DOGE und Trump: Wie Elon Musk den US-Staat umkrempeln will

Von Musk selbst gepostetes Werbebild der DOGE-Behörde
(Bild: Koshiro K/Shutterstock.com)
Musks neue Superbehörde DOGE wurde belächelt, beäugt und skandalisiert. Doch eine neue Machtachse ist dabei, den Staatsapparat der USA umzubauen. Eine Einordnung.
130 Millionen Dollar ließ sich Elon Musk den Wahlkampfzirkus von Donald Trump kosten.
Nicht, dass der Immobilienmogul mit der blonden Mähne diese Summe gebraucht hätte, er hätte seinen Wahlkampf auch ohne die großzügige Spende seines Freundes finanziert – aber Verbindungen stärken die Macht und sind in einem komplexen Staatsgebilde wie den USA unerlässlich.
Die "Investition" hat sich gelohnt, die Tesla-Aktie machte Musk nach der Wahl um unglaubliche 21 Milliarden Dollar reicher.
Doch es geht längst nicht mehr nur um absurd obszönen Reichtum, um Aktienportfolios, Renditen oder Dollarmargen: mit der zweiten Amtszeit von Donald Trump regiert das Finanzkapital selbst den imperialen Machtapparat der USA.
In der sich anbahnenden Schicksalsschlacht mit China wird sich zeigen, ob das amerikanische Jahrhundert zu Ende geht. Ein Teil der US-Machtelite, die Kapitalisten der neureichen Tech-Konzerne, rebellieren, bringen Innovationen in die Produktionsverhältnisse und mischen die politische Arena auf.
Musk, Trump, Zuckerberg und die mit ihnen verbündeten Wirtschaftskreise haben Größeres im Sinn: den Staat auf die schlanke Linie der "Effizienz" zu trimmen, nach "ihrer" Marschroute umzubauen und als sicher geglaubte Rechtsgrundlagen auszuhebeln.
Das ruft Befürworter und Kritiker auf den Plan, kann Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft haben und ist nach 21 Tagen im Amt erst in feinen Nuancen erkennbar.
Effiziente Säuberung?
Das erklärte Ziel der neu geschaffenen Behörde ist es, Kosten zu senken, Ineffizienzen zu beseitigen und Bürokratie abzubauen. Was wie eine famose Idee klingt, birgt zahlreiche Fallstricke.
Sie wurde von Donald Trump per Dekret ins Leben gerufen, ihr Chef ist der reichste Mann der Welt, Elon Musk. Spannend ist, dass sich DOGE als erstes "Opfer" Usaid ausgesucht hat.
Usaid steht damit vor der Auflösung, von zehntausenden Mitarbeitenden sollen 300 bleiben. Die US-Agentur für internationale Entwicklung steht dem Geheimdienst CIA nahe und galt als treuer Erfüllungsgehilfe und blumiges Deckmäntelchen interventionistischer US-Außenpolitik.
Ein Signal an die verbliebenen staatlichen und nichtstaatlichen Gegner der neuen Administration: wer nicht für Trump ist, ist gegen ihn. Wie Telepolis berichtete, fürchten die Geheimdienste nun direkte Angriffe.
Dabei soll es nicht bleiben: Rund zwei Millionen Staatsangestellten soll die Entlassung angeboten werden, Musks Behörde will (oft unter Einsatz von KI) Zugriff auf sämtliche Kommunikationswege und Datenmengen erhalten. Ein unfassbarer Sprung von Profit und Anstieg des Sicherheitsrisikos wären die Folgen. Die interne Kommunikation und auch die durch das Transparenzgesetz gesicherte öffentliche Kontrolle würden außer Kraft gesetzt. Wie das Vorgehen aussehen kann, schildert der Guardian.
Kurzum: Würde dieser Plan umgesetzt, käme dies einer politischen Säuberung der US-Behörden gleich, wie sie selbst zu Zeiten der antikommunistischen Hexenjagd einer McCarthy-Ära undenkbar gewesen wäre. Musk würde, daher auch die zum Teil heftigen juristischen Auseinandersetzungen, zum Herrn und Hirn der staatlichen Auftragsvergabe.
Nepotismus absehbar. Zum Mitschreiben: Musk ist in keiner Weise demokratisch legitimiert, generell ist sein rechtlicher Arbeitsstatus für die Regierung als "Special Agent" fragwürdig.
Wie die Berliner Zeitung unter Berufung auf die Washington Post berichtet, würden die Massenentlassungen allerdings kaum spürbare fiskalische Entlastungen nach sich ziehen. Die Entlastung liege bei einem Prozent des Staatshaushaltes. Das macht eine andere Interpretation wahrscheinlicher: Die Störenfriede werden aus-, der Staat neu sortiert.
Bestellte Agenda?
Schon im Wahlkampf wurde deutlich, dass hinter Donald Trump vor allem das US-Kapital der High-Tech-Konzerne steht: Neben Musk gab es eine Spende mit dem Ziel, die Sperrung von TikTok in den USA zu verhindern.
X bat Mark Zuckerberg um eine Audienz in Mar Lago. X befeuerte den Wahlkampf und griff mit der Blutsbrüderschaft von Weidel und Musk sogar nach Deutschland aus. Jeff Bezos als Besitzer der Washington Post, des einflussreichsten Printmediums der USA, verbot sich eine Wahlempfehlung in seiner Zeitung. Sie wäre erwartungsgemäß auf Harris gefallen.
Google und Apple haben ihren ersten Widerstand gegen Trump wortlos aufgegeben, es soll ein Telefonat zwischen Google-Chef Pichai und Trump gegeben haben (Beweise fehlen allerdings).
Big Oil spendete für Trump nur lumpige fünf Millionen Dollar, sie kamen von Timothy Dunn, CEO der Ölfirma Crownquest Operating. Bezeichnenderweise tauschte dieser 2023 seine Anteile am Ölgeschäft gegen 12 Milliarden Dollar ein und konzentriert sich seitdem darauf, den rechten Rollback in seinem Heimatstaat Texas voranzutreiben.
Hinter Biden und Harris standen die traditionellen Eliten: Medienunternehmer (Chicago Tribune u.a.) Fred Eychaner, Hedgefondsmanager James Simons oder Immobilientycoon Simon. Lediglich der Tech-Kapitalist und LinkedIn-Gründer Reid Hoffmann spendete in nennenswertem Umfang für Biden/Harris.
Die Agenda, die sich nun durchgesetzt hat, kann sowohl als Hommage an die eigenen Überzeugungen als auch an die frommen Spender gesehen werden, sie korreliert mit dem Gesamtinteresse, die USA fit für die kommenden Schlachten zu machen.
Die jungen Wilden
Wie die FAZ berichtet, wollen Elon Musk und der Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswawy die Staatsausgaben um bis zu zwei Billionen US-Dollar senken.
Die New York Times konnte Interviews mit DOGE-Mitarbeitern führen: Spannend, dass es sich dabei um US-Milliardäre, Tech-Führungskräfte und vor allem um blutjunge Berufseinsteiger handelt. Der Business Insider will erfahren haben, dass der Jüngste 19 Jahre alt ist, gefolgt von einem 23-jährigen ehemaligen Space-X-Praktikanten.
Für das priorisierte Finanzressort ist die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin und ehemalige McKinsey-Mitarbeiterin Kendall Lindemann vorgesehen.
Im zarten Alter von 24 Jahren kann sie auf einige Monate Berufserfahrung in der Venture-Capital-Branche zurückblicken. Ob sie für die hochfliegenden Pläne geeignet ist, darf bezweifelt werden. Sicher ist, dass es sich um eine handverlesene und ideologisch auf streng neoliberale Doktrinen eingeschworene Intimus-Truppe von Musk handelt. Deren Durchschlagskraft sich den Weg im Realismus weisen muss.
Gegenwehr und Ausblick
Noch kann Musk nicht machen, was er will, die Judikative steht seiner "ungewählten vierten Gewalt" im Weg. US-Gerichte bremsen aus Sorge um die Datensicherheit (die US-Seite Wired berichtet von Lücken) und schränken die Zugriffsrechte ein. Noch, aber wie lange noch?
Zu befürchten sind Auswirkungen auf zu differenzierenden Ebenen: Die US-Entwicklungshilfe wird gestoppt (Folgen offen), Behörden könnten handlungsunfähig werden und der sich abzeichnende interne Machtkampf könnte die Innen- und Außenpolitik der USA entscheidend beeinflussen. Mit Auswirkungen auch auf Europa, den Ukraine-Krieg und das Verhältnis zu China.
Interessanterweise gibt es aber auch neue Formen der kollektiven Organisation und des Aufbegehrens: Die American Federation of Government Employees (AFGE), die nach eigenen Angaben 800.000 Angestellte der Bundesbehörden vertritt, klagt gegen die Trump-Administration – Streik nicht ausgeschlossen.
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Erinnert sei hier an den Musk-Buddy Javier Milei in Argentinien: politisches Vorbild und konfrontiert mit heftigen Streikbewegungen.
Wenn der Leitstern der US-Außenpolitikanalyse, das Magazin Foreign Affairs, Elon Musk als "home-grown urgent thread" bezeichnet, schlimmer noch als chinesische Hacker, dann ist der Riss im Boden des US-Staates kaum noch zu überdecken.
Doch, noch ist es zu früh von einem Coup zu sprechen – das Ende ist offen. Das hingegen Datenmengen oder gar Gesundheitsdatenbanken in die Hände der "Behörde" von Musk gelangt sind oder gelangen könnten, stimmt zumindest bei deren anarcho-kapitalistischer Besetzung besorgt.
Klar ist: Die DOGE-Affäre polarisiert die ohnehin auseinanderdriftende US-Gesellschaft. Ohne Gesichtsverlust wird Trump Musk kaum in die Schranken weisen können, bleibt die Frage, ob er das überhaupt will?
Die Gretchenfrage, die sich am Horizont abzeichnet, wird sein, welche Auswirkungen dies auf die außenpolitische Verfasstheit der USA haben wird.
Soll der Umbau, wenn er denn Realität wird, den USA Zeit und Luft bei der Aufholjagd gegenüber China verschaffen, dann neu in den Angriff überzugehen oder ist er eine Maßnahme auf dem Weg zur Verständigung mit den geopolitischen Gegnern?