"Die Pflicht zu rebellieren"

Sturm "Luban", wegen der trockenen Wüstenluft über der Arabischen Halbinsel schon sehr abgeschwächt, als er auf Land traf, aber immer noch gut für äußerst ergiebige Niederschläge, die für extreme Überschwemmungen sorgten. Bild: NASA

Die Energie- und Klimawochenschau: Die Bundesregierung verzögert den Ausbau der Erneuerbaren, ziviler Ungehorsam zur Rettung der Welt in Großbritannien, Stürme im Jemen

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Im Bundestag gab es am gestrigen Dienstag eine Anhörung zum Energiesammelgesetz. Mit diesem soll, wie berichtet, unter anderem die Einspeisevergütung für größere Dach-Solaranlagen erheblich gekürzt werden und die seit längerem versprochenen zusätzlichen Ausschreibungen für Wind- und Solarenergieprojekte auf die lange Bank geschoben werden.

Das 65-Prozent-Ziel

In der Anhörung hat nun der Bundesverband Windenergie (BWE) im versöhnlichen Ton gefordert, dass zumindest eine klare Ausrichtung auf das 65-Prozent-Ziel erfolgt. Bis 2030 soll nach der wiederholt geäußerten Absicht der Bundesregierung und ihrer Vorgänger der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Stromproduktion auf 65 Prozent steigen.

Im Sinne des Klimaschutzes wäre das viel zu wenig und auch ansonsten ist das kein ehrgeiziges Ziel, das es nur einer jährlichen Steigerung von nicht ganz zwei Prozentpunkten entspricht. Doch selbst dieses unzulängliche Ziel wird offenbar nicht so richtig ernst genommen, denn es taucht im Regierungsentwurf des Gesetzes bisher nicht auf.

Der BWE schlägt nun in seiner Stellungnahme vor, dass das 65-Prozent-Ziel verbindlich im EEG verankert wird. Dieses Ziel solle mit einem verbindlichen "Zeit- und Mengengerüst" untermauert werden.

Dem Verband fehlt es nämlich zunehmend an Planungssicherheit. Der Verlauf der Projekte betrage drei bis fünf Jahre. Daher sei es sehr spät, wenn die Regierung sich erst im nächsten Herbst festlegen wolle, wie das 65-Prozent-Ziel erreicht werden solle.

Mehr Windparks

Der Verband schlägt außerdem einige Maßnahmen vor, wie die Zahl und damit der bürokratische Aufwand der Ausschreibungen in den nächsten Jahren vermindert werden könnte. Zurzeit werden die letzten Anlagen errichtet, die noch nach dem alten System genehmigt wurden und in den Genuss der Förderung durch Marktprämien oder garantierte Einspeisevergütung kommen.

Seit Anfang 2017 wird Förderung nur noch Anlagen zugesprochen, die den Zuschlag im Rahmen einer von der Bundesnetzagentur durchgeführten Ausschreibung bekommen haben.

Kritisiert wird vom BWE untere anderem auch, dass nicht mehr Windenergie-Projekte auf See ausgeschrieben werden. Es seien zusätzliche Anschlusskapazitäten vorhanden und die Netzbetreiber hätten versichert, dass mehr Strom von dort aufgenommen werden könne. Im Augenblick drohe eine Lücke im Ausbau.

Letzteres könnte für Hersteller und vor allem für Unternehmen zum Problem werden, die im Aufbau der Windparks arbeiten. Die Anlagenbauer beklagen ohnehin, dass die Ausbaumengen auf See höher sein müssten, damit die Anlagen insgesamt billiger werden.

Derweil geht es auch britischen Klimaschützern viel zu langsam mit dem Klimaschutz. Die Londoner Zeitung Guardian berichtet von einer Massenaktion in der Themse-Metropole.

"Extinction Rebellion": Ziviler Ungehorsam in Großbritannien

Fünf der wichtigsten Brücken über den Fluss wurden von Demonstranten blockiert, die sich zum Teil angekettet, zum Teil aber auch nur untergehakt hatten. Organisiert sei das ganze von einer neuen Gruppe worden, die sich Extinction Rebellion nennt. Diese habe 6,000 Teilnehmer gezählt. Die Polizei habe, so der Guardian, 85 von ihnen meist wegen Behinderung des Verkehrs festgenommen.

Die Aktion sei Teil einer neuen Kampagne zivilen Ungehorsams. Der "Gesellschaftsvertrag" sei gebrochen worden, erklärte nach Angaben der Zeitung Gail Bradbrook, der zu den Organisatoren gehörte. Bradbrook:

Daher ist es nicht nur unser Recht sondern auch unsere Pflicht uns über die Untätigkeit und abscheuliche Pflichtverletzung unsere Regierung hinwegzusetzen und zu rebellieren, um das Leben selbst zu verteidigen.

Gail Bradbrook

Unter den Blockierern war auch Jenny Jones, die im Londoner Oberhaus sitzt und den britischen Grünen angehört: "Wir sind an einem Punkt, an dem wir dabei sind unsere Lebenserhaltungssysteme zu zerstören, wenn wir nicht anfangen zu handeln, und zwar schnell zu handeln."

In einem Manifest werfen sie der Regierung vor, das Prinzip des vorsorgenden Handelns zu missachten, indem sie die Tatsache ignoriere, dass es auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen kein unendliches Wachstum geben könne. Stattdessen hänge sie einem neoliberalem Fundamentalismus an und lasse zu, dass immer mehr Treibhausgase ausgestoßen werden.

Die Wissenschaft ist klar, die Fakten sind unbestreitbar und es ist unverschämt von uns, die schreckliche Last der von uns angerichteten, nie zuvor dagewesenen Katastrophe unseren Kindern und Enkeln aufzuladen. 200 Arten sterben jeden Tag aus. Wir sind in der Mitte des sechsten großen Artensterbens(, das die Erde bisher erlebt hat). Die Menschen können nicht weiter straffrei die Gesetze der Natur und der Wissenschaft verletzen. Wenn wir so weitermachen sieht die Zukunft unserer Art sehr düster aus.

Extinction-Rebellion-Manifest

Unterschrieben wurde die Erklärung von 94 zum Teil hochrangigen Akademikern unterschiedlicher Fachrichtungen. Einige von ihnen arbeiten auch in einer weltweiten Kooperation von Wissenschaftlern, die bereits seit Anfang der 1990er Jahre vor den aufziehenden schweren Umweltkrisen warnt. Zu den zentralen Forderungen der Gruppe gehört, dass die britischen Treibhausgasemissionen bis 2025 auf Null heruntergefahren sein müssen.