Doppelpass: Geht es um Integration oder das Abwehren unangenehmer Fragen?
Seite 3: Die Ablehnung des Doppelpasses ist integrationsfeindlich
- Doppelpass: Geht es um Integration oder das Abwehren unangenehmer Fragen?
- Worum geht es den Gegnern der türkisch-deutschen Staatsbürgerschaft?
- Die Ablehnung des Doppelpasses ist integrationsfeindlich
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Doch kommen wir noch einmal zu den harten Fakten zurück, um zu sehen, was da eigentlich von den Unions-Politikern zum Popanz aufgeblasen wird. Nach den Zahlen der Bundesstatistiker haben 624.000 im Inland geborene Deutsche noch eine weitere Staatsangehörigkeit. Davon besaßen 2015 knapp 200.000 einen deutschen Pass.
Es geht also, wenn jetzt eine Ausweitung des Optionszwangs gefordert wird, um bestenfalls ein paar Zehntausend Menschen die davon jährlich betroffen wären. Dafür die ganze Aufregung? Eines ist jedenfalls klar: Die jetzige Diskussion, die Unterschiede, die zwischen türkischen Einwandererkindern und solchen aus den EU-Ländern gemacht werden, Kampagnen, wie einst die Roland Kochs oder auch des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Gerhard Schröders ("Kriminelle Ausländer raus!") haben, senden die Botschaft aus: "Ihr gehört irgendwie nicht hierher."
Da darf man sich dann auch nicht wundern, wenn es zur Entfremdung kommt. Viele der zweiten Generation, so kann man immer wieder aus den türkischen und kurdischen Gemeinden hören, fühlen sich von der Gesellschaft nicht angenommen. Gut ausgebildete Einwanderer Kinder haben es meist schwer, eine angemessene Anstellung zu finden, wenn sie einen türkischen Namen haben.
Ein Land, in dem die Einwanderung seit Jahrhunderten so normal ist, das heute die Nachkommen von Hugenotten wie Thomas de Maizière oder Tilo Sarazin mit fremdenfeindlichen Argumenten Stimmung machen, mindestens die Hälfte der Bevölkerung über polnische Vorfahren in näherer oder weiterer Ferne verfügt oder ein Kind ehemaliger Asylbewerber selbst dem bayrischen Verfassungsschutz zu rechts ist, wie es derzeit dem AfD-Politiker Petr Bystron ergeht, sollte wirklich langsam ein etwas entspannteres Verhältnis zu diesen Verhältnissen bekommen.
Aktive Integration der Einwanderer wäre angesagt, und dazu gehört neben vielem anderen wie einer besserer Ausstattung der Schulen und Kindergärten auch, dass sie die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe bekommen. Die rasche Einbürgerung, in vielen anderen Ländern insbesondere in den Amerikas gängige Praxis, wäre dafür ein deutliches Zeichen. Zum Beispiel könnte man auch den hier geborenen Flüchtlingskindern sofort bei der Geburt einen deutschen Pass geben, wie es der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gefordert hat.