E3 Spiele mit Zukunft
Spielekonsolen sind trotz leistungsfähiger Spiele-PCs noch nicht tot
Für Zocker ist nicht nur Las Vegas interessant: Wer lieber an seinem eigenen Gerät spielt als am teuren Groschengrab, wurde in Los Angeles auf der Spiele-Messe "E3" fündig.
Die Game Critics Awards-Jury hat entschieden: Aus knapp 700 neuen Spielen, die auf der größten Videospielmesse der Welt, der Electronic Entertainment Exhibition "E3" vorgestellt wurden, wählte eine Auswahl an Fachjournalisten großer amerikanischer TV-, Print- und Online-Publikationen wie Washington Post, Newsweek, Los Angeles Times, USA Today, TIME Magazine, Rolling Stone Magazine, CNN, Electronic Gaming Monthly, IGN, Game Spot und Game Spy ihre Favoriten.
Wie immer wurde auch neue Spiele-Hardware vorgestellt; dieses Jahr ein riesen Ereignis mit großen Folgen auf die Entwicklung der Branche. Dabei zogen drei Geräte die Aufmerksamkeit der Messebesucher auf sich. Erstmals in 15 Jahren Monopolstellung (97 % Marktanteil) bekommt Nintendos Game-Boy Konkurrenz: Ende 2004 in Japan und USA, Anfang 2005 in Europa Sonys Play Station Portable PSP erscheinen. Der 4,5 Zoll große 16:9 LCD-Farbbildschirm und zwei Stereolautsprecher sorgen für Spielgenuss, der an die Qualität der aktuellen Heimkonsole Play Station 2 heranreichen soll. Auch Filme in DVD-Qualität kann die erweiterungsfähige Mobilkonsole mit dem großen Namen abspielen.
Auch wenn Ataris CEO Bruno Bonnell in CNN Vermutungen anstellte, die PSP könnte zur Einführung 500 Dollar kosten, gehen die meisten Experten von einem Preis zwischen 300 und 350 Dollar aus. Nintendos Product Designer Kenichi Sugino, der die Game-Boys nie von ebenfalls spielfähigen Palm-Handhelds mit Windows-Betriebssystem bedroht sehen musste, bleibt angesichts des ungefähr gleichzeitig erscheinenden Nintendo DS ("DS" = Double Screen), für den Zocker schätzungsweise 200 Dollar berappen sollen, locker. Der NDS führt eine kecke Idee ein, die das bisher gekannte Spielerlebnis revolutionieren wird. Seine zwei getrennt voneinander laufenden Bildschirme sowie sein "Touch Screen" treiben bei Spielentwickler schon wahre Innovationsblüten: Die zusätzliche Karte oder eine zweite Perspektive (z.B. oben Verfolger, unten Ego) sind nur erste Funktionsmöglichkeiten.
Obwohl vor Ort das Interesse an beiden Maschinen enorm hoch war, konnte die Play Station Portable bei den Game Critics Awards gleich zwei Trophäen einheimsen: den für die beste Hardware 2004 und den Ober-Award "Best of Show". Bei der nächsten E3 werden Handheld-Freunde dennoch ein reiches Software-Angebot für beide Systeme vorfinden – die wichtigsten Hersteller haben mit der Spielproduktion bereits begonnen.
Die Nachfrage nach neuer Gamesoftware war nie zuvor so hoch wie dieses Jahr. Tendenziell ist bombastische Action angesagt. Microsofts zweiter Teil des First Person-Shooters "Halo" für die Xbox (und später wohl auch für PC) sahnte gleich in drei Kategorien ab: bestes Action-, bestes Konsolen- und bestes Multiplayer-Online-Game – anlässlich hoch dotierter Konkurrenten in letzterer Kategorie, wie den beeindruckenden Fantasy-Welten von "EverQuest II", das in Sachen optischem Realismus definitiv neue Maßstäbe setzen wird und dem heiß erwarteten "World of Warcraft", dessen kunstvoll überzeichnete Charaktere aus Trolls, Zwergen und Dunkelelfen erstmals in einer riesigen 3D-Szenerie Missionen erfüllen.
"Halo 2" spielt in einer düsteren Zukunft, in der die Aliens der Convenants und neue verbündete Aggro-Biester die Erde gefunden haben und Unruhe stiften. Hauptfigur Master Chief stolpert nach seinem Krieg auf dem gesprengten Ringplaneten Halo gleich in die nächste filmreif umgesetzte Action. Grafisch hat sich einiges getan im Vergleich zum Vorgänger, spielerisch lässt der Einsatz von noch exotischeren Waffen und allen Arten neuen Gefährts (inklusive Schadensmodell) einige Stunden Spielspaß erwarten, der im Netz über Xbox Live endlos Fortsetzung finden wird.
Als "bestes PC-Game" und "bestes Action-Adventure" sorgte "Splinter Cell 3" für Aufsehen. NSA-Agent Sam Fisher darf nicht nur durch immer realistischer gemachte Grafikszenarien schleichen, er bekommt nun sogar Verstärkung durch einen weiteren Player: Im Co-op-Modus jagen zwei Spieler gleichzeitig Terroristen, tricksen Gegner mit immer ausgeklügelteren Geheimwaffen aus und pirschen lautlos durch ihre ganz eigene Schattenwelt.
Spektakulär der dritte Teil von "Burnout", dem etwas anderen Rennspiel. Auf Realismus wird hier gepfiffen, explosive High Speed-Crashs wie sie der beste Hollywood-Stunt nicht hinkriegt, gehören hier zum Geschäft. Bei "Burnout 3" ist es beinahe sekundär, ob man als erster über die Ziellinie schießt – das "Wie" bringt erst den Kick. Adrenalinschübe motivieren den Spieler zu immer waghalsigeren Aktionen, um dem Gegner eins auszuwischen: Von der Straße drängeln, auffahren und Duell-Kollisionen erinnern mehr an ein Kampfspiel – dennoch gewann der Titel überraschend den Rennspiel-Award noch vor Sonys sehnlichst erwarteter Rennsimulation "Gran Turismo 4".
Einmal mehr als überrascht hat Innovationskünstler Nintendo: Während sich Erzrivale Sony im Ruhm seiner "Eye Toy"-Kamera-Steuerung sonnt, setzt das Unternehmen aus Kyoto auf das Rhythmusspiel "Donkey Konga" und dessen Steuergerät in Form von zwei Bongas. Während der Zocker - motorisch versiert – auf spielerische Weise den Beat nachklopft und nebenher musikalisch aufsteigt, nutzt der Spieler das Game-Cube-Steuerelement zur Fortbewegung auf den bunten Plattformen von "Donkey Kong Jungle Beat" – die Standbesucher waren Feuer und Flamme und auch die Kritiker loderten vor Begeisterung: "Donkey Kong Jungle Beat" gewann in den Kategorien "Best Original Game" und "Best Puzzle/Trivia/Parlor Game".
Spätestens zu Weihnachten werden die meisten Gewinner im Handel stehen und ob Play Station 2, Xbox, GameCube oder PC – die Vielfalt und hohe Qualität lässt zumindest die Videospielwelt wieder im Glanz erstrahlen.