Die Website des Auschwitzleugners Zündel ist auch nach kanadischem Recht verboten

Nach dem Menschenrechtsgesetz wurde in Kanada erstmals auch eine Website wegen Rassenhass verboten; ob sich das Urteil aber durchsetzen lässt, scheint fraglich zu sein

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Die kanadische Menschenrechtskommission hat letzte Woche entschieden, dass Hassseiten im Internet "keinen Platz in der kanadischen Gesellschaft" haben. Nach dem kanadischen Menschenrechtsgesetz ist es verboten, so das Urteil im Prozess gegen den notorischen Holocaust-Leugner Ernst Zündel, staatliche Telekommunikationssysteme zu benutzen, um rassistische Inhalte zu verbreiten.

Der 1939 in Deutschland geborene und bis vor kurzem in Toronto lebende Ernst Zündel gilt als einer der aktivsten Verbreiter der "Ausschwitzlüge" und gehört dem rechtsextremistischen Spektrum an. Zündel gehört ein Verlag, seine revisionistischen Anschauungen verbreitet er auch über Radiosendungen auf angemieteten Frequenzen und über Satellitenfernsehen. Überdies gibt es im Internet seit 1994 eine zundelsite.org, auf der sich viele Texte und entsprechende Kaufangebote finden. Da sich hier auch antisemitische Inhalte befinden, was in Kanada strafbar ist, wird die Seite offiziell von seiner Mitarbeiterin Ingrid Rimland betrieben (Autorin des Buches "Lebensraum"), die von Zündel monatlich einen Scheck von 2.000 US-Dollar bezog. Gehostet wird die Website von einem Provider in den USA.

Zündel hatte versucht, die kanadische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Von der Einwanderungsbehörde, die den Antrag ablehnte, wurde er als Bedrohung für die Sicherheit Kanadas betrachtet. Ende Dezember hatte der Oberste Gerichtshof diese Entscheidung bestätigt. Um der Ausweisung nach Deutschland zu entgehen, ist Zündel 2001 in die USA gezogen. Er soll nach seiner Scheidung seine Mitarbeiterin Ingrid Rimland geheiratet haben. Die Website von Zündel war eine derjenigen Seiten, die die Medienaufsichtsstelle Nordrhein-Westfalen durch Filter, die von den Providern eingerichtet werden sollen, für deutsche Bürger blockieren lassen will (Die Frohe Botschaft des Herrn Büssow).

1996 klagten das Committee On Community And Race Relations und Sabina Citron, eine Jüdin und Überlebende des Holocaust, gegen Ernst Zündel als Betreiber der Website Zundelsite.org, weil dort Rassenhass verbreitet werde, was nach dem Menschenrechtsgesetz verboten ist. Nach Abschnitt 13 ist es verboten, "telefonisch" Inhalte zu kommunizieren oder wiederholte Kommunikationen mit "Telekomunikationsmitteln" zu "verursachen", die Personen dem "Hass" aussetzen. In einer ausführlichen und teilweise wegen Eigenheiten des Gesetzes etwas grotesk anmutendenden Begründung zum Urteil hatte das Gericht nicht nur zu klären, ob es bei den Inhalten auf der Seite um verbotene rassistische Äußerungen handelt, sondern auch, ob Zündel überhaupt der Betreiber der Website ist und, noch kniffliger, ob die Veröffentlichung einer Website als telefonische Kommunikation gelten kann.

13. (1) It is a discriminatory practice for a person or a group of persons acting in concert to communicate telephonically or to cause to be so communicated, repeatedly, in whole or in part by means of the facilities of a telecommunication undertaking within the legislative authority of Parliament, any matter that is likely to expose a person or persons to hatred or contempt by reason of the fact that that person or those persons are identifiable on the basis of a prohibited ground of discrimination.

Nach dem Urteil ist es zweifelsfrei, dass die Inhalte der Website den Rassismus fördern und daher unter das Verbot nach dem Menschenrechtsgesetz fallen. Die durch das Verbot eingeschränkte Meinungsfreiheit für den Beklagten sei minimal und gerechtfertigt. Das Gericht ging überdies davon aus, dass das Internet und das Web auf Telekommunikationsverbindungen basieren und Telefonkommunikation nicht auf sprachliche Kommunikation beschränkt ist. Da man wiederholt auf die Inhalte der Website zugreifen kann, handelt es sich um eine "wiederholte Kommunikation" Auf den Einspruch der Verteidigung, dass die Website "passiv" sei und nur aufgrund des Aufrufs seitens eines Internetbenutzers Daten übertragen werden, entgegnete das Gericht, dass dies ganz genauso der Fall ist, wenn man eine Nummer wählt und dann von einem Anrufbeantworter eine vorher aufgezeichnete Botschaft hört. Man könne nicht davon ausgehen, dass ein Internetbenutzer durch den Aufruf einer Website die Kommunikation verursacht, da diese vom Betreiber zu diesem Zweck geschaffen wurde.

Das Gesetz verlange überdies nicht, dass die Website rechtlich Ernst Zündel gehören muss, um ihn für deren Inhalte verantwortlich zu machen. Es reiche aus, dass er diese "kontrolliert". Die Verwendung des Namens "Zundelsite", das Logo, die grammatikalische Verwendung der ersten Person, die Adresse Zündels (noch in Kanada) und die Aufforderung, Kommentare an seine Emailadresse zu senden, seien ausreichend Hinweise dafür, dass Zündel für die Website verantwortlich ist. Die Beziehung des Angeklagten zu Rimland und deren Bezahlung verstärkten für das Gericht die Beweislage.

Michelle Falardeau-Ramsay, die Vorsitzende der Menschnerechtskommission, erklärte zu dem Urteil, es zeige, dass "Hassbotschaften und -propaganda in der kanadischen Gesellschaften keinen Platz" haben: "Wir wissen jetzt, dass das Internet keine 'gesetzesfreie Zone' ist und nicht zur Verbreitung von Rassenhass benutzt werden kann." Das klingt jedoch schärfer, als es der Sachlage entspricht, die auch in der Urteilsbegründung beschrieben wird. Man wisse nicht, ob dieses Urteil überhaupt wirklich durchsetzbar ist, zumal Zündel nicht mehr in Kanada wohnt, die USA keine vergleichbare Gesetzgebung besitzt und eine Website leicht auch von anderen kopiert und wieder ins Netz gestellt werden könne. Mirrorseiten, die aus unterschiedlichen Gründen gemacht werden können, lassen sich aber nicht mehr Zündel zuschreiben, ermöglichen aber weiterhin einen weltweiten Zugriff auf die beanstandeten Inhalte. Man dürfe die Rechtssprechung aber nicht davon abhängig machen, was technisch möglich sei. Das Urteil habe nicht nur eine wichtige symbolische Bedeutung, sondern diene auch zur "Prävention und Elimination von Diskrimination". Zudem könne es die Diskussion fördern.

Zündel hat 30 Tage Zeit, gegen das Urteil Widerspruch einzulegen. Die Website ist noch online. Was geschehen soll, wenn Zündel keinen Widerspruch einlegt und die Website nicht freiwillig vom Netz nimmt, wird vom Gericht nicht beantwortet. Nicht einmal eine Strafe wurde Zündel für eine Nichtbeachtung in Aussicht gestellt.