Die Nachtigall des irakischen Fernsehens auf dem Flohmarkt

Neue Medien im Irak

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Dass den irakischen Medien eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau des Landes zukommt, ist unbestritten; aber die Bedingungen sind nach wie vor ungünstig: Plünderungen und Zerstörung notwendiger Studiogerätschaften und der Video-Archive; Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Elektrizität; geeignete unkorrumpierte Mitarbeiter fehlen; im Land herrscht erwartungsgemäß große Skepsis gegenüber den Medien, die von den Vereinigten Staaten oder England gefördert werden.

Der Irak ist, was oft betont wird, ein Land mit reichen Ressourcen zwar, aber arm. Nur die wenigsten Haushalte verfügen über einen Fernseher (10 Prozent) oder gar einen Computer (laut dem "Human Development Report (siehe Stillstand und Aussichtslosigkeit) nützen nur 0,6 % der gesamten Population in den arabischen Staaten das Internet. Nur 1,2 % haben einen Computer).

Der Neu-Start des irakischen Fernsehens am vergangenen Dienstag hat zu einem Eklat geführt, wie Islam-Onlineberichtet, da die amrikanische Verwaltung dem Sender untersagt haben soll, die übliche Rezitation von Koranversen sowie die traditionelle Aufforderung zum Gebet auszustrahlen. Stattdessen sollen Instruktionen der Koalitionskräfte gesendet worden sein, welche die irakische Bevölkerung zum richtigen Verhalten gegenüber US-Soldaten anleiten.

Viele der geplünderten Ausrüstungen werden auf Märkten verhökert und sind deswegen bisweilen auch leicht wiederzufinden. So hat der Islam-Online-Korrespondent die berühmte (künstliche) Nachtigall (arab. "Bull-Bull"), das Markenzeichen des irakischen Fernsehens, zufällig auf einem solchen Markt wiedergefunden - für 200 Dollar. Auch "Hunderte" von arabischen Filmklassikern aus dem Archiv der Fernsehstation lagen dort zum Verkauf aus. Sie kosteten - im Zehnerpack - weniger als 50 Cents.

Der meist gesehene Fernsehkanal wird von der iranischen Regierung finanziert: Al-Alam. Diesem Sender, wie dem ebenfalls populären Nachrichtensender Al-Jazeera, soll künftig das Middle East Television Network, ein von der amerikanischen Regierung finanzierter 24 Stunden-Nachrichten-Sender, Konkurrenz machen.

Allerdings soll es Dutzende neuer Zeitungen im Irak geben, wie die BBC berichtet; als die wichtigsten nennt die BBC "Al-Zaman", eine internationale, arabischsprachige Zeitung, die in Bagdad gedruckt wird, in Basra, in Bahrein und England.

Die Kurden, die im Norden des Lande schon seit mehreren Jahren eine für die Region unübliche Vielfalt an Zeitungen herausgebracht haben, sind an den Zeitungsständen in Bagdad mit "Khabat" (Der Kampf), einem Organ der Kurdischen Demokratischen Partei, vertreten.

Erwähnt werden außerdem noch die Zeitung "Al-Dimuqrati" ("Der Demokrat") und "Al-Ahar".

Die Mittel der neuen Medien im Irak sollen derart beschränkt sein, dass die Reporter der Tageszeitung "Al-Azzaman" laut ihres Herausgebers Saad Bazaaz ihre Berichte mit der Hand auf Notizzettel schreiben müssen.

Saad Bazzaz, der bereits in den 80er Jahren die nationale Nachrichtenagentur im Irak geleitet hat und nach der Veröffentlichung eines Buches über den Krieg zwischen dem Irak und dem Iran das Land verlassen musste, wollte "Al-Azzaman" schon nach dem letzten Irakkrieg veröffentlichen. Doch das Widererstarken des Saddam Hussein-Regimes zwang ihn zu einer erneuten Flucht.