt es, seine Einträge zu löschen?

Sascha Adamek: Relativ einfach ist die Funktion "Konto deaktivieren" zu finden. Wer jedoch denkt, damit sein Profil zu löschen, irrt. Die Daten bleiben dann trotzdem bis zum Sanktnimmerleins-Tag bei Facebook. Facebook lässt uns nicht gerne gehen, also braucht es etwas Mühe, auszusteigen. Auf der Hilfeseite von Facebook kann man den Suchbegriff "Konto löschen" eingeben. Das funktioniert dann. Das heißt jedoch nicht, dass ich damit meine digitalen Facebook-Spuren im Netz gelöscht habe, denn einiges könnte längst bei Google gespeichert sein. Denn seit 2009 sind Facebook-Profile über Suchmaschinen auffindbar. Um auch das zu löschen, empfehle ich, ein Schreiben an Google u.a., mit der dringenden Bitte um Löschung. Wenn die Einträge ernsthafterer Natur sind, sollte man einen sogenannten Reputationsmanager einschalten. Die kosten zwar Geld, sorgen aber für die weitgehende Lösung unserer Spuren.

Sie haben während der Recherchen zu ihrem Buch versucht, den Sitz von Facebook in Europa und in Deutschland herauszufinden, sind aber nicht wirklich fündig geworden...

Sascha Adamek: Das war schon eine schräge Geschichte. Im Februar 2010 verkündete Facebook, eine Niederlassung in Hamburg zu eröffnen, um bessere Kontakte zur deutschen Werbewirtschaft zu bekommen. Im Telefonbuch fand ich eine Adresse, gleichlautend im Handelsregister unter Facebook Germany GmbH: Am Rathausmarkt 5. Es ist ein eindrucksvolles Bürogebäude direkt gegenüber dem Hamburger Rathaus. Auf den riesigen Tableaus mit Klingelschildern fand ich jede Menge Anwaltskanzleien, die Bank of China und eine Fondsgesellschaft, nur von Facebook keine Spur. Ebenso innen an den Briefkästen.

Ich bin dann die Treppe hochgegangen und habe beim Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung geklingelt. Dort öffnete mir ein junger Mitarbeiter. Er erinnerte sich, dass Facebook Ende 2009 für ein paar Wochen ein Klingelschild und sogar einen Briefkasten hatte. Aber mitbekommen habe man von den prominenten Nachbarn nichts. Die Stiftung habe sogar fragen wollen, ob Facebook an einer Veranstaltung zu sozialen Medien teilnehmen könne, aber jeglicher Versuch, die Firma im eigenen Bürohaus zu finden scheiterte genauso wie die Suche im Internet. Diese Episode steht leider für die gesamte Erreichbarkeit des Kommunikationsriesen. Selbst die Datenschutzbehörde Schleswig-Holstein, die Facebook mit einem Bußgeld drohte und vier Wochen Frist setzte, erhielt erst drei Monate später einen Brief, der allerdings auch nicht viel sagte.

Letztes Jahr wurde eine Initiative "Soziale Netzwerke gegen Nazis" gegründet, der zum Beispiel auch Stay Friends, My Space und Youtube beigetreten sind. Facebook hingegen nicht. Welche Begründung hat das Unternehmen hierfür abgegeben?

Sascha Adamek: Soweit ich weiß, hieß es, man unterstütze das Anliegen, sei aber noch nicht so weit, beizutreten. Das liegt nun wieder Monate zurück. Die beigetretenen Netzwerke achten aktiv darauf, rassistische und antisemitische Inhalte und Mitglieder zu löschen. Facebook verfolgt offenkundig eine andere Philosophie. Solange zum Beispiel die NPD nichts ins Netz stellt, was strafbar ist, will man sie auch nicht verbannen. Es läuft auf eine weitest gehende Duldung hinaus. Nach amerikanischem Recht ist übrigens nicht einmal die Leugnung des Holocaust strafbar.

Im zweiten Teil des Interviews geht es unter anderem über das Erkenntnispotential der Internet-Plattform für Geheimdienste und deren Rolle bei den Aufständen in Nordafrika

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