Die vertraulichen Sprachregelungen der ARD

Seite 3: Die rechtspopulistische AfD

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Dass die ARD um die Brisanz ihrer Sprachregelungen weiß, macht eine Äußerung Gniffkes zur AfD deutlich. So teilte er im Herbst letzten Jahres eine Änderung der entsprechenden Richtlinie:

Allerdings verzichten wir seit einiger Zeit darauf, bei jeder Nennung der AfD das Attribut 'rechtspopulistisch' zum Parteinamen hinzuzufügen. Hintergrund dieser Vorgehensweise ist die Tatsache, dass die AfD nicht zuletzt aufgrund der zurückliegenden Landtagswahlen einen solch hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat, dass es der permanenten Einordnung durch dieses Attribut nicht mehr bedarf, um den Zuschauerinnen und Zuschauern eine Orientierung zu ermöglichen.

Zudem haben Teile unseres Publikums die permanente Nennung der 'rechtspopulistischen AfD' als Versuch einer Bevormundung empfunden, der nicht dem Anspruch der Tagesschau entspricht. Wir stellen also fest, dass es bei einer Formulierung wie 'die rechtspopulistische AfD' zwei sehr verschiedene Wahrnehmungen geben kann. Während die einen darin eine inhaltlich korrekte Orientierungshilfe für das Publikum sehen, nehmen es die anderen als einen unangebrachten Versuch der Beeinflussung wahr. Diesen Umstand haben wir in den vergangenen Monaten kritisch reflektiert und uns nun zu dem Verzicht auf die permanente Etikettierung entschlossen.

Kai Gniffke

Mit anderen Worten: Die ARD gibt einem politischen Akteur kein negativ gefärbtes Beiwort mehr, weil der Akteur inzwischen jedem bekannt ist, das Publikum der "Orientierung" also nicht mehr "bedarf". Man kann Gniffke hier kaum anders verstehen, als dass es am Ende eben doch um das Einsortieren eines als "negativ" begriffenen Akteurs in eine Schublade geht.

Der Knackpunkt dabei: Wiederum verwendet der Chefredakteur den Begriff "Einordnung" anstelle von "Wertung", ohne den Unterschied zu erklären. Alles fußt auf der Unterstellung, die "Einordnungen" wären völlig wertneutral und sachlich. Doch der Übergang von der Einordnung zur Wertung ist eben fließend. Ergänzungen wie "rechtspopulistisch", "Terrormiliz" oder "Machthaber" transportieren einen politischen Standpunkt dem Beschriebenen gegenüber.

Unklar bleiben zudem die Kriterien, nach denen entschieden wird (von wem überhaupt?), ob ein Akteur ein solches negatives Attribut erhält. Der gesamte Prozess erscheint willkürlich, intransparent und weit weg vom öffentlich-rechtlichen Selbstverständnis.

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