Die nächste Drohung

Nordkorea hat nach eigenen Angaben die Voraussetzungen zum Bau von Atombomben geschaffen

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Anfang der Woche hatte die Regierung in Pjöngjang bereits ihr Desinteresse signalisiert, im Rahmen einer zweiten Sechserrunde mit Südkorea, China, Japan, Russland und den USA über die Beendigung ihres umstrittenen Atomprogramms zu verhandeln. Doch heute sind die kommunistischen Machthaber um den "geliebten Führer" Kim Jong Il noch einen Schritt weiter gegangen.

Nachts ist es im verarmten Nordkorea dunkel, in Südkorea strahlen die Lichter. Satellitenbild: DMSP, Pentagon

In einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA, der von ihrem südkoreanischen Pendant Yonhap übermittelt wurde, ließ das nordkoreanische Außenministerium mitteilen, dass bereits 8.000 Kernbrennstäbe wiederaufbereitet wurden. Außerdem teilte der stellvertretende Außenminister Choe Su Hon der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua mit, dass der zivile Verwendungszweck des daraus gewonnenen Plutoniums "geändert" worden sei: "Seit uns die USA mit einem nuklearen Präventivschlag gedroht haben, sind wir gezwungen, selbst in den Besitz nuklearer Abschreckung zu kommen." Der Export der Waffentechnologie sei allerdings nicht vorgesehen.

Seit Pjöngjang den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde die Einreise verweigert und demonstrativ seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag erklärt hat, war diese Entwicklung absehbar. Denn die USA sind augenscheinlich nicht bereit, zentrale Forderungen des ökonomisch weitgehend ruinierten Landes zu erfüllen. Dazu gehören die Vereinbarung eines Nichtangriffspaktes, umfassende Wirtschaftshilfen und die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen.

Nahezu alle Experten gehen davon aus, dass Nordkorea derzeit kein anderes Ziel verfolgt, als seine ungünstige Verhandlungsposition zu verbessern. Ob das Manöver Erfolg hat, darf allerdings bezweifelt werden. Der potenzielle Kriegsgegner USA geht nämlich davon aus, dass sein stalinistisch regierter Herausforderer schon jetzt über ein oder zwei Atomwaffen verfügt. Aus den 8.000 Kernbrennstäben könnten nach amerikanischen Schätzungen weitere sechs Bomben hergestellt werden.

Die jüngste Provokation dürfte die USA also sicher nicht zum Einlenken bewegen. Das gilt natürlich auch für Japan und Südkorea, und da selbst die mächtigen Verbündeten Russland und China ihre schützende Hand allenfalls noch vor der Kamera über das einstige Bruderland halten, steht Nordkorea entweder eine neue Eiszeit oder eine neue Bescheidenheit bevor. Wenn nicht gar Schlimmeres ...