Die Vier-Tage-Woche: Ein neues Modell für die Zukunft der Arbeit im Test

Balance zwischen Arbeit und Freizeit: Die Vier-Tage-Woche im Test

45 Unternehmen testen die Vier-Tage-Woche, um Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern – ein Schritt in Richtung Zukunft der Arbeit.

(Bild: KI-generiert)

45 Unternehmen wagen den Schritt zur Vier-Tage-Woche. Sie testen, ob weniger Arbeitstage die Produktivität und Zufriedenheit steigern. Ein Experiment mit Potenzial.

Es ist der erste bundesweit koordinierte Versuch: 45 Unternehmen und Organisationen testen die Vier-Tage-Woche. Ein halbes Jahr lang wird die 100-80-100-Variante getestet: 100 Prozent Leistung in 80 Prozent der Zeit für 100 Prozent Lohn.

Arbeitszeitverkürzung: Mehr als ein Trend

Kann die gleiche Arbeit in weniger Zeit erledigt werden? Werden die Mitarbeiter dadurch weniger krank? Steigt die Motivation? Viele Fragen, die sich bei einer Vier-Tage-Woche stellen.

Initiiert wurde das Projekt von der Unternehmensberatung Intraprenör, die wiederum mit der Organisation "4 Day Week Global" zusammenarbeitet. Die NGO hat das Projekt bereits in anderen Ländern ähnlich umgesetzt: In Großbritannien nahmen 61 Unternehmen mit insgesamt 2.900 Beschäftigten teil.

Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen in Deutschland hat zwischen zehn und 49 Beschäftigte. Am stärksten vertreten ist die IT-Branche (14 Prozent), aber auch Handwerk und Industrie (jeweils sechs Prozent). Diese Branchen sind laut Intraprenör in Studien aus anderen Ländern häufig unterrepräsentiert.

Work-Life-Balance verbessern: Ein Schritt zur Zufriedenheit

Der Paderborner IT-Dienstleister Nacura hat sich für die Teilnahme entschieden. Gründe seien die Verbesserung der Work-Life-Balance und die Mitarbeiterbindung, erklärt Markus Nölker für die Geschäftsführung.

Er geht davon aus, dass sich die Vier-Tage-Woche im Unternehmen durchsetzen wird. Im Vorfeld wurden in Arbeitsgruppen Ideen zur Arbeitsorganisation entwickelt. Im Unternehmen arbeiten nun Teams nach unterschiedlichen Modellen, pro Woche sind drei Teams von Montag bis Donnerstag und ein Team von Dienstag bis Freitag im Einsatz.

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Universität Münster. Dies sei "von zentraler Bedeutung, um fundierte Erkenntnisse über die Auswirkungen der 4-Tage-Woche zu gewinnen und Abstand von der emotional geführten Diskussion um das Thema zu gewinnen", betont Julia Backmann, Professorin an der Universität Münster.

Erfahrungen aus Europa: Lektionen für die Arbeitswelt

Die Forscher können auf vorhandene Daten zurückgreifen. In Europa gab es in den vergangenen Jahren bereits einige Versuche mit der Vier-Tage-Woche. Die Erfahrungen in Island zeigen, was möglich ist. Auf Druck der Gewerkschaften startete dort 2015 das weltweit größte Experiment zur Arbeitszeitverkürzung.

Vier Jahre lang arbeiteten 2.500 Beschäftigte verkürzt bei vollem Lohn. Die abschließende Studie zeigt, dass der Versuch der Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst ein überwältigender Erfolg war und dieser Sektor Vorreiter für kürzere Arbeitswochen sein kann. Der Versuch war so erfolgreich, dass die Arbeitszeitregelungen in Island generell geändert wurden.

Die Diskussionen über die 4-Tage-Woche, die einige Unternehmen in Deutschland eingeführt haben, um die Energiekosten zu senken, zeigen, dass kürzere Arbeitszeiten auch für die Arbeitnehmer wünschenswert sind.

"Vier von fünf Vollzeitbeschäftigten würden ihre Arbeitszeit gern auf vier Tage pro Woche reduzieren. Lohneinbußen würden dafür aber nur Wenige hinnehmen", berichtet die Hans-Böckler-Stiftung in einer Untersuchung. Beschäftigte mit kürzeren Arbeitszeiten schaffen mehr pro Stunde, sind weniger gestresst und seltener krank. Das habe ein Großversuch in mehr als 60 britischen Unternehmen bestätigt, so die Stiftung.

Vorteile für die Gesellschaft als Ganzes sehen die Forscher darin, dass Arbeitnehmer sich besser regenerieren, Familie und Beruf besser vereinbaren können und eher gesund bleiben.

Psychische Gesundheit und Arbeitszeit: Ein Zusammenhang, der zählt

Dies kann sich auch auf die psychische Gesundheit auswirken. Das Thema ist aktueller denn je. Psychische Belastungen nehmen zu. Den "Anstieg der Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen um 48 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich", meldet die Krankenkasse DAK. Depressionen, chronische Erschöpfung, Ängste: Mit 301 Fehltagen je 100 Versicherte seien die Fehlzeiten erschreckend hoch, heißt es im "DAK-Psychoreport".

Die Studie in Großbritannien habe gezeigt, "dass mehr als 90 Prozent der Unternehmen, die eine Vier-Tage-Woche eingeführt haben, diese auch nach Ablauf der Pilotphase beibehalten haben", betont Backmann.

"Das Interesse an der Vier-Tage-Woche ist nicht auf die jüngere Generation beschränkt. Frühere Studien haben gezeigt, dass sie die Attraktivität eines Arbeitgebers steigern kann, was gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein großes Plus ist", erklärt die Münsteraner Professorin.

Bei den Arbeitgeberverbänden stößt die Arbeitszeitverkürzung allerdings nicht auf Begeisterung. Die Streiks bei den Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL zeigen, wie heftig die Auseinandersetzungen darüber sein können.

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