Die Neumünsteraner Fundamentalismus-Connection

Seite 5: Beunruhigende Entwicklung

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Dieses Zusammenspiel zwischen fundamental-islamischen Organisationen, Vereinen, Moscheen, Personen und den Behörden, der Politik und den Medien ist nicht nur im Hinblick auf Neumünster besorgniserregend. Beispielsweise für Hamburg lässt sich feststellen, dass sich Jugendliche zunehmend radikalisieren.

Das bestätigte Sascha Mané, dessen Tochter als 16-Jährige ins Kalifat nach Syrien ausgereist ist. Seiner Ansicht nach findet die Radikalisierung primär über die Moscheen statt. Dazu zählen auch viele Ditib-Moscheen und solche, die der IGMG angeschlossen sind.

Diese Radikalisierung findet aber nicht erst bei Jugendlichen statt, sondern in sehr jungen Kinderjahren: In den Familien, im Koran-Unterricht, aber auch Beschäftigte in KiTas mit einem Weltbild, wie es das Facebook-Profil von Frau Kiliç nahelegt, tragen dazu bei.

Das führt zu massiven Problemen, wie es Lehrerinnen und Lehrer von Hamburger Schulen in dem Buch "Die Macht der Moschee - Scheitert die Integration am Islam?" von Joachim Wagner wie folgt beschreiben:

Da erzählt eine Lehrerin der Grundschule Kerschensteinerstraße in Harburg, dass muslimische Eltern inzwischen schon gegen Gummibärchen opponieren, weil diese aus Gelatine und damit haram - also verboten - seien. Grundschüler schlössen Christen vom Spielen aus. Eine Kollegin aus Öjendorf berichtet Wagner von Schülern, die sich weigerten, an einer Schweigeminute für die Terroropfer zu beteiligen. An der Otto-Hahn-Schule in Jenfeld drängten salafistische Schüler andere zu beten, in Hamm wurden Zettel "Wie werde ich ein guter Muslim?" verteilt, in Bergedorf wollten Schüler wegen des Ramadan eine Klassenfahrt verschieben. In einem Hintergrundvermerk des Hamburger Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung ist von einem "täglichen Kleinkrieg um Religionsfragen" die Rede.

Abendblatt

Die Kandidatur der Aygül Kiliç, die erkennbar noch nie öffentlich als aktive FPDlerin in Erscheinung trat, ist neben dem offensichtlichen Experiment, ob in dem politikfernen Stadtviertel Wahlstimmen zu ergattern sind, zudem der hilflose Versuch, das fundamental-islamische Milieu zu integrieren.

Die Frage, die sich dabei stellt, ist, ob die Gesellschaft orthodoxe Musliminnen und Muslime zu integrieren vermag, oder ob einer reaktionären Ideologie und ihrem Normen- und Wertesystem, der Scharia, Tür und Tor zu ihrer ungehinderten Verbreitung geöffnet wird?

Bassam Tibi, in Damaskus geborener emeritierter Professor für Internationale Beziehungen in Göttingen, gibt auf diese Frage in der Baseler Zeitung eine klare Antwort. Er schreibt, es bedürfe eines Politikkonzeptes "im Sinn von Policy".

Dazu gehörten "erstens das 'Laicité'-Prinzip der Trennung zwischen Religion und Politik und zweitens das 'Subjektivitäts'-Prinzip, wonach der Mensch als vernunftbegabtes Individuum, also als säkularer Citoyen, von ethnischen und religiösen Kollektiven befreit in einem Gemeinwesen agiert".

Der Mensch ist Rechtssubjekt, nicht Teil eines Minderheitenkollektivs. Genau das Gegenteil davon verlangen die organisierten Islam-Verbände, nämlich erstens Bindung der Religion an die Politik sowie zweitens Einordnung der zugewanderten Muslime in Kollektive, die von Salafisten, schriftgläubigem Islam und von Islamisten dominiert werden.

Die Zukunft Europas und die Bewahrung seiner durch die Aufklärung - nicht durch das Christentum - bestimmten zivilisatorischen Identität hängen davon ab, wie europäische Politiker auf die zitierten islamischen und islamistischen Forderungen reagieren. Geben sie nach, dann ist Europa verloren. Bestehen sie dagegen auf säkular-europäischen Standards bei der Suche nach einer Lösung, dann öffnen sie eine Option für die Integration der Muslime eindeutig auf europäischer Grundlage.

Bassam Tibi

Mit anderen Worten: Integration, schon gar nicht im Sinne einer freiheitlich-liberalen Gesellschaft, lässt sich nicht mittels Einbindung religiös-nationalistischer Milieus erreichen, sondern mit der klaren Abgrenzung dazu.

Eine Kandidatin zu bewerben, die ihr reaktionäres Weltbild auf dem Kopf trägt wie eine Monstranz, ist kein Zeichen von Toleranz, sondern der Anbiederung an den fundamentalen Islam, zu dessen Steigbügelhalterin sich nicht nur die FDP bereitwillig degradiert.

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