EU-Gipfel: Neue Sanktionen gegen Russland
Der Ukraine werden im kommenden Jahr 18 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Auch die Militärhilfe wird ausgebaut. Polen sprach sich für eine Verschärfung der Sanktionen aus.
Jetzt ist es offiziell: Es gibt ein neuntes EU-Sanktionspaket gegen Russland. Darauf einigte man sich gestern beim Gipfeltreffen der 27 EU-Regierungs-und Staatschefs.
Widerstand gegen das neue Paket hatte zunächst Ungarn angemeldet und bei der langen Sitzung mit der schwierigen Tagesordnung gestern hatte Polen die EU-Einigkeit auf die Probe gestellt.
Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sträubte sich gegen die Modalitäten der Hilfskredite, die an die Ukraine vergeben werden. Dort ist die Rede von einer "globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen".
Morawiecki kritisierte dies. Dass die Vergabe der Gelder an Kiew mit einer Mindeststeuer für internationale Konzerne verknüpft werde, sei wie "Äpfel und Bananen" in einem Korb. Darüber hinaus hatte der polnische Regierungschef einiges am "Ungarn-Deal" (vgl. "Ein Zugeständnis von 1,2 Milliarden Euro") zur geplanten europäischen Mindestbesteuerung von Unternehmen auszusetzen.
Und Morawiecki wollte das neunte Sanktionspaket nachschärfen. Dabei ging es ihm nach Informationen von Lost in Europe um Agrarprodukte und Düngemittel.
Man dürfe nicht auf den russischen Wunsch eingehen, die bestehenden Sanktionen zu ändern, um russische Getreide- und Düngermittelexporte zu erleichtern. Dafür hatte sich unter anderem Deutschland stark gemacht.
Insgesamt sechs EU-Ländern fordern, Anpassungen vorzunehmen. Es gehe darum, Rechtssicherheit für den Export russischer Agrarprodukten und Düngemittel in Schwellenländer herzustellen, hieß es. Das hatte auch die Afrikanische Union gefordert. Andere Länder sehen Berichte über angeblich durch Sanktionen behinderte Agrarexporte hingegen als russische Propaganda.
Eric Bonse, Lost in Europe
Schließlich erzielte man aber doch Einigkeit. Als Schlüsselmoment wird von mehreren Medienberichten eine Videobotschaft des zugeschalteten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erwähnt. Dessen Botschaft lautete, wie etwa die Tageschau berichtet, dass der "Kampf für Frieden in der Ukraine und in ganz Europa nicht von Missverständnissen und Kontroversen zwischen einigen EU-Mitgliedstaaten abhängen" sollte.
"Wir müssen in der Lage sein, zu zeigen, dass wir vereint sind"
Das neunte Sanktionspaket zielt auf "Einrichtungen, die mit dem militärischen und industriellen Komplex verbunden sind", auf Russlands Exporte nach Russland, auf den Zugang Russlands zu Drohnen, auf russische Medien und Personen (Einzelheiten hier).
Die Unterstützung der Ukraine und die damit verbundene Demonstration von Geschlossenheit innerhalb der EU gegen Russland ist oberster Punkt der Agenda, wie das auch bei der Zusammenfassung des Gipfeltreffens auf der Seite des Europäischen Rats deutlich markiert wird. "Wir müssen in der Lage sein, zu zeigen, dass wir vereint sind", zitiert der Figaro den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, bevor er den Saal des Gipfeltreffens betritt.
Beschlossen wurde auf dem Gipfel, dass der Ukraine bis 2023 18 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. In der Pressemitteilung des EU-Rates wird erklärt:
"Das Paket sieht eine strukturelle Lösung zur finanziellen Unterstützung der Ukraine im Jahr 2023 vor. Insgesamt werden der Ukraine im Jahr 2023 18 Mrd. € geliehen, und die Darlehen haben eine tilgungsfreie Zeit von zehn Jahren. Die Mitgliedstaaten tragen den Großteil der Zinskosten über externe zweckgebundene Einnahmen. Die Garantien für diese Darlehen werden entweder aus dem EU-Haushalt oder von den Mitgliedstaaten bereitgestellt."
Man wollte ein "klares Zeichen setzen - zuallererst für die Unterstützung an die Ukraine", so der Ministerpräsident Tschechiens, Petr Fiala.
Allerdings kam es beim Thema "Gaspreisdeckel" zu keiner Einigung. Dazu treffen sich am Montag die EU-Energieminister erneut. Der Ölpreisdeckel, der auf dem EU-Gipfel nochmals akklamiert wurde, hat offenbar nicht die erhoffte Wirkung.