Die Gefahren des Niemandslandes

Auf einer Veranstaltung des österreichischen Innenministerium wurde die Cyberkriminalität für gefährlicher als das Organisierte Verbrechen erklärt

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Das österreichische Innenministerium hatte am Montag ein Symposium zum Thema Cyberkriminalität veranstaltet. Sinn des Ganzen war wohl, für die Notwendigkeit neuer Gesetze zu werben, um dem beschworenen Treiben der Kriminellen im "Niemandsland", wie der Innenminister Ernst Strasser von der ÖVP das Internet bezeichnete, besser begegnen zu können.

Zwar gebe es, so der Innenminister, wie der Standard berichtet, eine Abteilung von Cyberpolizisten, die Spezialisten der Abteilung II/16-ITB des Innenministeriums zur Bekämpfung der Computer- und Netzwerkkriminalität, .die Teil der Cyber Crime Unit sind und mit Interpol zusammen arbeiten, aber es fehle noch eine effiziente Kooperation mit der Justiz. Die Spezialisten sollen, wie "Öffentliche Sicherheit", das Magazin des Innenministeriums, in der letzten Ausgabe schreibt, "zu den besten Cyberpolizisten in Europa" zählen. Als Erfolg wird etwa auf die Festnahme eines Virenversenders hingewiesen, der irgendwie mit einer Untergrundorganisation verbunden sei und Emails mit einer Abart des "Love-Letter-Virus" an über 500 Adressaten verschickt habe (Österreich auf der Suche nach einer gefährlichen Internet-Untergrundorganisation.

Staatsanwältin Risa Schuhmeister-Schmatrai bedauert, dass nur zwei Paragrafen im Strafgesetzbuch auf IT-Krimnalität anwendbar seien. Man könne auch den Schaden, den ein Versender eines Virus verursacht, nicht wirklich berechnen. Bei maximal 10 Jahren Gefängnis sei schon Schluss mit der Bestrafung - und oft würde das Strafmaß nur dem des Diebstahls einer Wurstsemmel entsprechen. Und überhaupt sei die "IT-Kriminalität gefährlicher als die Organisierte Kriminalität". Exekutive und Justiz müssten gemeinsam ausgebildet werden, um gegenüber der IT-Kriminalität überhaupt eine Chance zu haben. Möglicherweise müsse man auch eigene Gerichte für die IT-Kriminalität einrichten.

Richtig dramatisch, wenn auch vorerst nur als Denkmöglichkeit, machte auch Cyberpolizist Bernhard Otupal von der Abteilung Informationstechnologie und Beweissicherung auf die gefahren des Internet aufmerksam. Ein böswilliger Cracker müsste gar nicht mehr einem Menschen im Krankenhaus Gift verabreichen, um ihn zu töten, er bräuchte nur die Computer der Krankenhausapotheke knacken und Dosierungen von Medikamenten ändern. Das wäre dann eine Mord aus der Ferne. Abgesehen davon, dass Otupal das fehlende Sicherheitsbewusstsein von Providern und Internetbenutzern monierte, bedauert er es, dass ein Hacker, der keinen Schaden anrichte, auch nicht verurteilt werden könne.

Zur Verschärfung der Überwachung forderte Rudolf Gross von der Abteilung Gewalt und Sexualdelikte auf. Um Kinderpornographie zu bekämpfen, müsse man Undercover-Agenten legalisieren und die Logfiles der Internetbenutzer mindestens ein halbes Jahr abspeichern. Doch da muss Gross nicht mehr lange warten, denn just dies sieht das Abkommen über Cyberkriminalität des Europarats vor.