E-Zigaretten zur Raucherentwöhnung?

Eine Studie aus Neuseeland hat näher untersucht, wie wirksam E-Zigaretten mit oder ohne Nikotin im Vergleich zu Nikotinpflaster sind

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Lange Zeit galt in der Wissenschaft Nikotin als Hauptverantwortlicher für Tabaksucht. Nicht ganz ohne Grund. Nach einem Erfahrungssatz ist eine Substanz umso suchterregender, je schneller sie an die entsprechenden Rezeptoren im Gehirn gelangt. Durch Rauch inhaliertes Nikotin findet in weniger als zehn Sekunden seinen Weg zu den Rezeptoren. Schneller als die meisten bekannten Drogen.

Mittlerweile sieht die Forschung nicht mehr Nikotin als monokausale Ursache für Tabaksucht. Es treten vermehrt Faktoren wie der Flash (das Gefühl, wenn eine Substanz die Lungen füllt), das Zelebrieren einer Genusshandlung, die Beschäftigung der Hände sowie die Kombination aus Nikotin und Rauch in den Vordergrund. So zeigten nikotinfreie Zigaretten gute Ergebnisse bei der Raucherentwöhnung, während die teuren durch Apotheken vertriebenen Nikotinpflaster- und -kaugummis relativ geringe Erfolge aufweisen.

E-Zigaretten befriedigen nahezu alle Suchtfaktoren und könnten ein Weg zur wirksameren Raucherentwöhnung sein.

Aufgeschraubte Elektrozigarette, Typ "eGo-T". Bild: Sigismund von Dobschütz. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Die Forscher um Christopher Bullen aus Neuseeland wollten der Wirksamkeit von E-Zigaretten als Raucherentwöhnung in einem kontrollierten Experiment auf den Grund gehen. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet.

Das Team um Christopher Bullen rekrutierte die Probanden durch Anzeigen in kostenlosen Zeitungen sowie durch Werbespots in Warteräumen der öffentlichen Gesundheitsinstitutionen in der Umgebung von Auckland. Um angenommen zu werden, mussten die Probanden mindestens 18 Jahre alt sein, mit dem Rauchen aufhören wollen, im letzten Jahr mindestens zehn Zigaretten pro Tag geraucht haben, über Telefonzugang verfügen und durften sich nicht in Schwangerschaft oder in der Stillphase befinden. Ebenso durften sie nicht an anderen Raucher-Entwöhnungprogrammen teilnehmen oder an bestimmten Herz-Kreislauf-Krankheiten leiden. Das Design bedurfte der Freigabe einer wissenschaftlichen Ethik-Kommission. Von 1293 Interessenten wurden 657 Probanden angenommen.

Die 657 angenommenen Probanden wurden zufällig einer von drei Gruppen zugeordnet. Die erste Gruppe mit 292 Probanden erhielt E-Zigaretten der Marke Elusion mit Behältern von 16mg Nikotin pro Milliliter Liquid. Die zweite Gruppe von ebenfalls 292 Probanden erhielt Nikotinpflaster mit 21 mg Nikotin von Novartis (Habitrol). Die dritte Gruppe mit 73 Probanden erhielt E-Zigaretten ohne Nikotin. Die Studie war teilverblindet. Die Teilnehmer wussten naturgemäß, ob sie E-Zigaretten oder Nikotinpflaster applizierten, jedoch war ihnen nicht bekannt, ob die Liquids der E-Zigaretten Nikotin enthielten oder nicht. Während des Untersuchungszeitraums stand den Probanden eine telefonische Hotline zur Verfügung.

Allen Probanden wurden die Entwöhnungsmittel zugestellt und hatten eine Woche Zeit, mit ihnen bekannt zu werden. Nach dieser Woche wurden sie aufgefordert, das Rauchen einzustellen. Nach einem, drei und sechs Monaten wurden die Probanden nach ihrem Zigarettenkonsum befragt. Zusätzlich wurden die Angaben, mit dem Rauchen aufgehört zu haben, durch Messung von Kohlenmonoxid in der Ausatemluft verifiziert.

Nach sechs Monaten hatten 7,3 Prozent der Probanden mit nikotinhaltigen E-Zigaretten, 5,8 Prozent der Probanden mit Nikotinpflastern und 4,1 Prozent der Probanden mit nikotinfreien E-Zigaretten das Rauchen komplett eingestellt. 57 Prozent der Probanden mit nikotinhaltigen E-Zigaretten, 41 Prozent der Probanden mit Nikotinpflastern und 45 Prozent der Probanden mit nikotinfreien E-Zigaretten hatten nach Ablauf der sechs Monate ihren Zigarettenkonsum um mindestens die Hälfte reduziert. Ein Drittel der den E-Zigaretten zugeschlagenen Probanden gaben an, die E-Zigarette weiter zu benutzen.

Wie zu erwarten, war die Entwöhnungsrate nach den ersten Wochen in allen Gruppen hoch und steil abfallend. Nach sechs Monaten pendelte sie sich auf einen mehr oder weniger konstanten Wert ein. Dies deckt sich mit der Beobachtung, dass die schwierigste Phase der Rauchentwöhnung die ersten sechs Monate sind.

Als Nebenaspekt wurde der Nikotineintrag bei den Probanden mit nikotinhaltigen E-Zigaretten untersucht. Die mit 16 mg/ml Nikotin ausgewiesenen Liquids enthielten deutlich weniger von der Substanz. Sie variierte zwischen 10 und 16 mg/ml. Die verwendeten E-Zigaretten führten das Nikotin nur in geringem Umfang dem Blutkreislauf zu. So betrug der Nikotineintrag durch die nikotinhaltigen E-Zigaretten lediglich 20 Prozent des Eintrags durch Tabakrauch.

Die Forscher merkten an, dass die statistische Aussagekraft der Ergebnisse keinen sicheren Schluss zuließen, ob E-Zigaretten als Rauchentwöhnungsmittel wirksamer seien als Nikotinpflaster. Sie schlugen auf Grund ihrer Erfahrungen verbesserte Forschungsdesigns vor, die statistisch signifikante Ergebnisse liefern können.

Diskussion

Das Design zeigte ein anderes, von den Forschern unerwähntes, Problem auf. Den Probanden wurden E-Zigaretten eines Herstellers mit einer begrenzten Auswahl an Liquids zur Verfügung gestellt und erhielten nur einfache Gebrauchsanweisungen. E-Zigaretten sind jedoch kein Out-of-the-Box-Produkt, das einfach verwendet werden kann. Die Verdampfer müssen richtig dimensioniert sein, um das individuell gewünschte Dampfgefühl zu erzeugen. Und bei den Liquids scheiden sich die Geschmäcker. Was den einen wohl-schmeckend dezent erscheint, ist für andere übel-aufdringlich und umgekehrt. Zudem waren in den Lieferungen Liquids mit Menthol-Geschmack enthalten. Wenn ein Verdampfer einmal mit Menthol betrieben wurde, muss er immer damit betrieben werden, da der Geschmack des Menthols den aller nachfolgenden Liquids in eine geschmackliche Kakophonie verwandelt.

Der Gebrauch von E-Zigaretten benötigt eine lange Eingewöhnungs- und Experimentierphase mit fachlicher Unterstützung durch E-Zigaretten-Händler oder Internet-Gemeinschaften. Die Unterstützung war bei dem Design nicht gegeben und konnte teilweise nicht realisiert werden, da in Neuseeland der offene Verkauf von E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Liquids verboten ist (nicht jedoch der Versand) und Unterstützung durch Händler nicht gegeben war.

Die Daten der Forscher lassen vermuten, dass die Raucherentwöhnung mittels E-Zigaretten zumindest Erfolge zeigt und gegenüber Nikotinpflastern im Vorteil sein können. Es bedarf jedoch weiterer Untersuchungen, um hierüber Gewissheit zu erlangen.