"Die Pflicht zu rebellieren"

Seite 2: Repressive Mentalität

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Hierzulande haben Behörden und Polizei ihre besonderen Schwierigkeiten mit zivilem Ungehorsam. Die Polizei möchte am liebsten schon das Sitzen auf dem Boden als Widerstandshandlung bewertet sehen, und Politiker sorgen mit neuen Polizeigesetzen, nicht nur in Bayern, dafür, dass derlei künftig noch härter bestraft würde.

Zum Glück gibt es noch ein paar Richter, die den Polizeibeamten in ihrer von Machtvollkommenheit beseelten Auslegung der Gesetze nicht folgen mögen. Letzte Woche wurden drei Aktivisten aus dem Hambacher Forst vom Amtsgericht im rheinländischen Düren freigesprochen und ihnen zugleich Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft zugesprochen, wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet.

Sie hatten sich auf den Boden gelegt, als die Polizei sie zum Gefangenentransporter bringen wollte. Nach Ansicht der Beamten haben sie damit Widerstand geleistet, den sie mit schmerzhaften Griffen zu brechen versucht haben, wie nach dem Zeitungsbericht eine beteiligte Polizeizeugin vor Gericht ohne Schuldbewusstsein aussagte.

Soll heißen: Wer gegen RWEs Braunkohletagebau protestiert und sich passiv widersetzt, muss schon mal damit rechnen, ein klein bisschen gefoltert zu werden. Vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz scheint in der Polizeiausbildung nicht oft gesprochen zu werden. Aber wieso auch, Polizeigewalt bleibt in Deutschland gewöhnlich ungesühnt.

Pläne für den Bau neuer Braunkohlekraftwerke

Derweil mag man es ja kaum glauben, aber bei RWE gibt es trotz aller Proteste tatsächlich noch Pläne für den Bau neuer Braunkohlekraftwerke. Zum Beispiel in der Stadt Bergheim im rheinischen Braunkohlerevier. Ein gigantisches Kraftwerk mit 1.100 Megawatt Leistung sollte dort nach dem Willen des Essener Unternehmens entstehen.

Doch zumindest an diesem Punkt haben jetzt die Richter des Oberverwaltungsgericht (OVG) Münsters dem Konzern Einhalt geboten, wie der Fachinformationsdienst IWR berichtet. Demnach wurde der entsprechende städtische Bebauungsplan für unwirksam erklärt.

Dieser leide an formellen Mängeln und verstoße in Teilen gegen die übergeordnete Regionalplanung. Außerdem sei die Öffentlichkeit im Rahmen der Aufstellung des Plans unzureichend über die umweltrelevanten Informationen aufgeklärt worden, die der Stadt vorgelegen hätten. Eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht ist möglich.