Die deutsche Position zu Palästina: Zweimal auf der falschen Seite der Geschichte?
Seite 2: "Die Politik Israels gegenüber den Palästinensern ist durch und durch rassistisch"
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Insgesamt unterscheidet sich Deutschland in seiner Außenpolitik nicht von anderen EU-Mitgliedstaaten. Es ist eine Politik, die gleichgültig ist gegenüber Israels Missachtung der Rechte der Palästinenser, während sie gleichzeitig die strategischen, militärischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel festigt.
Im gleichen Atemzug unterwirft sie sich pro-israelischen Lobbygruppen, um Politiker, die es wagen, sich mit der palästinensischen Sache zu identifizieren, zu Fall zu bringen, und unterdrückt jegliche Debatte über Zionismus und Israels Politik. In Deutschland ist die Repression am heftigsten, während militärische Hilfe und wirtschaftliche Verbindungen ausgeprägter sind als in den anderen EU-Mitgliedstaaten.
Es geht nicht nur um die Angst vor Israel oder um Schuldgefühle wegen des Holocausts. Diese Faktoren sind wichtig, aber es gibt noch eine andere, dunklere Geschichte, der sich die politische Spitze in Deutschland nicht stellen will.
Selbst eine relativ oberflächliche Diskussion der deutschen Verantwortung für das Leiden der Palästinenser zeigt deutlich, dass es das postnazistische Deutschland war, das es der Welt ermöglichte, nicht nur Westdeutschland, sondern Europa insgesamt vom Holocaust freizusprechen, indem es die Enteignung der Palästinenser voll unterstützte.
Es ist viel einfacher gewesen, diesen Weg der Rehabilitierung zu wählen, als sich mit dem Antisemitismus, aber auch mit allen Formen des europäischen Rassismus auseinanderzusetzen, der sich heute vor allem in Form von Islamophobie, aber auch als Rassismus gegen "nicht-europäische" oder "nicht-weiße" Minderheiten auf dem ganzen Kontinent manifestiert.
Die Politik Israels gegenüber den Palästinensern ist durch und durch rassistisch, und man kann keine Hierarchien des Rassismus oder einen Club des "akzeptierten" oder legitimen Rassismus schaffen. Man hätte erwartet, dass Deutschland die antirassistische Kampagne anführt, nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt, anstatt als Staat eines der längsten rassistischen Projekte unserer Zeit im historischen Land Palästina zu unterstützen.
Es ist nicht abzusehen, wann und wie diese falsche und unmoralische deutsche Haltung auf Deutschland zurückfallen wird. Ermutigend ist, dass es eine große Zahl von Deutschen gibt, die nicht diesen abschüssigen Weg wählen und alles tun, um den moralischen Verfall zu stoppen. Sie fordern die Schaffung eines echten "neuen" Deutschlands, nach dem wir uns alle als dem Gewissen verpflichteten, moralischen Menschen sehnen.
Ilan Pappé ist Professor an der Universität von Exeter. Zuvor war er Dozent für Politikwissenschaft an der Universität von Haifa. Er ist Autor von "Ein Land, zwei Völker" und "Zehn Mythen über Israel".