Die Neumünsteraner Fundamentalismus-Connection

Seite 4: Fundamental-islamische Netzwerke

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Allerdings ist es nicht nur Frau Kiliç, deren Weltbild fragwürdig erscheint. Beistand bekam sie u.a. von ihrem Parteikollegen Taner Sert, seines Zeichens Vorsitzender des Kreisverbandes Delmenhorst. Auch dieser ein bekennender Erdoğan-Anhänger. Gegen ihn war ein Parteiordnungsverfahren anhängig, weil er für eine Informationsveranstaltung einen prominenten fundamental-islamischen Redner eingeladen hatte: Yavuz Özoğuz, umtriebiger Geschäftsmann und Betreiber des Internetportals Muslim-Markt, der immer wieder durch antisemitische Aktionen von sich reden macht.

Auch Ibrahim Ortaçer stellte sich umgehend hinter Aygül Kiliç. Er ist seit der Gründung Ko-Vorsitzender des von der Stadt initiierten Forum der Vielfalt, ist im Vorstand der AWO, hat gemeinsam mit der Türkischen Gemeinde André Poggenburg nach dessen "Kameltreiber"-Rede angezeigt (was ihn durchaus sympathisch macht).

Bei Facebook ist er in der Gruppe IGMG Neumünster. Er ist in sehr wenigen Gruppen Mitglied, insofern fällt das ins Auge. Hinter dem Kürzel "IGMG" verbirgt sich die Islamische Gemeinschaft Millï Görüş, eine fundamental-islamische Vereinigung, die in der Vergangenheit u.a. wegen antisemitischer Äußerungen auffiel und deren erklärtes Ziel es ist, die Scharia, also das fundamental-islamische Normen- und Wertesystem, in Deutschland zu etablieren.

Im Vorstand der Ulu-Camii, einer DITIB-Moschee, war Ibrahim Ortaçer verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit. In dieser Funktion hat er z.B. 2015 Aşure-Suppe verteilt. Das ist eine Armenspeisung nach einem sehr speziellen Rezept, das Festessen, das der Legende nach Noah nach seiner Landung auf dem Berg Ararat gab. Traditionell wird die Suppe an belebten Plätzen an Vorbeikommende verteilt.

In der interkulturellen Woche 2017 war er für die Aşure-Speisung organisiert durch die Türkische Gemeinde verantwortlich. Da es aber zu Übergriffen seitens Erdogan-Anhängern auf die Ulu-Camii kam, kandidierte er nicht wieder für den Vorstand.

Ibrahim Ortaçer wurde von aufgebrachten Gemeinde-Mitgliedern aus einem Gespräch geholt, die vermutlich ihr Anliegen nicht besonders sachlich vortrugen. Außerdem ist er Mitglied im Vorstand der AWO.

Ibrahim Ortaçer ist umtriebig und gut vernetzt. Dabei scheint es niemanden zu stören, dass Ditib immer wieder in die Schlagzeilen geriet. Egal, ob durch bekannt gewordene Bespitzelungen, oder immer wieder eine neue obskure Fatwa (islamische Rechtsvorschriften), in denen z. B. Liebenden verboten wird, in der Öffentlichkeit Händchen zu halten, oder aber linkshändige Menschen als des Teufels stigmatisiert werden.

Diese Fatwas, ebenso wie die Freitagspredigten, werden von Diyanet an alle Moscheen im In- und Ausland verteilt. Via Ditib landen sie auch in deutschen Moscheen, wo sie die Grundlage für die Freitagsgebete, den Koran-Unterricht und auch den islamischen Religionsunterricht an den Schulen bilden. Hinter all dem steht das Ansinnen Erdogans, die Türkei zu einem Kalifat, einem islamischen Staat, umzubauen.

Via Ditib werden auch die "Auslandstürken" darauf eingeschworen. Das bedeutet nicht, dass jeder Imam die Vorgaben aus Ankara zu 100% übernimmt, aber alle DITIB-Imame stehen im Dienst des türkischen Staates. Sie sind religiöse Repräsentanten der Türkei. Zumindest Loyalität wird die Regierung in Ankara von ihnen erwarten.

Doch mit ihrer Ignoranz sind Behörden und Politik in Neumünster nicht alleine. So argumentierte z. B. der Bürgermeister des nordrhein-westfälischen Städtchens Monheim, Daniel Zimmermann, in der ARD-Dokumentation "Monheim - Wie viel Islam verträgt eine Stadt?", die Bespitzelung einiger Ditib-Funktionäre sei eine interne Angelegenheit der Organisation, die die Öffentlichkeit nichts anginge.

Da irrt Herr Zimmermann allerdings gewaltig. Denn es geht die Öffentlichkeit sehr wohl etwas an, wenn die türkische Regierung ihren langen Arm via Ditib direkt ausstreckt und dazu benutzt, unsere Nachbarn und Kolleginnen und Kollegen zu bespitzeln, diese haben als deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger oder als in Deutschland Lebende ein Recht auf Schutz vor solchen Angriffen.

Diesen haben auch Gemeinden wie Monheim und Neumünster zu gewährleisten. Spitzeln ausländischer Agenten ist ein Straftatbestand und kann nach §99 StGB mit bis zu 5 Jahren Haft geahndet werden. Das sollte Herr Zimmermann wissen. Abgesehen davon kann es uns allen nicht egal sein, wenn die türkische Regierung mit Hilfe des deutschen Zweiges ihrer Religionsbehörde Zwietracht sät unter türkisch-stämmigen Menschen in Deutschland.

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