Die neue Vermieterbescheinigung soll vor Kriminalität durch Scheinanmeldungen schützen

Seite 2: Ohne Meldeadresse trotz Aufenthalt faktische Steuerfreiheit?

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Eine Wohnung mieten, ohne sich anzumelden, ist stets erlaubt. Kein Vermieter muss sich eine Meldebescheinigung vorlegen lassen. Ungefragt muss ein Vermieter auch keine Vermieterbescheinigung ausstellen - der Mieter kann sie natürlich auch gleich vernichten. Eventuell will der Mieter ja nur seine Antiquitäten unterstellen oder unauffällig gelegentliche Treffen veranstalten, statt dort einzuziehen und zu wohnen.

Vermögende empfinden es als Zumutung, mit Abgaben belastet zu werden, und leben ungeniert offiziell im Ausland - wo Botschaften und Konsulate die deutschen Ausweispapiere verlängern. Hier im Inland sichert man sich dann für Jahrzehnte steuerliche Privilegien, wenn für sogenannte Schein-Devisenausländer weder Abgeltung- noch Kapitalertragsteuer von den Banken einbehalten wird. Dafür braucht es nur eine Staatsbürgerschaft im Ausland und entsprechende Ausweispapiere die man zur Kontoeröffnung herzeigt. Nicht zu vergessen, dass mancher Pass aus dem Ausland als Handelsware vertrieben wird - hergestellt etwa aus Kriegsbeute im arabischen oder afrikanischen Raum. Die Preise sollen ein paar hundert Euro betragen - ab dem Hundertfachen könne man etwa in Wien auch einen Diplomatenpass erstehen. Solange der frisch gekürte Diplomat jedoch nicht ordentlich akkreditiert ist, genießt er bei kriminellen Geschäften indes keine Immunität. Dies lernte auch ein Diplom-Psychologe, der ein Schneeball-System betrieb, und hier zu Haft verurteilt wurde.

Mit ausländischem Pass kein Bankkonto bekommen?

Wenn es staatliche Sanktionen (Embargo) hinsichtlich bestimmter Personen, Organisationen oder Länder gibt, vielleicht beschränkt auf gewisse Geschäftsarten, kann der ausländische Pass auch eine Fußangel bedeuten - entsprechende Geschäfte wären null und nichtig, vgl. etwa Art. 6 Verordnung (EU) Nr. 1284/2009, in der Fassung der Verordnung (EU) Nr.269/2011.

Manchem Iraner wurde sein Bankkonto einschließlich Guthaben irgendwann von seiner Bank in Deutschland erst mal komplett entzogen - angeblich weil befreundete ausländische Staaten darauf Wert gelegt hätten. Beispielsweise wäre der Verstoß gegen das Irak-Embargo gemäß § 34 Abs. 4 AWG i.V.m. § 69e Abs. 2 Buchstabe c AWV zudem ein Verbrechen (Bundegerichtshof, BGH Urteil vom 11.09.2002, Az. 1 StR 73/02) - einschließlich der Einfuhr ausländischer Währungen (BGH, Urteil vom 19.12.2001, Az. 2 StR 358/01).

Vermutungserklärung nach dem Bundesmeldegesetz (BMeldeG)?

Der Gesetzgeber hat den Ablauf für die Erstellung der Vermieterbescheinigung so geregelt, dass zunächst der Wohnungsnutzer dem Eigentümer/Vermieter die Auskunft gibt, er sei eingezogen, § 19 I 4 BMeldeG. Sodann bestätigt der Vermieter/Eigentümer den Einzug/Auszug, § 19 I 2 BMeldeG.

Beides sind Wissenserklärungen. Die Wissenserklärung sagt lediglich aus, wovon der Erklärende im Zeitpunkt der Erklärung ausgegangen ist. Unklar ist, ob der Vermieter auch z.B. andere Mieter oder Nachbarn fragen müsste, um den Wahrheitsgehalt der Mitteilung des Mieters zu prüfen? Die Rückfrage beim Meldeamt, ob eine An- oder Abmeldung erfolgt ist, ist für den Vermieter nur eine Option. Nicht erfasst sind Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung - diese könnten nur sich selbst etwas Beliebiges bescheinigen: ein Schildbürgerstreich ?

Als Vermieter könnte man formulieren: "Meldepflichtiger gab mir die Auskunft, am … ein-/ausgezogen zu sein." Eine Pflicht des Vermieters zur Prüfung der Mieterangaben durch Ortsbegehung ist nicht vorgesehen - fahrlässig ungeprüft einen tatsächlichen Einzug zu bescheinigen, könnte im Ernstfall strafbar sein. Es fragt sich bereits, ob nicht Jedermann auch einen Dritten bitten kann, sich kurzzeitig als Vermieter zu fühlen, um x-beliebig solche Bescheinigungen auszustellen. Ob der Aussteller der Vermieterbescheinigung nun Eigentümer, Nutzungsberechtigter, Zwischenmieter oder Pausenclown ist wird das Meldeamt wohl kaum verifizieren?

Für Vermieter stellt sich mithin die Frage, ob die Vermieterbescheinigung einen Vollbeweis des Einzugs voraussetzt. Selbst wenn der Vermieter den Mieter mal in der Wohnung antrifft, weiß er nur, dass er jetzt gerade da ist. Oder es handelt sich vielleicht um ein "Zeugnis", bzw. eine Feststellung als Zeuge, dass man es mit Sinnen erfasst hat, dass der Mieter eingezogen ist? Würde dies einer Befragung bei Gericht standhalten oder wäre dort gar eine Falschaussage denkbar, weil man selbst gar nichts beobachtet hat?

Eine Vermietung zum Unterstellen von Möbeln ist gesetzlich nicht erfasst - jedoch reicht neuerdings der Wunsch, etwa Koffer unterstellen zu wollen, für den Eigenbedarf (BGH, Urteil vom 20.3.2013, Az. VIII ZR 233/12; vom 30.04.14, Az. VII ZR 107/13; 04.03.2015, Az. VIII ZR 166/14; BVerfG, Beschluß vom 23.04.2014, Az. 1 BvR 2851/13). Ebenfalls nicht erfasst ist die Vermietung zum Zwecke der Weiter- oder Untervermietung. Wohnungsgeber ist dann der Zwischenmieter. Einer der Autoren hatte hier z.B. eine möblierte Wohnung an eine Firma aus Dallas vermietet - Pflichten zur Ausstellung von Vermieterbescheinigungen oder eventuelle Strafbarkeiten entfielen damit. Das Einwohnermeldeamt wird wohl auch eine Vermieterbescheinigung der Firma Ponzi (Name geändert) aus Palermo akzeptieren müssen, die Wohnungen als Zwischenmieter zur Weitervermietung anmietet.

Concierge-Service und andere Alternativen zum BMeldeG

Etwa in Spanien und Frankreich gibt es die Concierge - ein zuverlässigerer Ansprechpartner für die Frage, wer im Hause wohnt. Der Bund hätte auch den Vermieter nicht belasten müssen, sondern die Briefzusteller bitten können, derartige Bescheinigungen mit höherer Zuverlässigkeit auszustellen, sozusagen als Wiederbelebung des Blockwarts früherer Zeiten. In der DDR war jede so genannte Hausgemeinschaft verpflichtet, ein Hausbuch zu führen. Darin musste jeder Bewohner des Mietshauses eingetragen sein, auch Personen, die länger als 14 Tage zu Besuch blieben, wurden mit Heimatadresse, Beruf und Dauer ihres Aufenthaltes aufgeführt.

Tatsächlich kann man es erleben, dass der örtliche Wasserzählerableser anlässlich des Ablesens der Wasseruhr wegen gestiegenem Wasserverbrauch fragt, ob sich denn an der Zahl der Bewohner etwas verändert hätte. Wer sich in der Schweiz anmeldet, um nach einigen Jahren einen Pass und die Staatsbürgerschaft zu bekommen, wird durchaus kommunal beobachtet, ob dort gewohnt und geheizt wird - bestenfalls mit Lebensmittelpunkt.