Die Zerstörung der Kultur durch den Klimawandel
- Die Zerstörung der Kultur durch den Klimawandel
- Niedergang der Infrastrukturen
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Was kommt nach dem Klimawandel - Teil 6
Was für die natürlichen Lebensräume gilt, hat selbstverständlich auch Bedeutung für die kulturell angelegten und gepflegten Biotope sowie für die Landwirtschaft. Parks und Straßenbäume wurden schon erwähnt, und dass es in vielen Gebieten der Welt gar keine natürlich gewachsenen Wälder mit vielfältigem Artenreichtum mehr gibt, ist bekannt. Diese Kultur-Biotope werden zwar einerseits durch Menschen beobachtet und gepflegt, wodurch eine gewisse Möglichkeit der Anpassung an Veränderungen durch menschlichen Eingriff besteht, andererseits sind sie viel anfälliger für Störungen durch Folgen extremer Wetterereignisse und durch Einwanderung fremder Arten, die das jeweilige künstliche Gleichgewicht des Biotops durcheinanderbringen.
Teil 1: Klimawandel: Verhinderung der Katastrophe ist kaum noch vorstellbar
Teil 2: Was wandelt sich im Klimawandel?
Teil 3: Zukunft des Klimas: Vom Wandel über die Katastrophe ins Chaos
Teil 4: Leben im Klimawandel: Die Zeit der Zerstörung
Teil 5: Wie Ökosysteme im Klimawandel zerstört werden
Fraglich ist natürlich auch, wieviel Kraft die Menschen zukünftig in die Pflege dieser Biotope investieren können. Das Klimachaos wird eine Vielzahl von Problemen gleichzeitig hervorrufen, die Ressourcen, um Krisen in Biotopen zu erkennen und zu verstehen sowie Lösungen für diese Krisen zu erarbeiten, sind begrenzt.
Gefahren für die Landwirtschaft
Die Menschen werden sich auf Versuche konzentrieren, die Landwirtschaft an die ständigen Veränderungen des Klimas anzupassen. Be- und Entwässerungsanlagen sind zu bauen, neue Getreide-, Gemüse- und Obstsorten müssen gezüchtet und getestet werden. Das sind Prozesse, die Jahre und Jahrzehnte in Anspruch nehmen, und es ist zu erwarten, dass neue Extreme und Veränderungen im Klimachaos viele Ideen und Entwicklungen, die als langfristige Anpassungen geplant waren, hinfällig machen.
Forschungen zeigen, dass die landwirtschaftlichen Erträge durch den Klimawandel aus vielen Gründen zurückgehen werden. Zum einen werden die größere Trockenheit und andauernde Hitzeperioden die Erträge schmälern, zudem werden Extremwetterereignisse zu Ernteeinbußen führen. Wissenschaftler empfehlen zwar bereits, etwa in Mitteleuropa Getreidesorten anzubauen, die besser mit Hitze und Trockenheit zurecht kommen, aber der Nährstoffgehalt dieser Sorten ist geringer als der von bisher angebauten Sorten. Außerdem zeigt sich inzwischen auch, dass der höhere CO2-Gehalt in der Luft zu geringerem Proteingehalt im Getreide führt, und nicht etwa, wie früher angenommen, einen Düngungseffekt auf Nutzpflanzen hat.
Schon die aktuellen heißen Sommer haben in Mitteleuropa zu Ernteeinbußen geführt, und so werden wir bereits in der allernächsten Zukunft der nächsten Jahrzehnte immer häufiger von geringeren Erträgen und Ernteausfällen lesen und hören. Dauerhaft werden diese Einbußen sich nicht durch Importe ausgleichen lassen, weil gefürchtet werden muss, dass alle Regionen mit intensiver Landwirtschaft mit diesen Problemen zu kämpfen haben werden.
Es wird nicht einfach so sein, dass man etwa in Mittel- und Nordeuropa Pflanzensorten und Tierarten aus südlicheren Gegenden übernehmen kann. Das Klima in den nördlichen Breiten wird zwar zu bestimmten Jahreszeiten mehr "südlichere Tage" haben, aber insgesamt wird es sich nicht einfach nach Norden verschieben. Das ist schon auf Grund der unterschiedlichen Tageslängen nicht möglich, zudem ist die Anordnung der Gebirge und die Nähe zu den Ozeanen verschieden. Auch wenn wir in Deutschland Sommertage wie in Spanien haben werden und schon heute unter "tropischen Temperaturen" leiden, werden wir nicht einfach die Obstsorten mit Erfolg anbauen können, die bisher in Spanien gut gedeihen - ganz abgesehen davon, dass der Obstanbau in Spanien schon heute ökologisch hoch bedenklich ist.
Man wird also überall auf der Welt neue Pflanzensorten und Nutztierarten zu züchten versuchen, die Bedingungen angepasst sind, die wir noch nicht kennen und die weiteren dramatischen Veränderungen unterworfen sind. Man wird Samen und Setzlinge aus anderen Klimazonen importieren und damit experimentieren, man wird neue Rassen züchten und hoffen, dass die Bedingungen, unter denen diese Lebewesen dann gedeihen sollen, wirklich für gewisse Zeit so sein werden, wie es sich zu der Zeit andeutet, in der man die Züchtung begonnen hat. Man wird die Klimaforschung nach immer detaillierteren und langfristigeren Prognosen fragen und auf der Basis dieser Prognosen in Forschungs- und Züchtungsprogramme investieren.
Dabei wird man immer wieder scheitern, hin und wieder aber auch Erfolge haben, die sich allerdings nur für gewisse Zeit nutzen lassen, denn die Veränderungen gehen weiter.
Zudem ist fraglich, ob neu gezüchtete oder aus anderen Weltregionen übernommene Getreidesorten für die Ernährung in einer Region wirklich geeignet sind. Das wichtigste Getreide in den westlichen Ländern ist der Weizen. Hier zeigt sich z.B. dass bei einer Abnahme des Proteingehaltes die Backeigenschaften schlechter werden. Weizen mit geringeren Proteingehalten kann dann nicht mehr auf die gleiche Weise verarbeitet werden, wie es sich über lange Zeiträume in einer Region etabliert hat. Zudem besteht inzwischen der Verdacht, dass sich durch Züchtungen die Konzentration bestimmter Inhaltsstoffe erhöhen, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen können. Solche Risiken werden sich bei klimawandelbedingten Umstellungen der Landwirtschaft erst allmählich zeigen, müssen dann erst wissenschaftlich verstanden und untersucht werden bevor wieder Konsequenzen für die Nahrungsmittelproduktion gezogen werden können.
Wie lange wird die Wissenschaft überhaupt in der Lage sein, diese Herausforderung anzunehmen und die Hoffnungen, die in sie gesteckt werden, einzulösen? Die Klimaforschung und die Landwirtschafts-Wissenschaften sind selbst von den Bedingungen einer funktionierenden Gesellschaft und von vielen technischen Infrastrukturen abhängig, die wiederum vom Klimawandel bedroht sind, wie wir weiter unten schildern werden.
Zuerst und am härtesten trifft es die Armen
Insgesamt gehen somit die Mengen der landwirtschaftlichen Fleisch- und Pflanzenproduktion in den nächsten Jahrzehnten zurück - ein Prozess, der sich in den unterschiedlichen Regionen der Welt mehr oder weniger gut aufhalten lässt. Hochtechnisierte Gesellschaften mit starken Forschungsinstitutionen und -Traditionen sind naturgemäß besser in der Lage, diesen Herausforderungen zu begegnen, als schwächere Länder, die nicht über entsprechende Ressourcen verfügen.
Damit begegnen wir hier zum zweiten Mal einem Phänomen, das uns noch intensiver beschäftigen wird: Diejenigen Gesellschaften, die in den vergangenen Jahrzehnten am wenigsten zu den Ursachen des Klimawandels beigetragen haben, und somit die Regionen und Länder, welche gerade nicht auf der Basis der Energieproduktion mittels fossiler Energieträger eine hoch entwickelte Industrie, eine entsprechende effiziente technologische Infrastruktur und eine diverse und eingespielte Forschungslandschaft aufbauen konnten, wird das Klimachaos zuerst und am härtesten treffen. Nicht nur, dass sie gegen Überschwemmungen und Wetterextreme am wenigsten geschützt sind - sie haben auch die geringsten Ressourcen und die schwächsten Infrastrukturen und Technologien, um sich auf den Klimawandel mittelfristig vorzubereiten und entsprechende Veränderungsprozessen einzuleiten.
Aber auch die technologisch entwickelten modernen Industrieregionen der Welt mit starker Wirtschaft, effizienter Landwirtschaft und lebendigen Forschungstraditionen werden von den sich selbst verstärkenden Zerstörungsprozessen hart und lebensgefährlich getroffen werden. Ihre Leistungsfähigkeit beruht auf einem komplexen System voneinander abhängiger Energieversorgungs-, Transport- und Kommunikationsnetzwerke.
Vor allem ist für das Funktionieren aller Elemente der technischen Kulturen die stabile Versorgung mit elektrischem Strom notwendig. Der Strom wird aber nicht da erzeugt, wo er gebraucht wird, er muss über weit verzweigte und komplex voneinander abhängige Netze transportiert und verteilt werden. Erste großflächige Stromausfälle in Nordamerika und auch in Europa zeigen bereits, dass die Energieversorgungsnetze auf extreme Witterungssituationen und Wetterereignisse nicht eingestellt sind. Bedenkt man, dass das, was wir derzeit als extrem ansehen, von Wetterverläufen in den nächsten Jahrzehnten weit in den Schatten gestellt wird, wird schnell klar, dass wir mit gefährlichen Ausfällen bei der Energieversorgung zu rechnen haben.