Die planetaren Grenzen, das Klima und "wir"

Es wird ungemütlich. Mit der Zeit umso mehr, wenn sich erst mal gar nichts ändert. Symbolbild: ID 8385 auf Pixabay (Public Domain)

Themen des Tages: Acht Milliarden Menschen bevölkern nun die Erde. Ihr Anteil am Ressourcenverbrauch fällt unterschiedlich aus. Warum die Klimakonferenz in Sharm El-Sheik nicht alles entscheidet und doch ein wichtiger Gradmesser ist.

Liebe Leserinnen und Leser,

1. Acht Milliarden Menschen: In welchen Ländern und Einkommensklassen wird am wenigsten nachhaltig gelebt?

2. Rückgang der Küstenlinien: Welche Wassermassen kommen wie schnell auf menschliche Siedlungsgebiete zu?

3. COP27: Begreifen die Verantwortlichen beim UN-Klimagipfel dieses Mal den Ernst der Lage?

Doch der Reihe nach.

China vs. Deutschland – ein unfairer Vergleich

Die Diskussionen laufen immer nach demselben Muster: Deutschland könne doch "alleine nicht die Welt retten", heißt es von Seiten der Klimaschutz-Muffel, die wohl tatsächlich glauben, Deutschland hätte diesbezüglich eine Vorreiterrolle, die in allen anderen Ländern als Spleen abgetan werde. Tatsächlich wundern sich sogar Medienschaffende in den USA, dem Land der Roadmovies, warum Deutschland sich nicht zu einem generellen Tempolimit durchringen kann.

"Aber China", heißt es immer, wenn es um den CO2-Ausstoß geht. Ja, die Emissionen der Volksrepublik waren im letzten Jahr vor den Corona-Lockdowns mit 10,74 Milliarden Tonnen gigantisch, während in Deutschland nur 805 Millionen Tonnen freigesetzt wurden. Die Pro-Kopf-Rechnung sieht bei 1,4 Milliarden Menschen in China und 83 Millionen in Deutschland jedoch anders aus, wie Telepolis-Autor Wolfgang Pomrehn anlässlich der laufenden UN-Klimakonferenz COP27 feststellt.

Entscheidend für den "ökologischen Fußabdruck" ist aber vor allem die Einkommensklasse: "Fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen werden von den zehn Prozent der Weltbevölkerung mit dem höchsten Einkommen verursacht, während der Beitrag der ärmsten Hälfte mit lediglich sieben Prozent zu vernachlässigen ist", schreibt Uwe Kerkow in einem aktuellen Beitrag für Telepolis.

Die Herausforderung besteht darin, für nun acht Milliarden Menschen sowie für kommenden Generationen eine tragfähige Lösung zu finden, die auch den historischen Verbrauch berücksichtigt und ärmeren Ländern ermöglicht, sich zu wappnen. Das wird nicht ohne Umverteilung von oben nach unten einerseits sowie von Norden nach Süden andererseits gehen.

Grönland-Eisschild vor dem Kipppunkt – oder schon drüber?

Und als sicher muss gelten: Die bewohnbaren Gebiete werden in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten eher schrumpfen. Küstenstädte stehen weltweit vor großen Herausforderungen, wenn nicht teilweise vor dem Aus. Infolge des Klimaschutz-Bummelstreiks, den sich Regierende in den letzten Jahrzehnten geleistet haben, könnte das gesamte Gletschereis auf Grönland abtauen und der Meeresspiegel bis Mitte des Jahrtausends um mindestens sieben Meter ansteigen.

Selbst bei verstärkten Anstrengungen dürften es zwei Meter werden – doch von diesen Anstrengungen ist hierzulande nichts zu sehen – gerade erst hat die Ampel-Regierung in Deutschland abgeschaltete Kohlekraftwerke wieder ans Netz genommen, wie Telepolis-Autor Nick Reimer zu bedenken gibt.

Kommt es in Sharm El-Sheik endlich zum Durchbruch?

Nahezu alle Fachleute sind sich darin einig, dass auch Deutschland unter dieser Bundesregierung seine selbst gesteckten Klimaziele verfehlen wird – wobei diese ja noch nicht einmal ausreichen würden, um einen angemessenen deutschen Beitrag zur Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele zu leisten.

Eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad halten viele Fachleute schon nicht mehr für realistisch – das müsse auch offen kommuniziert werden, um nicht den Eindruck zu erwecken, es sei noch viel Zeit, um wenigstens unter zwei Grad zu bleiben, meint etwa die Initiative Scientist Rebellion. In Wirklichkeit schließe sich auch dieses Zeitfenster in allernächster Zeit.

Ein echter Durchbruch ist auch auf der diesjährigen UN-Klimakonferenz im ägyptischen Sharm El-Sheik kaum zu erwarten. Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, die als Initiatorin der Schulstreik-Bewegung Fridays for Future dem Thema zumindest in den Schlagzeilen zu einer höheren Priorität verhalf, hat deshalb bereits Ende Oktober ihre Teilnahme an der Konferenz abgesagt. "So wie sie sind, funktionieren die COPs nicht wirklich, es sei denn, wir nutzen sie als Gelegenheit zur Mobilisierung", sagte sie laut Medienberichten bei der Vorstellung ihres Klima-Buches in London.

Entscheidend für die Rettung der menschlichen Zivilisation wird auch nach Einschätzung von Telepolis-Autor Franz Alt "nicht sein, was in Sharm El-Sheikh geredet wird, sondern was wir und die ganze Welt nach dieser COP27 konkret und praktisch tun". Statt materiellen Wachstums müsse nun geistige Reife das Ziel sein.

Repression statt Einsicht

Allerdings lässt sich einiges daran ablesen, wenn schon die Lippenbekenntnisse in Sharm El-Sheik unzureichend sind. Regierungen werden dann nur handeln, wenn es entsprechenden Druck aus der Zivilgesellschaft gibt. So werden Initiativen wie die "Letzte Generation" voraussichtlich weiterhin Gründe für zivilen Ungehorsam auf deutschen Straßen sehen, wenn nicht zumindest schnell umsetzbare Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit eingeführt werden.

Aktuell glauben Regierende und Staatsorgane aber noch, das Problem durch Repression lösen zu können: Seit zehn Tagen sitzen mehrere Personen wegen solcher Blockadeaktionen in der JVA München-Stadelheim in Präventivhaft. Nach Angaben der "Letzten Generation" sind sie 19 bis 63 Jahre alt. Am Sonntag demonstrierten in der bayerischen Landeshauptstadt mehrere hundert Menschen, um ihre Freilassung zu fordern und gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) zu protestieren, das solche Maßnahmen ermöglicht und zur Zeit noch Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.

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